Hamburg. Mehr Farbe, bessere Orientierung, größerer Komfort: Die Anlage an der Hallerstraße wird bis Mitte 2020 für zehn Millionen Euro modernisiert.

Der bange Blick nach oben legte sich nach kurzer Zeit. Langsam zogen die Motoren das neue mobile Dach des Tennisstadions am Rothenbaum zusammen, nach acht Minuten hatte sich die 3000 Quadratmeter große weiße Plane zu einer Spindel über dem Court aufgetürmt und die Sicht auf den bedeckten Himmel über Hamburg freigegeben. Sportsenator Andy Grote, Unternehmer Alexander Otto, Carsten Lütten als Präsident des Clubs an der Alster und Ulrich Klaus, Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB), schauten sich zufrieden an. Die erste Phase der Umgestaltung der Anlage ist abgeschlossen. „Das Dach ist so schön, dass man sich fast schon Regen wünscht“, sagte Grote.

Der Austausch der inneren Mem­bran der mobilen Schutzhülle ist Bestandteil einer Gesamtsanierung des Areals, die Mitte Oktober 2018 von den vier Herren beschlossen wurde, vor zwei Monaten begann, nach der Beachvolleyball-Weltmeisterschaft (28. Juni bis 7. Juli) und den Hamburg European Open im Tennis (20. bis 28. Juli) im August fortgesetzt wird und im Mai 2020 beendet sein soll. „Nach Jahren des Stillstandes wird ein Traum wahr“, schwärmte DTB-Chef Klaus, der am Mittwoch in Paris vergeblich aufs Viertelfinale zwischen Alexander Zverev und Novak Djokovic wartete. Das Spiel fiel wegen Regens aus. Roland Garros erhält erst 2021 ein Dach.

Der erste Bauabschnitt am Rothenbaum, zu dem auch Arbeiten an den Bänken auf dem Nebenplatz M 1 gehörten, kostete rund 1,5 Millionen Euro. Davon wurden eine Million für das Dach und die Reparatur der dazugehörigen Technik ausgegeben.

Alexander Otto spendet acht Millionen für den Umbau

Die Zukunft des Rothenbaums wird im Übrigen eine bunte sein. Das ist der Eindruck, der sich bei der Betrachtung der visualisierten Designplanung für die Umgestaltung der 30.000 Quadratmeter großen Anlage an der Hallerstraße aufdrängt. Das frische Farb- und Beleuchtungskonzept, mit dem die federführende Designerin Marlene Wetzel die Attribute „modern, jung, cool, international“ mit Leben erfüllen möchte, steht im Mittelpunkt der Veränderungsmaßnahmen, mit denen Sportmäzen Otto und seine ECE Projektmanagement GmbH die traditionsreiche Sportstätte im Herzen der Stadt in die Moderne führen wollen.

„Das frische Design wird die Attraktivität des Rothenbaums erheblich steigern. Gemeinsam machen wir das größte deutsche Tennisstadion jetzt fit für die Zukunft“, sagt Sportsenator Grote. Die Stadt leistet, wie auch der Club an der Alster als Eigentümer des Stadions und der am Rothenbaum ansässige Deutsche Tennis-Bund als Inhaber der Tennisturnierlizenz, einen Beitrag zur Renovierung, der bis zu einer Million Euro betragen könnte. Den Hauptanteil von rund acht der auf maximal zehn Millionen Euro veranschlagten Investitionssumme steuert Otto per privater Spende mit seiner Sportstiftung bei.

Außenmembran wird im Frühjahr erneuert

In diesem Sommer werden die Besucher der Beachvolleyball-WM und des Herrentennisturniers von den Veränderungen noch wenig merken. Der Austausch der inneren Membran des 1997 in Betrieb genommenen, fahrbaren Kunststoffdachs war als vordringlichste Renovierungsmaßnahme ausgemacht worden. Die ebenfalls verschmutzte Außenmem­bran wird nächstes Frühjahr erneuert. „Wir haben noch viel zu tun. Der Zeitplan bis Mai 2020 ist ambitioniert, aber es ist zu schaffen“, sagt die diplomierte Innenarchitektin Wetzel, die mit ECE-Projektsteuerer Thomas Perschel jeden Schritt begleitet und die „künstlerische Oberaufsicht“ führt. Das ist auch gut so, denn vor allem über frische Farbgebung in den Tönen Gelb, Grün, Blau und Rot, die vom optischen Erscheinungsbild der Australian Open in Melbourne beeinflusst ist, soll die graue Betonschüssel des Center-Courts, die in ihrer Bausub­stanz sicherlich noch 50 Jahre haltbar ist, ansprechender gestaltet werden.

