Die katholische Kirche bietet eine Telefon-Hotline für Missbrauchsopfer an. Geschulte Berater und Therapeuten sollen den Anrufern helfen.
Trier/Osnabrück. Erstmals hat die katholische Kirche am Dienstag eine Telefon-Hotline für Missbrauchsopfer geschaltet. Sie reagiert damit auf das Bekanntwerden zahlreicher Fälle, in denen sich Priester und andere Kirchenleute in den vergangenen Jahrzehnten an Kindern und Jugendlichen sexuell vergangen haben. Unter der Nummer 0800-1201000 kümmern sich geschulte Berater und Therapeuten um alle, die solche Übergriffe in katholischen Einrichtungen erlebt haben. „Wir wollen mit diesem Angebot die Opfer ermutigen, sich bei uns zu melden, gleich ob es sich um verjährte oder um aktuelle Fälle handelt“, sagte der Sonderbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche, Bischof Stephan Ackermann, in Trier.
Die Beratung ist dienstags, mittwochs und donnerstags von 13.00 bis 20.30 Uhr besetzt. Zudem gibt es unter www.hilfe-missbrauch.de eine Online-Beratung. Auf Wunsch sollten therapeutische Angebote vor Ort vermittelt werden, sagte Ackermann. Auch die Empfehlung einer Strafanzeige sei denkbar. Die Bischofskonferenz hatte die Einrichtung Ende Februar beschlossen. Ackermann dankte allen Opfern, die nach „jahrzehntelangem schamvollen Schweigen“ den Mut gefunden haben, über ihre Erfahrungen zu berichten. Sie trügen dazu bei, dass die Kirche in Zukunft aufmerksamer hinschauen werde. „Wir werden alles uns Mögliche tun, dass sich sexueller Missbrauch in Einrichtungen der katholischen Kirche nicht wiederholen wird.“ Der Sonderbeauftragte appellierte eindringlich an alle Täter, sich zu ihren Taten zu bekennen. Bald Entscheidung über Opferfonds
Ackermann kündigte an, innerhalb eines Monats über eine mögliche Einrichtung eines „Opferfonds“ zu entscheiden. Dies sei „eine schwierige Frage“, weil sich auch Menschen „unberechtigt“ melden könnten, um „eine gewisse Summe“ zu bekommen. Die Kirche dürfe zudem mit einem Fonds nicht das Signal geben, dass sie sich „frei kaufen“ wolle. Den Schaden könne man ohnehin „nicht mit Geld wegnehmen“. Zu dem Vorstoß der bayerischen Bischöfe, eine Anzeigepflicht bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch einzuführen, sagte Ackermann: „Ich sehe diese Frage differenzierter.“ So wollten manche Opfer eine strafrechtliche Verfolgung gar nicht. Ackermann war von der Bischofskonferenz zum Beauftragten für die bundesweite Aufklärung von Missbrauch ernannt worden. Er wird am 15. April dabei sein, wenn Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mit dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, spricht. Viele Deutsche unzufrieden mit Papst
Viele Deutsche sind wegen des Missbrauchskandals mit Papst Benedikt XVI. unzufrieden: Eine Umfrage für das Magazin „Stern“ ergab, dass nur noch knapp ein Drittel aller Bürger (31 Prozent) die Arbeit des 82-Jährigen als gut oder sehr gut bewertet. Noch vor drei Jahren waren es 70 Prozent. 46 Prozent von insgesamt 1004 Befragten beurteilen seine Arbeit als weniger gut oder schlecht. Selbst 45 Prozent der Katholiken geben ihm eine schlechte Note. Pfarrer zeigte sich noch nicht selbst an
Ein Pfarrer aus dem Emsland hat sich – entgegen Angaben des katholischen Bistums Osnabrück – noch nicht selbst wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt. „Wir warten auf die Anzeige“, sagte der Sprecher der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Alexander Retemeyer. Das Bistum hatte am Samstag mitgeteilt, der Pfarrer habe bei einem Gespräch mit Bischof Franz-Josef am Freitag sein Fehlverhalten eingeräumt und sich bereits der Staatsanwaltschaft gestellt.
Nach Angaben von Retemeyer hat der Anwalt des Pastors zwar bei der Staatsanwaltschaft angerufen, aber die Tat nicht angezeigt. Seiner Behörde sei daher noch nicht bekannt, wer das Opfer sei. Nach Angaben des Bistumssprechers Hermann Haarmann wollte die Kirche noch am Dienstag alle Unterlagen an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Medienberichten zufolge wirft eine Frau dem heute 49 Jahre alten Pfarrer vor, sie vor rund 20 Jahren als Minderjährige vergewaltigt zu haben. Haarmann kritisierte dies als Spekulationen. Klagegottesdienst in Wien
Nach den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Österreich will Kardinal Christoph Schönborn in einem Klage- und Bußgottesdienst ein „Schuldbekenntnis im Namen der Kirche“ sprechen. Das Motto der Veranstaltung, die am Mittwochabend im Wiener Stephansdom stattfindet, lautet: „Ich bin wütend, Gott!“ Beim Gottesdienst werden Opfer von ihren Erfahrungen berichten. „Sie werden Zeugnis von ihrer bedrängenden Situation geben“, sagte Dompfarrer Anton Faber der katholischen Presseagentur „Kathpress“.
Mehr im Internet unter www.hilfe-missbrauch.de