Hamburg. Der frühere St.-Pauli-Manager und heute DFB-Geschäftsführer schreibt im Abendblatt, was er sich vom Kiezclub in der Bundesliga erhofft.
Sankt Pauli in der Bundesliga. Fast war ich im Überschwang geneigt „in der 1. Bundesliga“ zu schreiben. Aber dann wären wir schnell beim „weißen Schimmel“ oder dem „Einzelindividuum“ gewesen. Ich freue mich sehr darüber, dass die Braunweißen nun zum sechsten Mal wieder im Oberhaus vertreten sind – fast 50 Jahre nach dem ersten Aufstieg unter Diethelm Ferner 1977.
Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die durchschnittliche Zuschauerzahl der damaligen Bundesliga-Premieren-Saison von circa 12.000 Fans. Eine Resonanz, die der Club heute bei nahezu jedem Testspiel auch gegen weniger attraktive Gegner vorweisen kann.
FC St. Pauli hat großartige Entwicklung genommen
Der Verein hat eine großartige Entwicklung genommen. Hier spielen Kompetenz und Kontinuität der Vereinsführung eine wesentliche Rolle. Dass man die Begrifflichkeit „wirtschaftliche Vernunft“ mit dem Kiez-Club in Verbindung bringt, ist ein Verdienst der guten und seriösen Arbeit der letzten Jahre und in erster Linie der aktuellen Vereinsführung zuzuschreiben. Die Zeiten, als Kneipenwirte die Parole „Saufen für St. Pauli“ ausriefen, um dem klammen Kiez-Club wirtschaftlich zu unterstützen, sind vorbei. Ebenso unvorstellbar scheinen üppige Versicherungsprämien für Flutlichtmasten, die es gar nicht mehr gab …
Darüber hinaus kann mit dem Narrativ, dass der FC St. Pauli zwar haltungsstark und sympathisch, aber sportlich ambitionslos sei, aufgeräumt werden. Die Geschichte wird nun neu erzählt. Themen wie Diversität und Nachhaltigkeit gehören ebenso wie Mitbestimmung und Teilhabe zur DNA dieses Vorzeigeclubs.
FC St. Pauli: Geplante Genossenschaft als wegweisendes Zeichen
Dass die angedachte Einführung eines Genossenschaftsmodells nun konkrete Formen annimmt, ist ein weiteres wegweisendes Zeichen. Sofern es die Compliance-Regeln unseres Hauses zulassen, werde ich mich natürlich auch hieran gerne beteiligen – so wie in meiner Heimatstadt, als aus einer Kneipenorganisation heraus eine Genossenschaft gegründet wurde, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und das Bestehen ebendieser Kneipe zu sichern. Die „LOTTA“ liegt im Übrigen im Herzen der Südstadt und ist Treffpunkt vieler St. Paulianer während ihres Aufenthalts in der Domstadt.
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Die Bundesliga darf sich auf stimmungsvolle Spiele im altehrwürdigen Millerntor freuen. Auch wenn als Ausdruck des Unmuts gegen zahlungskräftigere Gegner zum Glück keine Geldmünzen mehr aufs Spielfeld geworfen werden, bin ich mir sehr sicher, dass wir wieder witzige und selbstironische Botschaften zu sehen oder zu hören bekommen. Hierauf freue ich mich schon. Bei aller Neutralität, die ich in meiner Funktion an den Tag legen muss, versuche ich, beim ersten Sieg in der Bundesligasaison 24/25 live vor Ort zu sein. Vorgesehen für meinen Besuch habe ich das Spiel gegen die von mir sehr geschätzten Heidenheimer ...
Mit zuversichtlichen Grüßen und Vorfreude vom DFB-Campus.