Die Kosten sind in Zeiten der Wirtschaftskrise zu hoch. Die früheren Stall-Tiere verhungern, weil das Gras in der Wildnis nicht ausreicht.
Dublin. Bei Eis und Schnee mag so mancher Hund nicht vor die Tür. Im krisengebeutelten Irland sind es die Pferde, die in diesen Tagen bei bitterer Kälte ums Überleben kämpfen. Am Straßenrand, in Vorgärten und auf zugeschneiten Müllhalden sieht man die zum Teil stark abgemagerten oder verletzten Tiere auf der Suche nach einem letzten nahrhaften Grashalm.
Wem sie gehören, weiß niemand. "Natürlich versuchen wir, einen Besitzer ausfindig zu machen. Aber meist suchen wir vergeblich", sagt Cathy Griffin von der irischen Tierschutzgesellschaft (ISPCA). Sie arbeitet in einem der zwei Auffangzentren für Pferde, die die Gesellschaft unterhält. Allein in der Einrichtung in Keenagh im Bezirk Longford wurden in diesem Winter bereits 64 Pferde untergebracht, in der anderen Einrichtung in Cork noch einmal so viele. Experten vermuten, dass Tausende Pferde ohne Besitzer und Versorgung auf der irischen Insel ausharren.
Es kostet bis zu 1500 Euro, um ein Tier aufzupäppeln
Tierschutzorganisationen wie die ISPCA tun ihr Bestes, um die aufgegriffenen Pferde zu versorgen, doch es kostet pro Tier bis zu 1500 Euro, um es wieder aufzupäppeln - je nachdem, in welchem Zustand es sich befindet. "Manche Tiere sind unterernährt, sie brauchen 'nur' gute Nahrung", erzählt Griffin. Andere Tiere allerdings seien verletzt oder von Parasiten befallen, da dauere es deutlich länger, bis sie für eine Weitervermittlung bereit seien. "Im Winter sind die Kosten immer noch mal höher als im Rest des Jahres", ergänzt die Tierschützerin. Der Rückgang der Spenden, mit denen sich die Gesellschaft in erster Linie finanziert, macht Griffin daher Sorgen.
Irland hat eigentlich eine lange Pferdetradition, die Züchter der Insel haben einen guten Ruf. Als es der Wirtschaft des Landes noch gut ging, wurden Pferde zu einem regelrechten Statussymbol. Viele, die zu Wohlstand kamen, investierten das Geld in einen Stall und einige Tiere. Die Nachfrage versprach damals große Gewinne. Einer Studie des University Colleges in Dublin (UCD) zufolge, die die Zustände und Verbesserungsmöglichkeiten der Pferdehaltung in Irland untersucht hat, sind allein im Bereich der Rassepferdezucht noch immer mehr als 22 000 Menschen beschäftigt.
Doch seit es mit der Wirtschaft immer weiter bergab geht und das Land nun sogar Milliardenhilfen der Europäischen Union benötigt, ist auch der "Pferdemarkt" zusammengebrochen. Keiner hat mehr Geld, um sich ein Tier zu kaufen - obwohl die billigsten auf illegalen Märkten für nicht einmal 50 Euro zu erwerben sind. Da die Einnahmen fehlen, sind auf vielen Höfen nun aber auch keine Mittel mehr da, um die Herde angemessen zu versorgen.
So werden die Tiere auf der Weide sich selbst überlassen, ihre einzige Nahrung ist das Gras, das sie finden. In dieser Jahreszeit ist das allerdings bei Weitem nicht nahrhaft genug, und vor allem die Mägen der edlen Stallpferde sind die gefrorene, karge Nahrung gar nicht gewohnt. Tierschützerin Griffin: "Es gibt einheimische Ponys, die klein und widerstandsfähig sind. Sie finden meist noch Futter." Die Rassepferde allerdings, die sich plötzlich auf der gefrorenen Wiese wiederfänden, hätten ohne zusätzliches Heu kaum eine Chance. "Die Pferde kämpfen mit der Kälte, gefrorenem Wasser und mangelnder Nahrung - sie sind in großer Not."
Im Land wird die Tötung der verhungernden Pferde diskutiert
In der UCD-Studie wird im Kampf gegen die mangelhafte Versorgung der vielen Pferde daher vorgeschlagen, womöglich eine humane Tötung der Tiere, um die sich niemand kümmern kann, in Betracht zu ziehen. Cathy Griffin hält das nur bedingt für einen guten Weg: "Natürlich sollten die verhungernden oder verletzten Pferde lieber eingeschläfert werden, wenn man ihnen nicht helfen kann und sie sonst leiden würden." Allerdings sei das nur eine kurzfristige Lösung und eine Bekämpfung der Symptome. "Was wir vor allem brauchen, sind bessere Kontrollen der Zucht, damit nicht immer mehr Pferde dazukommen, um die sich dann niemand kümmert." Zudem müssten skrupellose Züchter durch Gesetze und Regeln effektiver kontrolliert werden.