Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat Anklage wegen Mordes gegen einen Hells Angel erhoben. Er soll einen Polizisten erschossen haben.
Koblenz/Mainz. Das Mitglied des Rockerclubs Hells Angels schoss ohne jede Vorwarnung aus seinem eigenen Haus heraus und verletzte dabei einen Beamten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei tödlich. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat deshalb Anklage wegen Mordes gegen den 44 Jahre alten Mann aus Anhausen (Kreis Neuwied) erhoben, wie sie am Freitag mitteilte. Das SEK wollte am 17. März das Haus des Rockers durchsuchen, der einige Straftaten begangen haben soll. Der Hells Angel gab zwei gezielte Schüsse durch eine teilweise verglaste Tür ab. Bei einer Verurteilung wegen Mordes droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.
Als er am Tattag jemanden vor seiner Tür sah, soll der 44-Jährige nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft allerdings davon ausgegangen sein, dass es sich um einen Einbrecher handelte. Schon einmal war bei dem Hells Angel eingebrochen worden, nun wollte er ein Zeichen setzen, glauben die Ermittler. Er feuerte aus kurzer Distanz durch die geschlossene Tür. Eine Kugel traf den Beamten, der eine Schutzweste trug, seitlich am Oberkörper und verletzte mehrere Organe. Der Mann verblutete. Die Schüsse hat der 44-Jährige zugegeben, zu den Hintergründen schweigt er.
Die Durchsuchung war damals Teil umfangreicher Ermittlungen im Rockermilieu. Die Staatsanwaltschaft hat insgesamt 11 Männer und Frauen angeklagt, unter anderem wegen räuberischer Erpressung. So soll der 44-Jährige zusammen mit anderen Hells Angels ein früheres Mitglied des Rockerclubs aus dem Westerwald um 7000 Euro erpresst haben.
Mit einem 33 Jahre alten Hells Angel zusammen soll der 44-Jährige versucht haben, eine Prostituierte von ihrem Stellplatz zu vertreiben, um so die Einnahmen anderer Prostituierter zu steigern. Dass die Hells Angels in einigen Regionen das Rotlichtmilieu kontrollieren, ist bekannt. Immer wieder kommt es dabei zu kriminellen Machenschaften. Der 33-Jährige sitzt ebenfalls in Untersuchungshaft.
Interessant ist auch, was die Ermittler über die Einkommensquellen der Beschuldigten herausfanden oder auch nicht herausfanden. Der 44-Jährige hatte zuletzt als Konditor gearbeitet, ging dann aber berufsunfähig in Rente. Nur bei drei anderen Beschuldigten konnten die Ermittler klären, womit sie ihr Geld verdienen. Die übrigen hätten „zu ihrem Beruf und ihren Lebensumständen keine Angaben gemacht“, konstatieren die Ankläger. Mitglieder von Rockerclubs wie den Hells Angels sind der Polizei gegenüber generell sehr zugeknöpft. Kooperation gilt in der Szene als Verrat.
In Rheinland-Pfalz stehen die Rocker derzeit unter verschärfter Beobachtung. Das liegt auch an einer tödlichen Attacke im Milieu, die im Juni 2009 für Aufsehen gesorgt hatte. Damals hatten drei Mitglieder der Hells Angels im Donnersbergkreis einen führenden Kopf der konkurrierenden Outlaws getötet . Zwei von ihnen wurden vom Landgericht Kaiserslautern zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rheinland-Pfalz sieht die Justiz beim Kampf gegen Rockerkriminalität stärker in der Pflicht.
„Wir sehen mit großer Sorge, dass manche Gruppen in der Lage sind, ganze Gegenden zu terrorisieren“, sagte der GdP-Landeschef Ernst Scharbach. Ziel müsse es sein, den Gruppen die Bildung einer kriminellen Vereinigung nachzuweisen, was wiederum ein Verbot der Gruppen erleichtern würde. Das sei aber mit einem größeren Aufwand verbunden, den die Justiz angesichts knapper Ressourcen oftmals scheue, sagte Scharbach. „Ich weiß aber auch, wie aufwendig das ist“, räumte er ein.