Nach dpa-Informationen hielt der Mann sich in einer Wohnung mit einem nackten minderjährigen Mädchen aus seiner Verwandtschaft auf.
Berlin. Ein aus der Haft entlassener Kinderschänder ist offenbar rückfällig geworden und hat erneut Kinder sexuell missbraucht. Nur wenige Monate war er auf freiem Fuß, da suchte der nun in Berlin verhaftete Mann wieder Kontakt zu Minderjährigen: Schon im Februar 2008 gab es eine versuchte Rückfalltat, wie die Berliner Polizei am Donnerstag mitteilte. Das war kurz nach dem Umzug des Mannes aus Brandenburg/Havel nach Berlin. Details nannte die Polizei nicht, nur dass die Betroffenen Warnungen der Polizei nicht beachtet hätten. Nach dpa-Informationen hielt der Mann sich in einer Wohnung mit einem nackten minderjährigen Mädchen aus seiner Verwandtschaft auf. Als der Fall Monate später bekanntwurde, nahm die Polizei den Mann fest, ein Richter erließ jedoch keine Haftbefehl und setzte ihn wieder auf freien Fuß.
Der Beschuldigte war am 3. Dezember 2009 verhaftet worden, wie erst am Mittwoch bekannt wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Mann, der bis 2007 als Sexualstraftäter im Gefängnis saß, wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs eines elfjährigen Mädchens vor einiger Zeit und wegen des Kontakts zu anderen Kindern. Am Donnerstag gab es heftige Kritik an der Justiz und dem Senat. Die große Gefahr durch den Mann, der mehrere Mädchen teilweise schwer missbraucht haben soll, sei „offenbar maßlos unterschätzt worden“, erklärte CDU-Fraktionschef Frank Henkel am Donnerstag.
Nach Justizangaben stand der Mann unter regelmäßiger Aufsicht, wurde jedoch nicht 24 Stunden am Tag bewacht, weil das rechtswidrig sei. Die Polizei teilte mit, dass er mehrfach gegen Auflagen der Justiz verstoßen habe. Mindestens 20 Mal hätten Beamte den Mann kontaktiert. Dreimal wurde eine längerfristige Überwachung angeordnet - insgesamt über 32 Tage. In dieser Zeit befolgt der Mann aber seine Auflagen, so dass die Überwachung nicht fortgesetzt werden konnte.
Der Mann hatte elf Jahre in der Stadt Brandenburg im Gefängnis gesessen, weil er zwischen 1992 und 1995 neun Mädchen in Falkensee (Havelland) vergewaltigt hatte. 2007 wurde er wegen einer Gesetzeslücke zur Sicherungsverwahrung entlassen, obwohl er als gefährlich eingestuft wurde. Der Bundestag schloss im März 2007 die Gesetzeslücke. Auswirkungen auf den Fall aus Brandenburg hatte das aber damals nicht, weil der Mann vor Inkrafttreten des Gesetzes bereits aus der Haft entlassen war. Ein Sprecher der für die Aufsicht des Mannes zuständigen Berliner Justizverwaltung sagte, der Mann habe sich regelmäßig bei der Polizei melden müssen. Einmal im Monat habe er sich mit einem erfahrenen Bewährungshelfer getroffen und zweimal im Monat eine forensisch- therapeutische Ambulanz besucht. Verstöße gegen die Auflagen seien vor dem aktuellen Fall nicht bekanntgeworden. „Der Fall galt als mustergültiges Beispiel für Zusammenarbeit von Polizei, Bewährungshelfer, Psychologin und sozialen Diensten“, sagte der Sprecher. Die Polizei hatte nach eigenen Angaben Menschen im Umfeld des verurteilten Täters vor ihm gewarnt. Daraufhin habe sich ein missbrauchtes Mädchen bei seiner Mutter gemeldet. Die Polizei wies Vorwürfe zurück, sie habe den Mann nicht ausreichend überwachen können, weil sie zu wenig Personal habe. Es sei kaum möglich, derartige Taten zu verhindern, die in privaten Wohnungen passierten.
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, bezeichnete die Ermittlungen gegen den Beschuldigten als sehr schwierig. Die Vernehmung möglicher Zeugen sei kompliziert, weil sie aus problematischen sozialen Verhältnissen kämen. Auch das Umfeld müsse untersucht werden. „Es gibt Fragen, die noch gestellt werden müssen, nicht nur dem Beschuldigten“, sagte er. Wegen der schwierigen Zeugenbefragungen hätten Polizei und Staatsanwaltschaft nach der Verhaftung im Dezember die Öffentlichkeit nicht informiert.