Gewichtheber Matthias Steiner hat bei seinem schweren Unfall im olympischen Finale der Superschwergewichtler am Dienstagabend keine Verletzungen an der Wirbelsäule erlitten.
London. Inge Steiner hat um das Leben ihres Mannes Matthias gebangt. „Für Außenstehende ist das vielleicht so nicht erkennbar, aber es war ganz eng. Das hätte auch anders ausgehen können“, sagte die TV-Moderatorin nach dem Unfall im olympischen Gewichtheben der Nachrichtenagentur dapd. „Wenn 196 Kilo in den Nacken gehen, hätte das ein normaler Mensch nicht überlebt.“
Matthias Steiner war vor vier Jahren in Peking, wenige Monate nach dem Unfalltod seiner ersten Frau Susann, Olympiasieger geworden und wollte in London erneut eine Medaille gewinnen. Beim zweiten Versuch im Reißen machte der gebürtige Österreicher einen technischen Fehler und die 196 Kilogramm schwere Hantel fiel ihm auf den Nacken und die Schulter. Steiner konnte die Bühne alleine verlassen, wurde am Mittwoch aber nochmals in der Klinik untersucht.
Während der Nacht im olympischen Dorf hatte Steiner kaum ein Auge zugemacht. Nach dem Unfall am Dienstagabend im Wettkampf der superschweren Gewichtheber auf Nacken und Schulter gestürzt war, plagen ihn Schmerzen. Dennoch gab es eine positive Nachricht. „Die Ärzte haben nichts Akutes gefunden. Er hat keinerlei Ausfälle“, sagte Bundestrainer Frank Mantek am Mittwoch. „Aber er hat Schmerzen, ihm tut alles weh.“
Weil am späten Abend nicht alle Untersuchungen in der Londoner Poliklinik vorgenommen werden konnten, musste Steiner am Mittwochvormittag erneut ins Krankenhaus. Mantek war erleichtert, dass schwerwiegende Folgen ausgeschlossen werden konnten. „Zuerst musste man ja das Schlimmste befürchten“, meinte der Männer-Bundestrainer und Sportdirektor des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber (BVDG) und ergänzte: „So was passiert in unserer Sportart leider. Das kann man nicht ausschließen. Es gab auch schon schlimmere Ausgänge.“
Der Schreck war in der deutschen Gewichtheberszene auch noch am Tag darauf allgegenwärtig. „Das war heftig“, meinte Steiners Nationalmannschaftskollege Jürgen Spieß, der den Unfall als Zuschauer in der ExCeL-Arena verfolgt hatte. Auch BVDG-Präsident Claus Umbach war erschüttert: „Es hätte wirklich schlimm ausgehen können.“ Umbach glaubt, manch anderer Athlet wäre gar nicht in die Lage gekommen. „Das ist Matthias. Er ist ein Beißer, gibt kein Kilo verloren. Er hätte die Hantel schon früher fallen lassen können ohne Folgen. Aber er wollte das Gewicht unbedingt halten.“
Dass Steiner aufgrund des Unfalls und seiner fast 30 Jahre die Hantel für immer beiseite rollen könnte, glaubt Umbach nicht. „Er kann mit Sicherheit weitermachen. Ob er aber noch einmal einen vierjährigen Zyklus bis Olympia 2016 mitmacht, das weiß ich nicht.“ Der Olympiasieger von Peking will sich vermutlich nicht mit einem Unfall verabschieden, dessen Bilder durch alle Zeitungen gingen und über alle TV-Kanäle flimmerte. EM und WM im nächsten Jahr sind noch ein Thema.
Auch Bundestrainer Mantek denkt nicht an Rücktritt: „Die Frage stellt sich jetzt nicht. Wir haben nie über ein Karriereende gesprochen. Wir haben immer nur über Olympia diskutiert.“ Steiner selbst hatte wenige Tage vor seinem Wettkampf einen Rücktritt ausgeschlossen. „Ich fühle mich nicht so alt, dass ich jetzt aufhören muss“, teilte der gebürtige Österreicher mit.
Das deutsche Gewichtheben braucht auch weiterhin eine Zugnummer. Ohne Steiner gibt es derzeit keine Medaillen. Die deutschen Frauen Julia Rohde und Christine Ulrich haben in London zwar fünf deutsche Rekorde aufgestellt, am Ende reichte es aber nur zu den Plätzen elf und 13. Jürgen Spieß kam verletzungsbedingt auf Platz neun, Almir Velagic wurde mit neuer Bestleistung Achter. „Die Dichte in der Spitze ist deutlich höher geworden. Machst du fünf Kilo weniger, fällst du gleich fünf Plätze nach unten“, stellte Umbach bestürzt fest.
Mit Material von sid, dapd und dpa