Lüneburg. Arena, Logo, Kader – die Bundesliga-Volleyballer gehen den nächsten Entwicklungsschritt. Kopfzerbrechen bereitet eine Reise.
Wenn Verantwortliche eines Profisportclubs über den Start einer neuen Saison sprechen, herrscht im Regelfall vornehme Zurückhaltung. Bloß keine konkreten Ziele benennen, bloß keine Erwartungen schüren, bloß keinen erhöhten Druck erzeugen. Andreas Bahlburg interessiert das alles nicht. „Wir sind so stark wie nie zuvor“, sagt der Geschäftsführer der SVG Lüneburg vor dem Heimauftakt in der Volleyball-Bundesliga gegen den VCO Berlin am Sonntag (17.30 Uhr/Twitch Spontent). Und: „Ich bin überzeugt, dass wir unter den besten vier Teams der Bundesliga landen können.“ Eine Ansage, die klarer nicht hätte sein können, angesichts der Entwicklungsschritte des Vereins aber auch nicht realitätsfremd ist.
Tatsächlich ist die Euphorie spürbar. Mit der neuen LKH Arena, die in diesem Jahr nach monatelangen Verzögerungen endgültig fertiggestellt wurde, hat die SVG endlich eine moderne Heimspielstätte mit Platz für 3500 Zuschauer, großen LED-Leinwänden, leistungsstarken Lautsprechern, einem VIP-Bereich und allem Zipp und Zapp. Nachdem die Entwicklung in den vergangenen Jahren vor allem wegen der kleinen Gellersenhalle, einer schnuckeligen Schulsporthalle, die eines Bundesligateams kaum würdig war, stagnierte, geht die SVG nun den nächsten Schritt der Professionalisierung. „Hier in der Region herrscht gerade große Aufbruchstimmung“, sagt Bahlburg, der mit der Landeskrankenhilfe (LKH) – zugleich Namensgeber der Arena – einen neuen Hauptsponsor gewinnen konnte. „Die Arena ist für uns der nächste Entwicklungsschritt.“
Volleyballer der SVG Lüneburg stellen sich neu auf
Die Anzahl von VIP-Dauerkarten erhöhte sich von 50 auf rund 80, der Sponsorenpool hat mit 50 Geldgebern eine respektable Größe. Neben der neuen Heimspielstätte gibt es zur neuen Saison eine neue Hymne, das Vereinslogo wurde mithilfe einer Agentur entstaubt. „Wir sind weg von unserem Kindergartenlogo und hin zu einem modernen Logo mit Lüneburg-Bezug“, sagt Bahlburg. Es ist weit mehr als ein Facelifting, das die SVG zurzeit erlebt.
Auch der Kader hat einen großen Umbruch erlebt, langjährige Leistungsträger wie Diagonalangreifer Jannik Pörner (29), Mittelblocker Michel Schlien (30) und Libero Tyler Koslowsky (28) haben die SVG nach der vergangenen Saison verlassen. „Die Jungs waren tragende Säulen für die gesamte Kultur im Team. Man merkt, dass sich etwas verändert hat“, sagt Cheftrainer Stefan Hübner, der seit 2014 für Konstanz im Verein sorgt. „In dieses Vakuum treten nun aber neue Leute, wir sehen das als Chance.“
Allen voran soll der US-amerikanische Außenangreifer Jordan Ewert weiter zum Anführer wachsen, in der vergangenen Saison war der 25-Jährige Topscorer der Volleyball-Bundesliga. Während Ewert in der Vergangenheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ins Ausland oder zu den Bundesliga-Topteams BR Volleys oder VfB Friedrichshafen weitergezogen wäre, konnte die SVG ihren Topstar nun halten.
SVG-Trainer Hübner brachte Ketrzynski mit
Die sechs Neuzugänge, die Hübner integrieren musste, haben den Kader darüber hinaus verstärkt. Im Diagonalangriff erhöht Nationalspieler Lukas Maase (24) die Durchschlagskraft. „Er kann den Druck erzeugen, der uns in den vergangenen Jahren etwas gefehlt hat“, sagt Bahlburg. „Wir haben die Annahme mit Gage Worsley außerdem erheblich verbessert, sein Bruder Joe ist zudem einer der besten Zuspieler der Liga.“
Ein echtes „Juwel“, wie der SVG-Geschäftsführer sagt, brachte Cheftrainer Hübner persönlich aus Übersee mit, als er die kanadische Nationalmannschaft von Anfang Mai bis Mitte Juni als Co-Trainer unterstützte und Mittelblocker Xander Ketrzynski (22) von einer Unterschrift in Lüneburg überzeugte. „Ohne Stefan hätten wir so einen Spieler nie holen können“, sagt Bahlburg.
Europapokalreise bereitet Kopfzerbrechen
Mit einer erfolgreichen Pokalsaison und dem Play-off-Halbfinale in der Bundesliga sind die Ziele klar gesteckt. Zudem tritt die SVG zum zweiten Mal in ihrer Vereinsgeschichte im Europapokal an. Nachdem bei der CEV-Cup-Premiere im vergangenen Jahr ein frühes Erstrundenaus verdaut werden musste, soll es in diesem Jahr im zweithöchsten europäischen Wettbewerb etwas weiter gehen.
Den Gegner, Montenegros Serienmeister OK Budva, sieht Hübner als Kontrahenten auf Augenhöhe. „Wir können da auf jeden Fall mitspielen, auch wenn der Verein im Europapokal deutlich erfahrener ist als wir“, sagt der 47-Jährige. „Wir haben im vergangenen Jahr ein bisschen Lehrgeld bezahlt. Uns spielt in die Karten, dass wir das Rückspiel zu Hause haben. Bei einem Golden Set wäre das auch hilfreich.“
Etwas Kopfzerbrechen bereitet die Anreise zum Hinspiel am 12. Oktober in der 23.000 Einwohner zählenden Kleinstadt an der Adriaküste (Rückspiel am 19. Oktober in Lüneburg), die Flugpreise sind zurzeit besonders hoch. „Überall, bei Hotels, Flügen, Bussen, sind die Preise um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Das belastet uns“, sagt Bahlburg, der den Etat zur neuen Saison jedoch um rund 20 Prozent erhöhen konnte. Die hohen Energiepreise sorgen zudem von Januar an für eine Mieterhöhung der LKH Arena, die der Betreiber der SVG bereits mitgeteilt hat.
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Sorgen macht dem Verein zurzeit auch die Zurückhaltung bei Ticketverkäufen, wie im gesamten Hallenprofisport verkauften auch die Lüneburger weniger Karten als erhofft. Rund 300 Dauerkarten sind bisher abgesetzt, etwa 150 weniger als in den Jahren vor der Pandemie. „Wir haben immer noch mit den Corona-Folgen zu kämpfen, viele ältere Fans sind noch sehr vorsichtig“, sagt Bahlburg, der mit einem Heimspielschnitt von 1000 Zuschauern kalkuliert. Da knapp 80 Prozent des Etats jedoch über Sponsorengelder gedeckt sind, sei die finanzielle Stabilität zurzeit gesichert.
Für Stefan Hübner ist die nicht vollständig gefüllte Arena Grund zur Motivation. „Unser Ziel ist, die Halle richtig zu füllen“, sagt er. Der große Aufbruch bei der SVG Lüneburg, er hat gerade erst begonnen.