Trotz der Cholera-Epidemie werden Ende November in Haiti Wahlen stattfinden. Die Demonstrationen könnten auch politisch motiviert sein.
Port-au-Prince. Die Verzweiflung der Menschen wächst: Bei teilweise gewaltsamen Protesten mehrerer Tausend Demonstranten ist am Montag im Norden Haitis ein Mensch ums Leben gekommen, mehrere weitere wurden verletzt. Wie die Uno-Mission Minustah am Abend (Ortszeit) in Port-au-Prince mitteilte, erschoss ein Uno-Soldat einen der Demonstranten in Notwehr. Unterdessen teilte das Gesundheitsministerium in Port-au-Prince am Abend (Ortszeit) mit, dass die Zahl der Cholera-Toten auf 1000 gestiegen sei.
Nach lokalen Medienberichten demonstrierten die aufgebrachten Bewohner der zweitgrößten Stadt Haitis, Cap Haitien, gegen die Erfolglosigkeit der Regierung im Kampf gegen die Cholera. Wie die Regierung am Montag weiter mitteilte, hat sich die Cholera vom zentralen Department Artibonite vor allem nach Norden in in die Cap- Region ausgebreitet. Allerdings hieß es, der Höhepunkt mit über 66 Toten pro Tag sei in der vergangenen Woche überschritten worden. Am Montag seien 46 Tote registriert worden.
Unterdessen verstärken die Hilfsorganisationen ihre Aufklärungskampagnen in den Lagern. „Ich würde behaupten, wir werden hier die größte Epidemie, die die Karibik je erlebt hat, sehen“, sagte Joost Butenop von Caritas International am Dienstag im „Morgenmagazin“ des ZDF. „Die Menschen haben nicht ausreichend Wasser, sie haben keine Sanitäreinrichtungen und sie haben auch kein Wissen um die Cholera.“ Bis zu 70 000 Menschen seien bereits mit dem Erreger infiziert und sorgten für die weitere Verbreitung der Cholera. Denn in 70 bis 80 Prozent der Fälle verlaufe die Krankheit so milde, dass diese Menschen sich nicht behandeln ließen.
Neben der Aufklärung setzen die Organisationen auf die gezielte Abgabe von Hilfsmitteln. Besondere Probleme gebe es auf dem Lande, wo rund drei Viertel der Haitianer lebten, berichtete der Nothilfekoordinator der Welthungerhilfe in Port-au-Prince, Friderico Motka, der Nachrichtenagentur dpa in einem Telefoninterview. Die Welthungerhilfe verteile „Cholera-Kits“ an Krankenstationen und Hospitäler. Darin sind Tabletten, die der Dehydrierung der Erkrankten entgegenwirken. Außerdem enthalten diese Pakete Tabletten zur Reinigung des Wassers, Seife und spezielle Waschmittel für die Bettwäsche. „Der Inhalt der Pakete reicht zur Behandlung von 200 Menschen für die Dauer von zwei Wochen“, sagte Motka.
Die Demonstranten in Cap Haitien und in Hinche forderten gleichzeitig den Abzug der Uno-Blauhelme, die seit 2004 die Lage in dem ärmsten Land Amerikas stabilisieren sollen. Uno-Soldaten und haitianische Polizei gingen gegen die Demonstranten vor, die eine Polizeistation angezündet hatten, und beendeten die Proteste.
Die Art der Demonstrationen lasse darauf schließen, dass diese in Zeiten des Wahlkampfs politisch motiviert seien, hieß es in der Uno-Erklärung weiter. Die Minustah forderte die Haitianer auf, sich nicht manipulieren zu lassen und so die Demokratie zu gefährden.