Die Macher unterm neuen Dach (v.l.): Dr. Carsten Lütten (Club an der Alster), Sportsenator Andy Grote, Unternehmer und Mäzen Alexander Otto und DTB-Präsident Ulrich Klaus.
Die Macher unterm neuen Dach (v.l.): Dr. Carsten Lütten (Club an der Alster), Sportsenator Andy Grote, Unternehmer und Mäzen Alexander Otto und DTB-Präsident Ulrich Klaus. © WITTERS | TimGroothuis

Die erste Visitenkarte ist der Haupteingang an der Hallerstraße. Die als Terrorabwehr vorgeschriebenen Betonpoller, die den Kassenbereich absichern, werden von großen Blumenkübeln ersetzt. Das aktuell frei stehende Kassenhäuschen wird in ein Portal integriert, das zwei Kassenplätze bietet. Der Bodenbelag wird aufgehellt, die Beschilderung zweisprachig in Deutsch und Englisch gehalten, was auf dem ganzen Gelände durchgezogen werden soll.

Besonderes Augenmerk liegt auf der Eingangsplaza. Dieser Platz wurde von den Designern als zu wenig einladend wahrgenommen. Abhilfe sollen auch hier ein neuer Bodenbelag und die Erweiterung der Sitzmöglichkeiten schaffen. Die bestehenden Bäume werden eingefasst und mit Bänken umrahmt. „Damit wollen wir die Aufenthaltsqualität deutlich erhöhen“, sagt Wetzel.

Das neue Farbkonzept kommt maßgeblich innerhalb des Center-Courts zum Tragen. Die vier Tribünen erhalten jeweils eigene Farben zugewiesen, die sich sowohl in den Tribünenaufgängen als auch auf den Treppenstufen und auf den Sitzen wiederfinden. Damit soll Besuchern die Orientierung im Stadion vereinfacht werden. Aktuell sind sowohl die Beschriftungen als auch die Beschilderungen mangelhaft, weil kaum zu finden und kaum zu lesen.

Zahl der Sitzplätze wird reduziert

Um den Sitzkomfort zu erhöhen, werden die Schalensitze komplett ausgetauscht und durch ergonomisch moderne Bestuhlung ersetzt, die in Anthrazit und Hellgrau gehalten ist. Einzelne Sitze in der jeweiligen Tribünenfarbe erzeugen eine sogenannte Pixeloptik, die bei einem nicht voll besetzten Stadion den Effekt hat, dass die leeren Reihen nicht sofort auffallen. Das Fassungsvermögen wird von 13.200 auf 10.000 Plätze reduziert. Der frei werdende Raum wird genutzt, um die Sitzreihen luftiger zu gestalten und im Bereich der VIP- und Business-Plätze breitere Sitze einbauen zu können. Die Zahl der Sonderplätze für Menschen mit Behinderung wird zudem verdoppelt. Die beiden fest installierten Anzeigetafeln werden durch mobile Geräte ersetzt, die für die Events in jeweils benötigter Zahl zugebucht werden.

Eine Veränderung, die für Diskussionen unter den treuen Fans sorgen dürfte, wird es im Umlauf des Stadions geben. Der „Walk of Fame“, in dem unterhalb der Südtribüne die vom Bergedorfer Künstler Thilo Leppin gezeichneten Köpfe der Turniersieger präsentiert wurden, wird in eine Art interaktives Museum umgestaltet und in „Walk of Champions“ umbenannt. Mittels QR-Codes an den Wänden können die Besucher über ihr Smartphone umfangreiche Informationen über die porträtierten Spieler abrufen. Die Zeichnungen in ihrer Ursprungsform werden nicht mehr gezeigt, können aber ebenfalls digital abgerufen werden. Zudem sollen sie in Dauerschleife über einen zentral installierten Bildschirm flimmern.

Der öffentliche Sanitärbereich wird komplett erneuert

Der dunkle und wenig einladende Tunnel soll mit moderner Lichttechnik optimal ausgeleuchtet werden. Dass dabei LED-Technik eingesetzt wird, sei selbstverständlich, sagt Wetzel. „Wir achten bei allen Materialien auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit.“ Das gelte auch für die Umrüstung aller Sanitärbereiche. Für das Publikum sichtbar werden die vier öffentlichen Toilettenräume sein, die mit norddeutschen Sprüchen und in roter Farbgebung als Reminiszenz an die Stadt Hamburg gestaltet werden.

Für die Spieler wichtiger ist der komplette Neubau des Umkleidetrakts, der zwei getrennte Bereiche vorsieht, um für den von den neuen Turnierdirektoren erwünschten Erwerb einer Damen­lizenz für 2020 gewappnet zu sein. Eine geschlechtsspezifische Trennung ist nicht zwingend, es können auch beide Bereiche von nur einem Geschlecht genutzt werden. Auch die Players Lounge wird renoviert, das Farbkonzept und die Beschriftung soll auch in den nicht-öffentlichen Bereichen durchgehalten werden, um ein einheitliches Erscheinungsbild auf der Anlage zu garantieren.

„Das Designkonzept lässt große Vorfreude auf die weiteren Maßnahmen aufkommen. Wir alle können uns auf ein für Spieler und Zuschauer modernes und attraktives Stadion freuen“, sagt DTB-Präsident Klaus. Bleibt also nur auf ein ebenso attraktives Teilnehmerfeld zu hoffen, um den Rothenbaum tatsächlich in neuem Glanz erstrahlen zu sehen.