Scheffau am Wilden Kaiser. Der Sport-Verantwortliche des FC St. Pauli gibt Einblicke in die Kaderplanungen und äußert deutliche Kritik am übergewichtigen Stürmer.

Ob Andreas Bornemann selbst schon mal bei einem Fußballmanager-Spiel stundenlang an der Konsole oder vor dem Computer saß, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass der Sportchef des FC St. Pauli weiß, dass das Transfergeschäft in der Realität deutlich mehr Hürden bereithalten kann.

Wenngleich er Verständnis für die Gier der Fans nach Neuzugängen habe, stellt Bornemann klar: „Einige Clubs haben ein Shoppingbudget und müssen sich nur Gedanken machen, wie sie es verteilen. Viele Leute, die sich zu Hause bei irgendwelchen Spielen oder Portalen einen Kader zusammenstellen, denken vielleicht, dass das in der Realität genauso läuft. Bei uns ist das aber anders.“

FC St. Pauli: Bornemann zieht positive Trainingslager-Bilanz

Wünsch-dir-was gibt es für Bornemann nur, als er am Mittwochnachmittag auf der Terrasse des Trainingslager-Hotels Kaiser in Scheffau sitzt und eine Ingwerschorle bestellt. Am Tag vor der Rückreise aus Österreich zog der Sport-Verantwortliche eine „gute bis sehr gute, aber keine herausragende“ Bilanz des Vorbereitungscamps am Wilden Kaiser.

„Man wünscht sich, dass die zentralen Figuren im Kader große Umfänge im Training mitmachen können. Das hat der eine oder andere nicht erreichen können“, begründet der 52-Jährige seine Einschränkung. Kapitän Jackson Irvine etwa konnte nach seinem ausgekugelten Zeh wie Keeper Nikola Vasilj (Knieprobleme) erst am Ende einsteigen, die Abwehr-Stammspieler Eric Smith und Manolis Saliakas fielen mit muskulären Problemen sogar ganz aus.

Smith soll in der kommenden Woche ins Teamtraining einsteigen

Während Smith in der kommenden Woche zurückerwartet wird, könnte es bei Saliakas noch etwas länger dauern. Der Grieche klagt seit den Laktattests vor drei Wochen über eine tiefsitzende Wadenverletzung, die nur langsam ausheilt. „Wenn er schmerzfrei ist, kann man ihn aber zügig wieder hochbelasten“, macht Bornemann Hoffnung.

Noch früher als Saliakas dürfte Morgan Guilavogui mit der Mannschaft auf dem Trainingsplatz stehen. Wie bereits am Mittwoch berichtet, soll der Stürmer per Leihe mit Kaufoption vom französischen Erstligisten RC Lens kommen. „Er ist ein toller Spieler, ich glaube, dass er sehr gut in das Profil passt“, sagt Bornemann – ohne bereits Vollzug zu vermelden. Diesen dürfte es nach dem Medizincheck und der Unterschrift erst in den kommenden Tagen geben.

Bornemann über Guilavogui: „Haben eine Tür aufgestoßen“

„Wir haben eine Tür aufstoßen können. Ob sie so weit auf ist, dass schon jemand durchgehen kann, wird sich in den nächsten Tagen zeigen“, verklausuliert Bornemann die grundsätzliche Einigung, die nach Abendblatt-Informationen bereits erreicht ist. Der jüngere Bruder des langjährigen Wolfsburger Bundesligaprofis Josuha Guilavogui gilt als schnell, dynamisch, kombinationsstark, kann mit einer Körpergröße von 1,89 Metern aber gleichzeitig auch hoch angespielt werden.

Mit dem Transfer könnte das Ende von Maurides bei den Kiezkickern einhergehen. „Wir waren alle erstaunt, in welcher Nicht-Verfassung er aus der Sommerpause zurückgekommen ist“, sagt Bornemann über den mit Übergewicht zurückgekehrten Brasilianer, der seit Vorbereitungsbeginn alleine in Hamburg trainieren muss. „Der Hinweis, ihn nicht mit ins Trainingslager zu nehmen, zeigt, dass er jetzt erstmal andere Hürden, Ziele und Vorgaben zu erreichen hat“, sagt Bornemann.

Maurides habe sich seine „Chance vorerst genommen“

St. Pauli würde den 30 Jahre alten Stürmer am liebsten sofort abgeben, muss ihm angesichts eines laufenden Vertrags aber weiterhin eine Trainingsmöglichkeit gewähren. „Der Trainerwechsel hätte für ihn eine Tür aufgestoßen, in der Doppelspitze zu mehr Einsatzzeiten zu kommen. Es ist schade und unverständlich, dass er sich die Chance für diesen Neustart vorerst selbst genommen hat“, sagt Bornemann.

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Abgesehen von Guilavogui soll im Laufe der Vorbereitung noch ein Rechtsverteidiger als Saliakas-Herausforderer verpflichtet werden, zudem hat der Sportchef eine Rückkehr von Sechser Aljoscha Kemlein von Union Berlin noch nicht abgehakt.

„Wenn bei Kemlein noch mal Bewegung reinkommt, wird das tendenziell eher später in der Transferperiode passieren, wenn sich bei Union eine Entwicklung abzeichnet, dass er ähnlich wenig Aussicht auf Spielzeit hat wie in der Vergangenheit“, sagt Bornemann. Grundsätzlich sei es aber „eher schwierig“. Das echte Leben ist nun mal kein Fußballmanager-Spiel.