Der 22-Jährige aus Finnland stürmte am Morgen in den Unterricht und schoss wahllos auf seine Mitschüler.

Helsinki. "Ich lebe allein mit meiner Katze und will keine Kinder haben", offenbarte Matti Juhani Saari (22), ein stiller Bewohner des Studentenwohnheims im finnischen Kauhajoki, im Internet über sich. Als seine Hauptinteressen gibt er dann aber "Computer, Waffen, Sex und Bier" an. Ehe er gestern maskiert und bewaffnet in seine eigene Berufsschule marschierte und zehn Mitschüler während des Unterrichts ermordete, war auf seiner Internet-Seite viel über die dunkle Seite des jungen Mannes zu lesen, über seine Gewaltfantasien: Jeder konnte dort sehen, wie sich Saari erst bei Schüssen mit seiner Pistole in Richtung Kamera zeigte, um dann dem Betrachter auf Englisch zu sagen: "Du wirst als Nächster sterben." Am Ende starb Saari selbst - durch eine Kugel, die er sich in den Kopf geschossen hatte.

Die Polizei fand in seiner Wohnung zwei Zettel, auf denen der Amokläufer "Hass auf die Menschheit" äußerte. Er habe die Tat seit 2002 geplant. "Die Lösung ist eine Walther22", schrieb er in seiner Botschaft. Im Forum "Suomi24" gab Saari als Hobbys Schießen an. Als Filmgeschmack nannte er "Horror". Für YouTube ließ er sich mehrfach bei Schießübungen filmen. Und im Internet fand sich eine Datei mit dem Titel "Massaker in Kauhajoki" unter seinem Namen.

Welche schreckliche Tat Saari plante, der eine Ausbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe gemacht hatte, scheint trotzdem niemand bemerkt zu haben. Die Mitbewohner in seinem Studentenwohnheim beschrieben den Amokläufer gegenüber der Zeitung "Iltalehti" als zurückhaltenden jungen Mann, der in seiner Wohnung gelegentlich Schlagzeug spielte. "Er hatte ein Elektroschlagzeug, auf dem er auch spät am Abend noch spielte. Er hatte keine Freundin. Er war ein ruhiger Mensch", sagt ein junger Berufsschüler. "Er war wie jeder von uns. Ruhig, aber kein bisschen isoliert", erklärte eine Nachbarin.

Auch einem Polizeibeamten fiel weniger als 24 Stunden vor dem vielfachen Mord nichts Ungewöhnliches an dem Inhaber eines Waffenscheins mit dazugehöriger halbautomatischer Pistole vom Typ Walther P22 auf. Er unterhielt sich mit ihm wegen der Gewaltvideos auf YouTube, die immerhin auch der Polizei aufgefallen waren. Dort war auch von "Krieg" die Rede. Der Beamte sah nach dem Gespräch dennoch keinen Grund zum Einschreiten. Auch die Waffe wurde Saari nicht entzogen. Der Finne hatte im Sommer zum ersten Mal einen Waffenschein beantragt und ihn auch anstandslos bekommen.

Jetzt starben zehn Mitschüler durch Kugeln aus dieser Pistole. Die Zahl der Verletzten war gestern noch unklar. Augenzeugenberichten zufolge brach in der Schule Panik aus, als der Täter das Feuer auf seine Mitschüler eröffnete. Hausmeister Jukka Forsberg berichtete, zunächst Schüsse und Schreie gehört zu haben. "Dann kamen zwei Mädchen in mein Zimmer und sagten, dass ein unheimlicher Mann um sich schießt", so Forsberg. Er habe einen Mann gesehen, der eine große schwarze Tasche in einem Korridor abstellte, in einen Klassenraum ging und die Tür hinter sich schloss. "Ich habe durch das Fenster geguckt und er hat sofort auf mich geschossen", sagte Forsberg weiter. "Er hat auf mich gefeuert, aber ich bin im Zickzack gelaufen. Ich bin um mein Leben gerannt."

Polizeisprecher Jari Neulaniemi sagte, der Täter habe - vermutlich in der Tasche - Sprengsätze, Brandbomben oder Molotowcocktails bei sich gehabt, die mehrere Feuer auslösten. Einige der Toten waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.

"Wir haben einen tragischen Tag erlebt", sagte Ministerpräsident Matti Vanhanen. Er rief den heutigen Mittwoch zum nationalen Trauertag aus. In Finnland befinden sich 1,6 Millionen Schusswaffen im Besitz von Privatpersonen. Das Land liegt damit hinter den USA und dem Jemen weltweit an dritter Stelle.

Filmberichte zum Amoklauf in Finnland