Abendblatt-Kolumnist Felix Magath schreibt über seine Gespräche mit dem Welttorhüter und das Achtelfinale der DFB-Elf gegen Dänemark.

Gestatten Sie mir einen Ausflug in die Vergangenheit. 1987, ich war seit dem Ende meiner Spielerkarriere 1986 als Manager beim HSV aktiv, brauchten wir kurzfristig einen neuen Torwart, weil Uli Stein während des Supercup-Spiels gegen Dortmund seine Hand nicht nur zum Wegfausten des Balles eingesetzt hatte.

Unser neuer Trainer Josip Skoblar empfahl mir dringend, Mladen Pralija zu verpflichten. Ich habe noch sein Versprechen im Ohr: „Mit ihm können wir um die Deutsche Meisterschaft mitspielen.“ Ich flog nach Madrid, wo er sich gerade aufhielt, und nahm die Verhandlungen auf. Zurück in Hamburg setzte ich mich aber am gleichen Tag ins Flugzeug Richtung Kopenhagen, um eine weitere ernsthafte Option zu prüfen: Peter Schmeichel, damals 23 Jahre jung.

Statt zum HSV wechselte Peter Schmeichel zu Manchester United

Die Gespräch verliefen sehr positiv, wir wurden uns einig über einen Wechsel. So kehrte ich hoffnungsfroh nach Hamburg zurück, um dann aber vom damaligen Präsidium zu hören, dass dieser Transfer nicht möglich sei, weil das nötige Geld beim HSV nicht vorhanden sei.

Wie die Geschichte weiterging, ist bekannt: Pralija wurde in Hamburg nie glücklich und kam nur auf 14 Bundesligaspiele, während Peter Schmeichel zweimal zum Welttorhüter des Jahres gekürt wurde und eine glanzvolle Karriere hinlegte, ob bei Manchester United oder in der dänischen Fußball-Nationalmannschaft, gekrönt mit dem Gewinn des Europameisterschafts-Titels gegen Deutschland 1992. Beim 2:0-Sieg war Schmeichel mit seinen starken Paraden ein Garant für den damaligen Triumph.

Der frühere Weltklasse-Torwart von Manchester United, Peter Schmeichel, wäre fast beim HSV gelandet.
Der frühere Weltklasse-Torwart von Manchester United, Peter Schmeichel, wäre fast beim HSV gelandet. © IMAGO/Sportsphoto | IMAGO/Allstar Picture Library Ltd

Gegen Deutschland steht Kasper Schmeichel im Tor der Dänen

32 Jahre später kommt es nun am Sonnabend für Julian Nagelsmann im Achtelfinalspiel gegen die Dänen zum Wiedersehen mit Schmeichel, allerdings mit Kasper, dem 37 Jahre alten Sohn von Peter, der ebenfalls in England in der Premier League eine eindrucksvolle Karriere hingelegt hat. Mit seinen Vorderleuten, vor allem Jannik Vestergaard und Andreas Christensen, bildet Schmeichel eine gute Defensive. Unsere Topleute Florian Wirtz und Jamal Musiala werden zu ihrer Hochform auflaufen müssen, um sie zu überwinden.

Insgesamt präsentieren sich die Dänen als spielerische Mannschaft, besonders mit dem Techniker Christian Eriksen als Lenker im Mittelfeld, die jedoch wenig Drang zum Toreschießen entwickelte. Gespannt bin ich darauf, ob sich die Dänen zutrauen, ähnlich wie die Schweizer früh zu attackieren und ob sie versuchen, den Aktionsradius von Toni Kroos einzuengen, ihn so aus dem Spiel zu nehmen. Spieler wie Ilkay Gündogan oder Florian Wirtz könnten jedoch einspringen und offensive Akzente setzen. Ich vermute auch, dass Niclas Füllkrug in „seinem“ Stadion erstmals die Chance von Beginn an erhält und neben Nico Schlotterbeck ein weiterer Dortmunder Profi auf dem Platz steht.

Magath: Weg bis ins Endspiel wird „eine Herausforderung“

Die Partie wird kein Selbstläufer, dennoch ist die deutsche Mannschaft klarer Favorit, so selbstbewusst müssen wir sein. Und, um einen Blick voraus zu werden: Der Weg ins Finale wird für die DFB-Auswahl nach dem Abschluss der Gruppenphase zur Herausforderung. Nach einem möglichen Viertelfinale gegen Spanien könnte es im Halbfinale zum Duell gegen Frankreich, die nur Platz zwei belegten, oder Portugal kommen. Alles Turnierfavoriten, immer noch. Gegen stärkere Gegner zu spielen, muss allerdings nicht zwangsläufig ein Problem sein, vorausgesetzt, es schleicht sich keine Angst ein.

Mit den Entscheidungsspielen in der K.o.-Phase fängt im Grunde ein neues Turnier an. Dabei dürfte sich ein Trend verstärken, der auch in den letzten Gruppenspielen zu beobachten war: Mit dem Ansteigen des Drucks steht immer mehr der Faktor Vorsicht im Vordergrund. Weniger Tore, weniger Spektakel als anfangs, den Fokus aufs Verteidigen zu legen, das erwarte ich.

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Überhaupt war zu beobachten, dass viele Nationalmannschaften in der Defensive mit fünf Spielern in der letzten Reihe verteidigen. Das macht es gerade auch für ältere Offensivspieler, denen eine gewisse Dynamik fehlt, nicht einfacher, bei engen Räumen zum erfolgreichen Torabschluss zu kommen.

Felix Magath glaubt bei EM weiterhin an Portugal

Ich erwähnte in der letzten Kolumne, dass die Portugiesen für mich der Titelanwärter sind, dabei bleibe ich auch. Ein Schlüssel zum Erfolg wird aber sein, Cristiano Ronaldo ähnlich frei spielen zu lassen wie Argentinies Lionel Messi beim WM-Gewinn und nicht der Verpflichtung zu erliegen, ihn ständig anspielen zu müssen. Was die Franzosen betrifft, so war für mich der Aufwand, den sie bisher betrieben haben, zu dünn, zu behäbig, mit zu wenig Tempo. Und mit Tempo meine ich nicht, dass Kylian Mbappé an einem Gegner vorbeiläuft, sondern das Spieltempo. Diese ist ein, wenn nicht das Kriterium für maximalen Erfolg im modernen Fußball.

Auch aus diesem Grunde wird es wohl auch mit einem Europameister Dänemark nichts werden. Obwohl, bei der Familie Schmeichel sollte man nie etwas ausschließen...