Dortmund/Hamburg. Abseits ja oder nein? St. Paulis Alexander Blessin und Dortmunds Nuri Sahin offenbaren unterschiedliche Sichtweisen. Worum es ging.

Zweimal hatte der FC St. Pauli am Freitagabend den Ball im Tor von Borussia Dortmund untergebracht, zweimal wurde der Treffer im Kölner Videokeller überprüft. Am Ende zählte nur einer, die 1:2-Niederlage der Hamburger im Dortmunder Fußball-Tempel war die logische Folge. Für beide Trainer jedoch war dies nicht das richtige Ergebnis. Einig waren sich St. Paulis Alexander Blessin und Dortmunds Nuri Sahin dennoch nur darin, über Videoassistent Benjamin Brand zu wettern.

Nach einem Freistoß aus halblinker Position des an diesem Freitagabend sehr starken Eric Smith hatte der Richtung Tor laufende St.-Pauli-Stürmer Morgan Guilavogui nach knapp einer halben Stunde den Ball ins Dortmunder Tor zur vermeintlichen 1:0-Führung befördert. Ob er beim Abspiel im Abseits war, wurde überaus lange überprüft, ehe Brand seine Entscheidung an Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck weitergab: Guilavogui habe hauchdünn im Abseits gestanden. Jöllenbeck deutete mit einer Geste mit seinen Fingern an, wie knapp es gewesen sei.

St.-Pauli-Trainer Blessin: „Der VAR darf nicht einschreiten“

St. Paulis Trainer Blessin kam nach dem Spiel und der mehrfachen Ansicht der Szene zu einer ganz anderen Einschätzung. Dabei ging vor allem darum, ob nicht der Dortmunder Emre Can als hinterster Spieler des BVB das Abseits womöglich aufgehoben habe. „Für mich ist es nicht klar zu erkennen, wo Can steht. Man kann also keine Linie ziehen. Und wenn es so unklar ist, darf man das Tor auch nicht aberkennen und darf der VAR nicht einschreiten“, sagte der Coach. „Can ist auf allen Bildern verdeckt. Daher hätte für mein Dafürhalten das Tor gegeben werden müssen.“

Für Blessin wäre eine eigene 1:0-Führung zu diesem Zeitpunkt genau das richtige Timing gewesen. Zuvor hatte er schon ein „Murren“ der BVB-Fans auf den Rängen über die zwar dominante, aber wenig zwingende Vorstellung ihres Teams vernommen. Da hätte ein Tor für St. Pauli die Stimmung noch weiter zum Kippen bringen können.

Sahin schimpft über 1:1-Ausgleich durch Smith

Logischerweise hatte Blessins Dortmunder Kollege Nuri Sahin nichts gegen die Aberkennung des Rückstands seiner Mannschaft einzuwenden. An der Leistung von VAR Benjamin Brand aber hatte auch er später sehr deutlich etwas auszusetzen. Dabei ging es um den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich (78.) durch den bereits erwähnten Eric Smith, dessen 28-Meter-Dropkick im Dortmunder Torwinkel eingeschlagen hatte. Dass dabei St.-Pauli-Außenstürmer Oladapo Afolayan im Abseits stand, war unstrittig. Ob dies aber eine passive oder aktive Abseits-Position war, darüber stritten sich später die Geister. Für VAR Brand war dann nach Überprüfung klar: Das Tor zählt.

BVB-Coach Sahin hielt dagegen: „Meiner Meinung nach war das klar abseits. Da wir gewonnen haben, kann ich das auch sagen, ohne nach Ausreden zu suchen. Der Blick von Greg (Torwart Gregor Kobel) geht um den Spieler herum. Das zeigt für mich schon, dass der im Sichtfeld steht.“

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Für Afolayan selbst hatte seine eigene Position bei dieser Szene überhaupt keine Rolle gespielt. „Der Schuss von Eric war unhaltbar. Ob jetzt da gestanden habe, oder auf der Bank gesessen hätte, der Torwart hatte überhaupt keine Chance den Ball zu halten. Ich habe den Torwart ja nicht berührt oder geschlagen. Es ist absoluter Unsinn, wenn der Torwart sagt, er habe den Ball nicht gesehen“, stellte er klar. Überflüssig zu erwähnen, dass auch Blessin an Smiths Tor nichts auszusetzen hatte.

Hauke Wahl übt sich als Diplomat

„Vielleicht haben sich die beiden Entscheidungen gegenseitig aufgehoben“, meinte am Ende St. Paulis Verteidiger Hauke Wahl diplomatisch, was aber nichts daran änderte, dass sich beide Trainer irgendwie ungerecht behandelt fühlten.