Nach dem Kündigungsurteil wegen 1,30 Euro gegen die Kassiererin Barbara E. (50) in Berlin der nächste Fall: Wegen des Verzehrs von Brötchenbelag im...
Hamm. Nach dem Kündigungsurteil wegen 1,30 Euro gegen die Kassiererin Barbara E. (50) in Berlin der nächste Fall: Wegen des Verzehrs von Brötchenbelag im Wert von einigen Cent hat die nordrhein-westfälische Großbäckerei Westermann aus Bergkamen zwei Mitarbeitern fristlos gekündigt. Ihnen wird vorgeworfen, zwei Brötchen gestohlen und dann noch einen Belag aus Olivenöl, Gewürzen und Fetakäse entwendet und gleich mitgegessen zu haben.
"Es ist uns bekannt, dass wir eine unpopuläre Entscheidung gemeinsam mit dem Betriebsrat getroffen haben", sagte Prokurist Miodrag Zecevic. Bei solchen Sachverhalten sei es schwierig, Grenzen zu ziehen. Wo setze man an - "bei 0,01 Euro, 0,10 Euro, einem Euro, 100 oder 1000 Euro?" Die Mitarbeiter gehen gegen den Rauswurf gerichtlich vor. Am 10. März wird vor dem Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage verhandelt.
"Die beiden Mitarbeiter haben lediglich das neue Produkt namens Hirtenfladen probiert", sagte Manfred Sträter, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) in Dortmund "Welt Online". "Anders als bei dem umstrittenen Urteil gegen die Berliner Kassiererin handelt es sich unseres Erachtens gar nicht um ein Eigentumsdelikt." Barbara E., Ex-Kassiererin bei der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann, hatte zwei Kunden-Pfandbons über 48 und 82 Cent auf ihren Einkauf verrechnet. Sträter vertritt einen der beiden Entlassenen, den jungen Bäcker Benjamin L. (26). Dieser hatte sich vor seiner Kündigung in den Betriebsrat bei Westermann wählen lassen, als Kandidat einer gewerkschaftlich unterstützten Liste. "Solche Verkostungen der produzierten Ware sind in Großbäckereien üblich. Außerdem können wir nachweisen, dass Benjamin L. beide Brötchen vorher im firmeneigenen Laden gekauft hat", sagte der Gewerkschafter.
Die Vertreter der Arbeitnehmer schlagen sich nach eigenen Angaben schon seit Monaten mit den Chefs von Westermann herum. Mitarbeiter, die gewerkschaftlich organisiert sind, berichten von Schikanen. "Ich musste ständig ins Büro. Zum Beispiel, weil ich einen Handfeger falsch hingestellt hatte", sagte Benjamin L. dem Online-Portal "Der Westen". Einen Zusammenhang von seiner Arbeit für den Betriebsrat mit der Entlassung weist die Geschäftsleitung zurück. Eine Sprecherin: "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun."