Hamburg. Der FC St. Pauli trifft auf den VfB Stuttgart mit dem Hamburger Josha Vagnoman. Dessen Entwicklung könnte für Zusatzeinnahmen sorgen.
An sein bislang letztes Spiel gegen den FC St. Pauli dürfte Josha Vagnoman vom VfB Stuttgart keine guten Erinnerungen haben. Mit 2:3 unterlag Vagnomans HSV den Kiezkickern damals, der heute 24-Jährige kam 14 Minuten vor Schluss in die Partie, konnte die Derby-Niederlage aber nicht mehr verhindern. Am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky) hat der Hamburger die Chance zur Revanche.
„Für Josha ist das Spiel ein Derby im Kopf“, sagt sein Berater Pablo Cardoso, der Vagnoman seit acht Jahren betreut. „Er ist ja immer noch HSVer, verfolgt den Verein und guckt sich die Spiele an, wenn er Zeit hat.“ Vagnoman wechselte mit neun Jahren vom Hummelsbütteler SV ins Nachwuchsleistungszentrum des HSV, wo er bis zu den Profis alle Jugendmannschaften durchlief.
Bundesliga: St. Pauli trifft auf Ex-HSVer Vagnoman
„Bei ihm hat man schon als Jugendlichen gesehen, dass er es nach ganz oben schaffen wird“, sagt der Sohn von Ex-HSV-Spieler und -Trainer Rodolfo Cardoso über seinen Schützling, der im März 2023 unter Hansi Flick in der Nationalmannschaft debütierte und bei den Stuttgartern inzwischen Stammspieler geworden ist.
An sein Profidebüt dürfte Vagnoman allerdings gemischte Erinnerungen haben. Bernd Hollerbach brachte ihn am 10. März 2018 gegen den FC Bayern München 20 Minuten vor Schluss. Dadurch avancierte Vagnoman mit 17 Jahren und 89 Tagen zum bis dahin jüngsten HSV-Spieler aller Zeiten. Das Spiel verloren die Hamburger aber mit 0:6 und stiegen am Ende der Saison ab. Den Durchbruch beim HSV schaffte Vagnoman unter einem von Hollerbachs Nachfolgern.
Hecking verhalf Vagnoman zum Durchbruch
„Josha war damals das aufstrebendste Talent beim HSV“, erinnert sich der Dieter Hecking, der in der Saison 2019/20 beim HSV die Verantwortung hatte und jetzt bei St. Paulis Abstiegskonkurrenten VfL Bochum an der Seitenlinie steht. „Er hat in seinem Alter schon eine sehr gute Athletik und Schnelligkeit mitgebracht, deswegen war er prädestiniert, in die Startelf zu rutschen.“
Dort stand der U-21-Europameister von 2021 dann auch erstmals unter Hecking am sechsten Spieltag – ausgerechnet im Derby gegen den FC St. Pauli, das die Kiezkicker mit 2:0 gewannen.
Eine Woche später erzielte Vagnoman gegen Erzgebirge Aue am 22. September 2019 sein erstes Profitor und spielte fortan jede Minute in der Zweiten Liga. „Am Anfang war sein Defensivverhalten noch etwas problematisch, da hat er sich ein paar Fehler zu viel geleistet“, sagt sein ehemaliger Trainer, „aber er war jung und unerfahren, und beim HSV war immer ein großer Druck, da hat er seine Sache sehr gut gemacht.“
Beim HSV war Vagnoman oft verletzt
Die steile Aufstieg unter Hecking endete allerdings jäh, als sich Vagnoman im DFB-Pokalspiel gegen seinen heutigen Arbeitgeber den Fußwurzelknochen brach und mehrere Monate ausfiel. Verletzungen ziehen sich seit jeher durch seine Karriere und sind der Grund dafür, warum er in Hamburg in vier Jahren nur auf 73 Profispiele kommt, viele davon als Einwechselspieler kurz vor Schluss.
„Ich habe ihm damals geraten, dass er seine Wucht und seine Power viel mehr ausspielen muss, wenn er mit Anlauf kommt. Und dass er sich defensiv nicht nur auf seine Schnelligkeit verlassen kann, sondern auch am Stellungsspiel arbeiten sollte“, sagt Hecking, der mit seinem ehemaligen Spieler zwar nicht mehr regelmäßig in Kontakt steht, aber seinen Weg genau verfolgt hat.
HSV würde an Vagnomans Verkauf verdienen
„Es war klar, dass Josha in der Bundesliga landen würde, wenn er sein Potenzial abruft“, so Hecking, der vor wenigen Wochen in seinem zweiten Spiel als Bochumer Trainer auf Vagnomans Stuttgarter traf und 0:2 verlor. Vagnoman stand 90 Minuten auf dem Platz und hat nach seinem Wechsel 2022 schon jetzt mehr Einsatzminuten gesammelt als beim HSV – eine Liga höher, wohlgemerkt.
„Seit Sebastian Hoeneß Trainer ist, läuft es besser für ihn, er kommt auch in der Mannschaft gut an“, sagt Cardoso über Vagnoman, dessen Entwicklung auch beim HSV genau verfolgt wird. Nach Abendblatt-Informationen erhalten die Hamburger im Falle eines Weiterverkaufs Vagnomans zehn Prozent der Differenz zu den drei Millionen Euro, die Stuttgart 2022 nach Hamburg überwies.
Vagnomans Bilanz gegen St. Pauli: ein Remis, drei Niederlagen
St. Pauli hofft unterdessen, am Sonnabend in der baden-württembergischen Hauptstadt mehr Erfolg zu haben als Hecking. Vagnomans persönliche Bilanz könnte den Kiezkickern ein wenig Hoffnung schenken. Viermal stand er im Hamburger Stadtderby auf dem Platz, gewinnen konnte er allerdings keines davon. Drei Niederlagen und ein Unentschieden stehen in Vagnomans Bilanz.
Auch Dieter Hecking wird das Spiel des direkten Konkurrenten verfolgen. „Wir müssen aber auch unsere Hausaufgaben am Sonntag machen.“ Dort trifft er mit Bochum im Kellerduell auf den 1. FC Heidenheim, Hecking hofft auf den ersten Saisonsieg, um den Gegner „unten reinzuziehen“: „Die Erwartungshaltung ist groß und wenn die groß ist, kommt es meistens anders. Wir werden sehen, ob es für den ersten Dreier reicht.“
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Sollte es für St. Pauli am Sonnabend in Stuttgart überraschend für einen Dreier reichen, werden die Kiezkicker Heckings Spiel deutlich gelassener anschauen können. Josha Vagnoman wird aber alles daransetzen, um seine Derby-Bilanz aufzupolieren – und sei es auch nur die im Kopf.