Hamburg. Der Veranstalter hat sein Organisations- und Hygienekonzept für den Lauf am 13. September vorgelegt. 13.000 Teilnehmer erwartet.
Die riesige Messehalle A4 am Fernsehturm gibt einen Eindruck davon, wie Massensport selbst in Zeiten wie diesen funktionieren kann: mit viel, viel Luft nach oben und dem nötigen Abstand am Boden untereinander. Frank Thaleiser, Geschäftsführer der Marathon Hamburg Veranstaltungs GmbH, hatte diesen Ort gewählt, um das ausgeklügelte Organisations- und Hygienekonzept des 35. Haspa-Marathons vorzustellen. Die 42,195 Kilometer sollen am 13. September entlang von Elbe und Alster auf der gewohnten Strecke in Hamburg gelaufen werden – wenn die Infektionslage dies in drei Monaten zulässt. Bleibt es bei der gegenwärtigen Entwicklung und den fallenden Fallzahlen, steht dem Startschuss nichts im Wege.
„Wir brauchen Veranstaltungen. Es muss wieder losgehen!“, sagte Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress GmbH. Die Messe, seit 2013 Partner des Marathons, stellt deshalb acht Hallen (früher drei), fast ihr gesamtes, 60.000 Quadratmeter großes Gelände zur Verfügung – ohne Aufpreis. Für den Halbmarathon kann das nördliche Areal des benachbarten Heiligengeistfeldes als Versammlungsort genutzt werden. „Ohne diese zusätzlichen räumlichen Möglichkeiten, ohne diese großzügige Infrastruktur hätten wir das Rennen absagen müssen“, betonte Thaleiser.
Verlängerung des Startfensters auf 100 Minuten
Kernpunkt des 40-seitigen Konzeptes ist die Verlängerung des Startfensters auf 100 Minuten. Zwischen 9.30 Uhr und 11.10 Uhr sollen in Abständen von elf Minuten jeweils 1000 Läuferinnen und Läufer nach und nach auf die Strecke gehen, pro Minute maximal 92. Sie werden von Helfern in Zweierreihen zur Start- und Ziellinie auf die Karolinenstraße geführt. Nach Berechnungen von Marcel Altenburg, Dozent für Massenbewegungen an der Manchester Metropolitan University, kann damit unter Einbeziehung der unterschiedlichen Straßenbreiten der Mindestabstand von 1,5 Metern auf den gesamten 42,195 Kilometern problemlos eingehalten werden.
Ein Massenstart wie in den Vorjahren wird es nicht geben, „vermutlich auch nicht nächstes Jahr, falls bis dahin kein Impfstoff gefunden wurde“, sagte Thaleiser. Auf dem Messegelände herrscht vor und nach dem Lauf Maskenpflicht. Die Veranstalter bieten zudem allen Teilnehmern einen schlauchartigen Mund-Nasen-Schutz samt eines Aktivkohlefilters an, der während des Rennens auf den Hals gezogen werden kann. Die Startunterlagen können schon von Mittwoch an abgeholt werden.
Das Konzept liegt dem Sportamt seit vergangenem Donnerstag vor. Sportstaatsrat Christoph Holstein fand es nach erster Inaugenscheinnahme „überzeugend“. Eine Genehmigung steht noch aus, Sportsenator Andy Grote hatte jedoch stets betont, die im Frühjahr ausgefallenen Sportveranstaltungen noch in diesem Spätsommer nachholen zu wollen. „Wir brauchen bis Mitte August eine Entscheidung“, sagte Thaleiser.
Haspa-Marathon vielleicht weltweit eine der ersten sportlichen Massenveranstaltungen
Der Haspa-Marathon könnte nach dem Lockdown weltweit eine der ersten sportlichen Massenveranstaltungen werden. Hamburg nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein. Schon am Wochenende zuvor sollen in der Innenstadt Triathlon (5. September) und Ironman (6. September) stattfinden. Mit rund 13.000 Teilnehmern überträfe der Marathon aber die Zahl der Starter bei den beiden Dreikämpfen bei Weitem.
Bisher haben 9000 Läuferinnen und Läufer für die gesamte Strecke gemeldet, maximal 10.000 wären möglich, 3300 (maximal 4000) für die halbe (21,1 km). Neben etwa 4000 Absagen gab es für beide Distanzen jeweils 700 Neuanmeldungen. Die Marathon-Staffel (6500 Starter) wird gestrichen, auch der Schülerlauf „Das Zehntel“ (10.000 Starter) am Vortag, überhaupt jegliches Rahmenprogramm. 960 potenzielle Teilnehmer müssten sich nach ihrer Ankunft in Hamburg, Stand heute, für 14 Tage in Quarantäne begeben, weil sie aus Ländern wie den USA, Brasilien, Russland oder Großbritannien kommen, in denen das Infektionsgeschehen aktuell nicht unter Kontrolle ist. „Ob sie unter diesen Bedingungen bei uns laufen wollen, müssen wir abwarten“, sagte Thaleiser. Wer weder im September noch im nächsten Jahr in Hamburg antreten will, erhält sein Startgeld erstattet. Absagen sind bis zum 12. September möglich.
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Auch ein Elitefeld soll in Hamburg um Prämien rennen, obwohl die für den Hauptpreis von 20.000 Euro prädestinierten Kenianer und Äthiopier im Augenblick nicht ausreisen dürfen. Sollte sich das ändern, könnten sie bei der Agentur Global Sports im niederländischen Nijmegen in Quarantäne gehen. Deren Manager Jurrie van der Velden, der das Profifeld in Hamburg seit sieben Jahren zusammenstellt, hat diese Möglichkeit angeboten.
Phillip Pflieger, der Ende vergangenen Jahres aus Regensburg ins Laufteam Haspa Marathon wechselte, rechnet dagegen fest mit seinem Start. „Ich finde das Konzept mutig, als Sportler aber auch super. Und es ist wichtig, weil dieses Event ja weit über Hamburg Leuchtturmcharakter hat“, sagte der 32-Jährige, der ursprünglich am 19. April in Hamburg seine Olympianorm für Tokio laufen wollte. Der Weltverband hat inzwischen alle Qualifikationsrennen für die Sommerspiele im nächsten Jahr bis zum 1. Dezember ausgesetzt. Für Pflieger bietet sich erst am 6. Dezember in Valencia (Spanien) die Chance, die Richtzeit von 2:11:30 Stunden zu unterbieten. „Hamburg wäre eine gute Vorbereitung“, sagte er. „Noch wichtiger aber ist es, dass wir wieder ein Ziel haben, auf das wir hin trainieren können. Es macht nur begrenzt Spaß, regelmäßig mehr als 100 Kilometer in der Woche zu laufen, und du weißt am Ende nicht, wofür.“
Die Hygieneauflagen haben ihren Preis
Ein Marathon unter einschränkenden Bedingungen hat seinen Preis. Hygieneauflagen (100.000 Euro), Wegfall der Staffeln (150.000 Euro), Ausfall der Marathon-Messe (200.000 Euro) und 4000 weniger Teilnehmer (300.000 Euro) summieren sich auf 750.000 Euro fehlende Einnahmen und zusätzliche Ausgaben. Die meisten Sponsoren stehen aber weiter zu ihren Zusagen.
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden