Hamburg. Dennis Smarsch wird nach Fingerbruch der bisherigen Nummer eins, Nikola Vasilj, zwischen den Pfosten stehen. Sorgen auch um Dzwigala.

Manchmal klären sich wichtige Entscheidungen auf schicksalhafte Weise von allein. Wochenlang herrschte das große Rätselraten: Für wen wird sich Trainer Timo Schultz vor der neuen Saison als Stammtorhüter des FC St. Pauli entscheiden, wer wird die Nummer eins? Nikola Vasilj (26) oder Dennis Smarsch (23)? Am Mittwoch war es plötzlich klar: Smarsch steht in den kommenden Wochen zwischen den Pfosten.

„Nikola Vasilj wird sich am Donnerstag einem operativen Eingriff an der linken Hand unterziehen“, teilte der Verein am Mittag völlig überraschend mit, „der Torhüter hat sich beim Training am Dienstag eine Fraktur des linken kleinen Fingers zugezogen.“ Der Club erwartet anschließend eine wochenlange Zwangspause. Ein Schock drei Tage vor dem Saisonbeginn am Sonnabend (13 Uhr/Sky) gegen den 1. FC Nürnberg. Denn auch, wenn die Entscheidung eventuell zugunsten des Pokaltorhüters der vergangenen Saison ausgefallen wäre, ist das wochenlange Fehlen des zuverlässigen Bosniers alles andere als eine gute Nachricht.

FC St. Pauli: Torwartfrage geklärt – nächster Ausfall droht

St. Paulis dritter Torwart Sören Ahlers (24) hat bislang keinerlei Erfahrung auf Profiebene, null Einsätze in der Zweiten Liga, null Einsätze im DFB-Pokal, achtmal kam er in der Regionalliga Nord zum Einsatz. Ahlers trainierte am Mittwoch zwar mit, war zuletzt aber auch angeschlagen und fehlte am Tag zuvor auf dem Platz. Möglicherweise sitzt also U-23-Torwart Jhonny Peitzmeier (21) gegen den „Club“ auf der Bank, den St. Pauli für seine Regionalligamannschaft vor der Saison von den Sportfreunden Lotte aus der Regionalliga West geholt hatte.

Neben dem Ausfall von Vasilj droht den Kiezkickern ein weiterer schwerer personeller Rückschlag. Verteidiger Adam Dzwigala (26) musste am Mittwoch das Training abbrechen. Der Pole griff sich an den rechten Oberschenkel und wurde längere Zeit behandelt. Anschließend verschwand er in der Kabine. Eine Diagnose gab es zunächst noch nicht.

Engpass an Innenverteidigern, falls Dzwigala ausfällt

Ein Ausfall von Dzwigala gegen Nürnberg wäre deshalb dramatisch, weil er dann bereits der dritte Innenverteidiger wäre, der nicht zur Verfügung steht. Zugang David Nemeth laboriert noch an einer Muskelverletzung, Marcel Beifus ist rotgesperrt – Jakov Medic wäre damit der einzige „gelernte“ Innenverteidiger, der spielfähig ist. Gespräche um eine Verpflichtung von Betim Fazliji (23) vom Schweizer Erstligisten FC St. Gallen sind zudem ins Stocken geraten. Das berichtet das örtliche „Tagblatt“. Der Kosovare soll seinem Club den Wechselwunsch mitgeteilt haben, die Vorstellungen beider Vereine sollen jedoch deutlich auseinanderliegen. Laut „Tagblatt“ will St. Pauli maximal 750.000 Euro für den vielseitig verwendbaren Defensivspieler ausgeben, der aktuelle Marktwert wird beim Portal „Transfermarkt“ auf 1,5 Millionen geschätzt.

Der neue Torwarttrainer Marco Knoop (43) hatte seine Schützlinge am Dienstag an der Kollaustraße intensiv gefordert. Ihre Sicht war durch aufblasbare „Dummies“ eingeschränkt, zudem mussten sie beim schnellen Spielaufbau an diesen Plastikkameraden vorbei passen. Aus kürzester und weiter Distanz prasselten die Schüsse auf die Torsteher ein. Verletzt hat sich Vasilj aber offenbar im abschließenden Spiel. Er wurde auch behandelt, dass es sich um einen Fingerbruch handelte, war jedoch nicht zu ahnen.

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Der gebürtige Berliner und bei Hertha BSC ausgebildete Smarsch steht seit zwei Jahren beim FC St. Pauli unter Vertrag. Nach seiner Rolle als reiner Ersatzmann in der Saison 2020/21 hatte Smarsch in der vergangenen Spielzeit den Status als Pokaltorwart erhalten und konnte dabei durchaus überzeugen. Smarsch erhoffte sich vor dieser Spielzeit eine bessere Chance auf den Stammplatz, weil St. Pauli künftig mit eher aufgerücktem Torwart (ähnlich wie der HSV) agieren möchte.

„Mir gefällt das sehr gut, weil ich fußballerisch nicht so verkehrt bin“, sagt der 23-Jährige. Smarsch verfüge über eine natürliche Präsenz im Raum, lobte Knoop. „Da müssen wir nun Effizienz hineinbekommen.“ Welchen Rat er Timo Schultz gegeben hätte, wird nun immer ein Geheimnis bleiben – manchmal klären sich wichtige Entscheidungen eben von allein.