Dresden/Hamburg. Am Sonnabend spielen die Kiezkicker gegen Dresden: Guerino Capretti soll den Verein vor dem Abstieg aus der 2. Bundesliga bewahren.
Wie sehr Guerino Capretti sich mit seinem Beruf als Trainer identifiziert, zeigt eine Anekdote zu Beginn seiner Karriere. Im April 2017 wurde der neue Übungsleiter des Fußball-Zweitligisten Dynamo Dresden, bei dem der FC St. Pauli am Sonnabend (13.30 Uhr) antritt, als Coach beim damaligen Regionalligisten SC Verl vorgestellt. Bis dato hatte der einstige Regionalliga-Innenverteidiger seine Karriere beim Delbrücker SC in der Westfalenliga ausklingen lassen. Als Spielertrainer. So weit, so normal auf Amateurniveau. Nur wollte sich Capretti keineswegs verbieten lassen, die Saison nicht auch für Delbrück noch zu Ende zu bringen – trainierte also einfach zwei Teams parallel.
Die Geschichte verdeutlicht den Ehrgeiz des in Maddaloni nahe Neapel geborenen und im westfälischen Harsewinkel aufgewachsenen Deutsch-Italieners. Verlieren, so sagen Wegbegleiter, könne er gar nicht. Musste er aber. Bei seiner Premiere am vergangenen Spieltag unterlag Dresden bei Werder Bremen mit 1:2. Dennoch ist es dem 40-Jährigen mit seiner charismatisch-kommunikativen Art gelungen, den Sachsen, die nach starkem Saisonstart auf einen Relegationsplatz abgerutscht sind, neue Hoffnung im Abstiegskampf einzuhauchen.
FC St. Pauli: Am Sonnabend geht's gegen Dresden
Respektvoll, aber selbstbewusst geht Capretti die Aufgabe bei einem der populärsten Clubs Ostdeutschlands an – jeden Morgen um sechs Uhr. „Ich weiß um die große Geschichte der SG Dynamo, stehe aber nicht davor, als würde ich nach New York reisen und mir die Skyline ansehen. Es geht mir darum, die ganz klaren Ideen vom Fußball den Leuten hier mitzuteilen“, sagte er. Diese Idee beinhaltet Offensivfußball und Angriffspressing. Der Westfale stellt sein System ungern auf den Gegner ein.
Von Caprettis Arbeit konnte sich St. Paulis Lars Ritzka unmittelbar überzeugen. Der Linksverteidiger spielte von 2019 bis 2021 in Verl und war als Stammspieler entscheidend an Caprettis größtem Erfolg beteiligt. 2020 führte er den Sportclub aus der 25.000-Einwohner-Stadt in die 3. Liga. Vielleicht noch beeindruckender: Der Aufsteiger wurde auf Anhieb Siebter, geriet nie in Abstiegsgefahr. Das war in dieser Saison anders. Nach dem Abrutschen auf Rang 14 trennten sich die Verler – inzwischen nur noch 17. – von ihrem langjährigen Trainer.
Ein Job: Dresden in der 2. Bundesliga halten
Dieser hatte bis vor zwei Jahren noch zusätzlich zum Traineramt als Vertretungslehrer für Sport, Mathematik und katholische Religion an einer Realschule in Gütersloh gearbeitet. Nun hat er ausnahmsweise nur einen Job: Dresden in der 2. Bundesliga halten.