Im Unglückstunnel fahren bald wieder Autos. Zuvor begehen Angehörige der Loveparade-Opfer voller Schmerz das Ende der sechswöchigen Trauerzeit.
Duisburg. Sechs Wochen nach der folgenschweren Katastrophe mit 21 Toten bei der Loveparade in Duisburg wurde die Trauerzeit beendet. „Der Himmel hat 21 neue Sterne. Wir denken an Euch“, haben Freunde von Loveparade-Toten auf ein Plakat geschrieben. Eine Tanja hat eine Leinwand mit rosa Herzen und einem Text sorgfältig gestaltet: „Nichts ist mehr, wie es einmal war“ ist er überschrieben. Auf einem anderen Zettel im Unglückstunnel steht in großen Buchstaben: „Gott! Du hast so viele Engel. Warum hast Du unsere genommen?“
Am Sonnabend haben mehrere hundert Bürger, Opfer und Angehörige in Duisburg nochmal Abschied genommen, innegehalten und geweint. Dort, wo am 24. Juli 21 junge Menschen tödlich verletzt wurden und mehr als 500 verletzt wurden.
Bürger sammeln die zahlreichen Trauergaben wie etwa Grablichter, Engelfiguren oder Plüschtiere ein und legten sie in einen containerartigen Kubus mit einer Glasfront. Er steht in der Nähe des Unglückstunnels und soll für die nächsten Monate eine Art provisorische Gedenkstätte bilden. „Duisburg gedenkt der Opfer der Loveparade“ ist darin zu lesen – genauso wie auf einer Gedenktafel, die am Sonnabend am eigentlichen Unglücksort, der Zugangsrampe zum Veranstaltungsgelände, angebracht wurde.
Dumpf hallen tiefe Trommelschläge durch den Tunnel. Der „Bürgerkreis Gedenken“ hat einen Musiker gebeten, den letzten Tag der offiziellen Trauerzeit auf diese Weise zu begleiten. Schon am Mittag legen die ersten Bürger Plakate, Bildcollagen und Gedenkfiguren in die bereitgestellten Plastikkästen. Am Nachmittag sind es mehrere Dutzend, die helfen.
Viele Gegenstände spiegeln die unendliche Trauer von Angehörigen und Freunden um den Verlust ihrer Lieben wider. So ist etwa ein Rahmen mit einem Porträt-Foto aufgestellt, das einen freundlichen jungen Mann mit wachem Blick und fröhlichen Augen zeigt. „Wir werden dich nie vergessen. Deine Familie“, steht darunter mit blauem Filzstift geschrieben.
Immer wieder ist „Warum?“ zu lesen, kommt die völlige Sinnlosigkeit dieses Sterbens zum Ausdruck: Die Trauernden beschreiben sich als „geschockt, beschämt, hilflos“. Die Besatzung des Rettungswagens 91/83/9 hat einen Zettel aufgehängt, auf dem sie ihren mehrstündigen Kampf um das Leben eines jungen Mannes beschreibt - den sie letztlich verlor. „Unsere Gedanken kreisen unentwegt um die Sinnlosigkeit dieser Katastrophe.“
Auch viel Anklage ist zu lesen gegen die Stadt und ihre Oberen und gegen den Veranstalter. Andere danken den Sicherheitskräften und den Polizisten für ihre Rettung: „Ich bin so dankbar, dass wir noch leben!“
Überlebt hat auch eine 30-Jährige aus Duisburg, die bei der Katastrophe schwer verletzt wurde: „Ich habe wirklich Glück gehabt. Die haben mich mehr tot als lebendig rausgezogen.“ Unter ihr sei ein Mädchen gestorben. „Man liegt drauf und kann nichts machen. Ich habe ihr noch zugeredet. Ich konnte in ihre Augen sehen. Und dann sah ich, wie sie starb.“
Nur wenige Angehörige möchten mit Pressevertretern sprechen. Der hinterbliebene Freund einer jungen Frau sagt: „Es hätte alles nicht sein müssen. Es ist alles so sinnlos.“ Er trägt ein T-Shirt mit den Worten: „Du lebst in unseren Herzen ewig weiter.“ Am Sonntag wird der Tunnel wieder für den Verkehr freigegeben.