New York. Der Hamburger steht erstmals in einem Grand-Slam-Endspiel – und beendet damit eine lange Durststrecke im deutschen Tennis.
Trotz eines 0:2-Satzrückstandes im Halbfinale hat Tennisprofi Alexander Zverev zum ersten Mal in seiner Karriere das Endspiel eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Bei den US Open in New York gewann der 23 Jahre alte Hamburger ein packendes und anfangs bizarres Fünf-Satz-Match gegen Pablo Carreño Busta aus Spanien in 3:22 Stunden noch 3:6, 2:6, 6:3, 6:4, 6:3.
Im Finale am Sonntag (22.00 Uhr MESZ/Eurosport) trifft der Weltranglisten-Siebte in einer Neuauflage des diesjährigen Australian-Open-Halbfinals auf seinen guten Kumpel Dominic Thiem. Der 27 Jahre alte Österreicher entschied sein Halbfinale gegen den Russen Daniil Medwedew mit 6:2, 7:6 (9:7), 7:6 (7:5) für sich. In Melbourne hatte er zu Beginn des Jahres erstmals ein Grand-Slam-Halbfinale erreicht, vor der monatelangen Unterbrechung der Tour wegen der Coronavirus-Pandemie aber gegen Thiem verloren.
Zverev drehte erstmals überhaupt einen 0:2-Satzrückstand und zog als erster deutscher Tennisspieler seit Michael Stich 1994 in Flushing Meadows in das Finale ein. Er ist der jüngste Grand-Slam-Finalist seit Novak Djokovic vor zehn Jahren bei den US Open und der erste Deutsche im Endspiel bei einem der vier wichtigsten Turniere seit Rainer Schüttler vor 17 Jahren bei den Australian Open.
Zverev findet Balance zunächst nicht
"Ich konnte es nicht glauben, als ich 0:2 in Rückstand geriet, und das als Favorit. Ich wusste gar nicht, was los war, aber ich wusste, dass ich besseres Tennis spielen musste. Ich bin in meinem ersten Grand-Slam-Finale, das ist das Wichtigste", sagte Zverev. "Ich könnte nicht glücklicher sein, aber es ist noch ein Schritt zu gehen."
Dabei war er miserabel in die Partie gegen den Weltranglisten-27. gestartet. "Er hat die Balance nicht bei den Grundschlägen", lautete die zwischenzeitliche Analyse des dreimaligen Wimbledonsiegers Boris Becker im TV-Sender Eurosport. Zum 1:3 nahm der Weltranglisten-27. aus Gijón im ersten Satz Zverev das Aufschlagspiel ab.
Als nach 40 Minuten eine Rückhand des Deutschen im Netz landete, war Durchgang eins entschieden. Im zweiten Satz wurde es zunächst noch schlimmer: Gleich im ersten Spiel kassierte Zverev ein Break. Er kämpfte zwar, doch der frühere Top-Ten-Spieler Carreño Busta wusste auf alles die bessere Antwort und spielte grundsolide und unaufgeregt. Nach 85 Minuten lag Zverev 0:2 nach Sätzen hinten und schien schon so gut wie auf dem Weg zum Flughafen "John F. Kennedy".
Zverevs Verwandlung nach dem zweiten Satz
Auf dem Weg in sein erstes Grand-Slam-Endspiel war Carreño Busta an dem Skandal um den Weltranglistenersten Djokovic indirekt beteiligt. Im Achtelfinale hatte der Spanier dem serbischen Topspieler Probleme bereitet und ihm im ersten Satz den Aufschlag zum 6:5 abgenommen. Djokovic schlug dann den Ball ohne zu gucken nach hinten und traf dabei eine Linienrichterin, die zu Boden ging und Probleme mit der Atmung hatte. Djokovic wurde disqualifiziert, Carreño Busta kam ins Viertelfinale, in dem er den Kanadier Denis Shapovalov besiegte.
"Als ich 3:6, 2:6 hinten lag, habe ich mir gedacht, so kann ich ein Grand-Slam-Halbfinale nicht beenden", sagte Zverev. "Ich hatte keine Chance, ich habe schlecht gespielt." Nach dem verlorenen zweiten Satz verließ er den Platz - und kam regelrecht verwandelt wieder. Er wurde nun stärker, spielte präziser und leistete sich weniger Fehler.
Mit dem Satzgewinn zum 6:3 keimte wieder Hoffnung auf. Im vierten Durchgang wurde es dann kurzzeitig unschön, als Carreño Busta beim Stand von 3:5 aus seiner Sicht einen harten Ball direkt auf Zverevs Körper schlug. Der Spanier entschuldigte sich zwar sofort, doch Zverev blickte in einer Mischung aus Unverständnis und Unversöhnlichkeit über das Netz. "Na ja, es ist Teil des Spiels, aber er hatte das ganze Feld frei vor sich", sagte Zverev später. Mit einem Ass nutzte er seinen vierten Satzball zum 2:2-Ausgleich.
Siegemund siegt im Doppel
Vor dem fünften Durchgang musste sich Carreño Busta am Rücken behandeln lassen und nahm eine dreiminütige medizinische Auszeit. Zverev nutzte diese Schwächephase und ging mit einem Break sofort 1:0 in Führung. Den ersten Matchball ließ Zverev wenig später noch ungenutzt, dann landete eine Rückhand des Spaniers im Netz.
Wenige Stunden zuvor hatte sich die deutsche Fedcup-Spielerin Laura Siegemund den Titel im Doppel gesichert. Die 32-Jährige aus Metzingen setzte sich mit ihrer russischen Partnerin Vera Swonarewa gegen Nicole Melichar/Xu Yifan aus den USA und China mit 6:4, 6:4 durch. Es ist der erste Titelgewinn einer Deutschen im Doppel von Flushing Meadows seit Claudia Kohde-Kilsch, die 1985 gemeinsam mit Helena Sukova aus der damaligen Tschechoslowakei den Titel holte.