Herzogenaurach. Der Geschäftsführer des DFB äußert sich erstmals öffentlich zum Aufstieg des Kiezclubs, den er vor fünf Jahren verließ.
Am Sonntagabend kam es zum Wiedersehen zwischen Andreas Rettig und Oke Göttlich. Beim dritten Gruppenspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Schweiz (1:1) trafen sich der Geschäftsführer Sport des DFB und der Präsident des FC St. Pauli im Frankfurter Stadion. Seit September arbeitet Rettig als Nachfolger von Oliver Bierhoff für den Deutschen Fußball-Bund. Am Montag zog der 61-Jährige ein erstes EM-Fazit.
Im Gespräch zwischen Rettig und Göttlich ging es aber hauptsächlich um den FC St. Pauli. Vier Jahre lang hatten die beiden am Millerntor zusammengearbeitet, ehe Rettig 2019 aus persönlichen Gründen den Kiezclub verließ und zurück nach Köln zog. Die Verbindung zu Göttlich und St. Pauli hat der DFB-Funktionär aber bis heute aufrecht erhalten. „Dadurch, dass ich alle handelnden Personen noch sehr gut kenne, hat mich St. Paulis Aufstieg wirklich gefreut. Als ich die Bilder gesehen habe, habe ich ein Tränchen verdrückt“, sagte Rettig am Dienstag im Gespräch mit dem Abendblatt.
Rettig sieht Arbeit des FC St. Pauli bestätigt
Göttlich hatte Rettig im September 2015 überraschend nach Hamburg geholt. „Für Oke freut es mich ganz besonders. Er ist oft genug kritisiert worden und hat gezeigt, dass man sich einerseits als Verein klar positionieren und trotzdem sportlichen Erfolg haben kann. Das wurde uns damals, als ich noch bei St. Pauli war, gern abgesprochen“, sagt Rettig und erinnert sich an die öffentliche Kritik im Laufe seiner Amtszeit. „Es hieß: Ihr macht zu viel drum herum, und deshalb wird das nichts. Das ist eigentlich für mich das Herausstechende: St. Pauli hat bewiesen, dass man haltungsstark mit einem richtigen Wertesystem Management betreiben und trotzdem sportlichen Erfolg haben kann. Das ist für mich die wichtigste Botschaft.“
Für diese Werte wurde Rettig auch zum DFB geholt. Seine Kernkompetenz soll der Sport bleiben. So wie bei St. Pauli, als er die Grundlagen für den Aufstieg legte. Als Geschäftsführer verpflichtete er im Sommer 2019 als eine seiner letzten Amtshandlungen Andreas Bornemann als Sportchef. „Für Andreas Bornemann empfinde ich eine hohe Wertschätzung. Wir kennen uns seit über 25 Jahren, seit meiner Zeit in Freiburg, als er dort Jugendchef war. Seit dieser Zeit haben wir ein großes Vertrauen aufgebaut, geprägt von offenen, guten und belastbaren Dialogen“, sagt Rettig.
FCSt. Pauli: Rettig glaubt an Klassenerhalt in der Bundesliga
Trotz des Abgangs von Aufstiegstrainer Fabian Hürzeler glaubt Rettig, dass St. Pauli sich in der kommenden Saison in der Bundesliga behaupten kann. „Mal anders formuliert: Wer hätte denn gedacht, dass Heidenheim die Klasse halten kann? Ich weiß genau, was am Millerntor möglich ist. Da wird sich auch der eine oder andere größere Club ganz sicher verwundert die Augen reiben.“
Für Rettig ist die Rollenverteilung in Hamburg durch den Aufstieg von St. Pauli auch geklärt. „Hamburg ist braun-weiß. Logisch gefällt mir das“, sagt Rettig und lacht. Er selbst wäre zweimal fast beim HSV gelandet. „Ganz ehrlich: Dieser Wettstreit zwischen den Vereinen, wenn er so vernünftig ausgetragen wird, treibt beide an.“
Spätestens in der neuen Saison werden sich Göttlich und Rettig dann in Hamburg erneut wiedersehen. „Ich bin weiterhin zahlendes Mitglied und zudem auch noch im Museumsverein. Wenn ich in Hamburg bin, weiß ich, welches Stadion ich ansteuere“, sagt Rettig. „Ganz sicher werde ich ab und an mal vorbeikommen.“