Hamburg. Der Jahresbericht „Lage der Liga“ über Frauen und Diversität in den Führungsgremien der Fußballclubs weist deutliche Ergebnisse auf.

Auf 25 fein säuberlichen DIN-A4-Seiten bekommt man schon einiges unter. „Lage der Liga“, steht auf dem Deckblatt gelb auf grüner Rasenoptik geschrieben – und verrät da noch nicht, welche Überraschungen der nigelnagelneue FCM-Jahresbericht 2024 tatsächlich bereithält.

So hat die gemeinnützige Organisation „Fußball kann mehr“ mit Sitz in Hamburg in einer ausführlichen Studie untersucht, inwiefern Frauen und Diversität in den Führungsgremien der Bundesliga und der 2. Liga unterrepräsentiert sind. Das Kurzfazit in nur einem Wort: extrem.

St. Pauli ist Spitzenreiter in Sachen Diversität

32 der 36 Proficlubs haben sich an der Befragung für die Saison 2023/24 beteiligt – und lediglich sechs der 84 abgefragten Positionen in den Führungsgremien der Clubs sind durch Frauen besetzt. 28 Proficlubs haben überhaupt keine Frau im Topmanagement.

„Der Fußball bildet in seinem Top-Personal eine Monokultur und schöpft dadurch seine Wirkungskraft nicht aus“, kritisiert die Hamburgerin Katja Kraus, die Beiratsvorsitzende von „Fußball kann mehr“ (FKM). „Fußball bewegt die Menschen, doch er bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück, solange er die gesellschaftliche Vielfalt nicht auch in den Führungsgremien widerspiegelt.“

Katja Kraus war Vorstand beim HSV

Kraus weiß, wovon sie spricht, schließlich war die frühere Torhüterin als HSV-Marketingvorstand selbst jahrelang als eine der ersten und wenigen Frauen im Top-Management eines Proficlubs vertreten. Doch ausgerechnet ihr Ex-Club HSV konnte in der Untersuchung überhaupt nicht überzeugen.

Der HSV hat keine Frau im Vorstand, nur eine von sechs Positionen im Aufsichtsrat durch eine Frau (Lena Schrum) und auch nur zwei von 15 Positionen in der Führungsebene unmittelbar unter dem Topmanagement durch Direktorinnen oder Bereichsleiterinnen besetzt.

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„Mit Frauen im Topmanagement verbessert sich das Risikomanagement, steigt die Leistungsfähigkeit und erhöht sich die Innovationskraft“, sagt die frühere HSV-Vorstandsfrau Kraus, die ausgerechnet Stadtrivalen FC St. Pauli Bestnoten ausstellen muss.

Der Anteil von Frauen im Topmanagement beim Kiezclub liegt bei 42,9 Prozent, kein Fußballclub hat mehr Entscheiderinnen. Im siebenköpfigen Kontrollgremium sind mit vier Frauen sogar mehr Aufsichtsrätinnen als männliche Kontrolleure vertreten – auch das schafft sonst kein Proficlub. Und in der Ebene unter dem Topmanagement sind es immerhin noch drei von 15, was allerdings ausbaufähig ist.

Präsident Göttlich ist stolz auf den FC St. Pauli

Trotzdem ist St. Paulis Präsident Oke Göttlich stolz auf die Ergebnisse. „Der FC St. Pauli freut sich, wegweisend in dieser ersten Datenerhebung präsent zu sein, die den Gang zu mehr Diversität im professionellen Fußball weist“, sagt er. „Zusätzlich gilt es, faire Wettbewerbe zu strukturieren, die den Sport in den Vordergrund rücken und abseits der ausgetretenen, privilegierten Investorenpfade wandeln.“

Strukturell ist St. Pauli also bereits Maßstab – nun muss nur noch auch die Herrenmannschaft in der Liga nachziehen. Auf dem Rasen, dem echten Grün.