New York/Hamburg. Nach dem US-Open-Endspiel sagen der Hamburger und Sieger Dominic Thiem ihren Start in Rom ab. Hamburg könnte profitieren.
Am Sonnabend flatterte den Organisatoren des ATP-Mastersturniers in Rom die Absagen von Alexander Zverev und Dominic Thiem ins Haus. Der Hamburger und sein Kumpel aus Österreich schaffen es nicht pünktlich zum Turnierbeginn an diesem Montag – auch wenn beide in der ersten Runde Freilos gehabt hätten. Beide waren in der Nacht zum Montag schließlich noch in New York beschäftigt. Bei den US Open verlor Zverev gegen Thiem das Finale des Grand-Slam-Turniers.
„Ich bin noch nicht fertig“, hatte der 23 Jahre alte gebürtige Hamburger nach seinem Halbfinalsieg über den Spanier Pablo Carreño Busta (29) spät in der Nacht zum Sonnabend erklärt. Bei seinem 3:6, 2:6, 6:3, 6:4, 6:3-Erfolg war es Zverev erstmals gelungen, nach einem 0:2-Satzrückstand noch ein Match zu gewinnen. Und natürlich wurden sofort die Geschichtsbücher bemüht: Seit Boris Becker im Jahr 1989 konnte kein Deutscher mehr den Titel in Flushing Meadows gewinnen. „Natürlich freue ich mich, dass ich im Finale stehe, aber ich muss noch einen letzten Schritt gehen“, sagte Zverev vor dem Endspiel.
Hamburg ist das letzte Turnier auf Sandplatz vor den French Open
In Hamburg wurden die Erfolgsschritte des Weltranglistensiebten bei den „Geisterspielen“ in New York mit großer Freude verfolgt. „Wahnsinn“, schrieben die Turnierveranstalter der Hamburg European Open am Rothenbaum nach dem Halbfinalsieg Zverevs in den sozialen Medien, nannten ihn „Hamburger Jung“. Gleichzeitig stiegen bei Turnierdirektorin Sandra Reichel die Hoffnungen, dass Zverev und der Weltranglistendritte Thiem (27) vom 21. September an – wie im vergangenen Jahr – bei ihrem Turnier aufschlagen könnten. Die Absage der beiden New-York-Finalisten für Rom erhöhen die Chancen.
Hamburg ist das letzte Turnier auf Sandplatz vor den French Open in Paris eine Woche später und damit die letzte Gelegenheit, Spielpraxis auf roter Asche zu sammeln. Deshalb ist das Traditionsturnier in der neu gestalteten Anlage mit (bislang) fünf Spielern aus den Top Ten der Weltrangliste nominell so stark besetzt wie seit zwölf Jahren nicht. Karten für die Turnierwoche bis zum 27. September, die wieder von Barbara Schett und Matthias Killing moderiert wird, sind noch in allen Kategorien erhältlich. Bisher sind täglich 2300 Zuschauer zugelassen. Eine Entscheidung Zverevs und Thiems zum Rothenbaum wird bis zum Mittwochabend erwartet.
Naomi Osaka auf dem Tennis-Olymp
In New York hatte Zverev am Sonnabend auch das Damenfinale und den Triumph Naomi Osakas verfolgt. Mit ihrem zweiten US-Open-Sieg, dem dritten Grand-Slam-Pokal ihrer noch jungen Karriere, hat die 22-Jährige ihren Platz im Olymp ihrer Sportart gefestigt. Sie wird in der neuen Weltrangliste auf Platz drei klettern. Und natürlich hat sie mit dem Erfolg gegen Victoria Asarenka aus Belarus nach zwischenzeitlichem 1:6, 0:2-Rückstand auch einen Beitrag für die Historienschreiber des Damentennis geleistet.
Als erste Spielerin seit der Spanierin Arantxa Sánchez-Vicario im Jahr 1994, die damals Steffi Graf bezwang, hat die Tochter einer Japanerin und eines Haitianers ein US-Open-Endspiel nach verlorenem erstem Satz gewonnen. Endergebnis: 1:6, 6:3, 6:3. Und wer die vergangenen Wochen in New York verfolgt hat, kommt um die Erkenntnis nicht umhin: Naomi Osaka wird nicht nur das Damentennis der nächsten Jahre sportlich prägen, sie hat sich als wohl kraftvollste und meinungsstärkste Stimme im weltweiten Tenniszirkus positioniert.
Osaka schloß sich den Protesten nach dem Tod von George Floyd an
An diesem 12. September erfuhr Osaka (die die traurige, aber gefasste Asarenka freundschaftlich tröstete) die verdiente Anerkennung für ihr Spiel und ihre politischen Aussagen. „Der Punkt ist, dass ich wollte, dass die Leute anfangen, darüber zu reden“, sagte Osaka über ihre Aktionen und Auftritte im Kampf gegen Polizeigewalt und Rassismus in den USA. Beim von Cincinnati nach New York verlegten Vorbereitungsturnier wollte sie zunächst nicht zu ihrem Halbfinale antreten und folgte dem Vorbild der Basketballprofis der Milwaukee Bucks. Später wurde der US-Profisport an diesem Tag abgesagt.
Mit ihrem Freund, dem Rapper Cordae, war Osaka in Minneapolis, um sich den Protesten nach dem Tod von George Floyd anzuschließen. Den Namen des getöteten Afroamerikaners trug sie nach dem Viertelfinale auf ihrer Mund-Nase-Maske. Sieben Namen präsentierte sie, sieben Namen wurden im Fernsehen und in sozialen Kanälen transportiert: Breonna Taylor, Elijah McClain, Trayvon Martin, Ahmaud Arbery, George Floyd, Philando
Castile und zum Schluss Tamir Rice. Der damals Zwölfjährige war 2014 in der US-Stadt Cleveland von einem Polizisten erschossen worden. „Ich wollte, dass mehr Menschen mehr Namen sehen“, sagte Osaka über ihr gelungenes Vorhaben, sieben Masken nach sieben Matches zu tragen – die letzte nach dem Endspiel.
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Legendär schon jetzt ihre Antwort im Siegerinterview auf dem Platz. „Sie hatten sieben Masken mit sieben Namen dabei. Welche Botschaft wollten Sie damit zum Ausdruck bringen?“, wurde Osaka gefragt. Und entgegnete dem Reporter: „Nun, welche Botschaft ist denn bei Ihnen angekommen?“ Als sie 2018 in Indian Wells (USA) ihr erstes Turnier gewonnen hatte, antwortete sie auf die Frage, ob sie in Zukunft eine Aktivistin und erfolgreiche Tennisspielerin sein könne, mit einem simplen „Ja!“ Den Beweis hat sie spätestens bei diesen US Open geführt.