Hamburg. Moritz Heyer spricht vor dem Spiel gegen seinen Jugendclub VfL Osnabrück über seinen ersten Bolzplatz und Anrufe des Vaters.

17 Minuten braucht man mit dem Auto von Ostercappeln bis nach Osnabrück. Moritz Heyer ist diese Strecke als Jugendlicher fast täglich gefahren. Genauer gesagt seine Eltern haben ihn gefahren, um ihn zum Training des VfL Osnabrück zu bringen. Der Mittelfeldspieler, der am Tag vor dem ersten Saisonspiel von der Bremer Brücke zum HSV kam, ist ein echtes VfL-Eigengewächs. Vor dem Spiel gegen Osnabrück am Montag sprach er mit dem Abendblatt am Telefon über seine Heimat, seine Familie und die besondere Beziehung zum HSV-Trainer Daniel Thioune.

Hamburger Abendblatt: Herr Heyer, wie geht es Ihrem Handy in dieser Woche?

Moritz Heyer: Es ist deutlich aktiver. Natürlich gab es schon ein paar Nachrichten von ehemaligen Mitspielern, Freunden und meiner Familie. Meine Oma hat mir auch schon geschrieben, das tut sie aber regelmäßig.

Wie Heyer zum HSV gewechselt ist

Haben Sie eigentlich in der vergangenen Woche nach dem Regensburg-Spiel mit Ihrem Vater telefoniert?

Heyer: Wir sprechen eigentlich immer über die Spiele. Warum fragen Sie?

Ich frage deshalb, weil Sie mal gesagt haben, dass Ihr Vater Ihr härtester Kritiker sei und Ihnen nach guten Spielen eher wenig zu sagen hat. Gegen Regensburg waren Sie sehr gut.

Heyer: Jetzt wo Sie es sagen, fällt mir auch auf, dass wir nicht viel über Fußball gesprochen haben. Offenbar war ich nicht so schlecht (lacht). Aber es stimmt, dass er mir oft Rückmeldung gibt zu einzelnen Szenen. Ich nehme mir seinen Rat sehr zu Herzen.

Im September haben Sie auch mit ihm telefoniert, als Sie noch bei Osnabrück gespielt haben und das Angebot vom HSV kam. Was hat er Ihnen geraten?

Heyer: Er hat mir gesagt, dass ich so eine Chance vielleicht nicht noch einmal bekomme und er es an meiner Stelle machen würde. Das hat mich in meiner Entscheidung gestärkt, wobei für mich schon klar war, dass ich es machen will. Und das wusste er auch.

Das erste Gerücht über einen Wechsel gab es schon im Sommer. Können Sie die Geschichte noch einmal aufklären?

Heyer: Ich war in Hamburg, um eine Prüfung für mein Studium zu schreiben. Danach habe ich kurz einen Kumpel an der Alster getroffen und habe ein Foto gepostet. Dadurch kam das Gerücht zustande.

Wie HSV-Allrounder Heyer nebenbei studiert

Sie machen ein Fernstudium in Sportbusiness Management an der IST-Hochschule. Genau wie Ihr Mitspieler Jan Gyamerah. Sind Sie sich in den Vorlesungen schon mal begegnet?

Heyer: Bis jetzt noch nicht. Aber Ende Januar haben wir zusammen einen Klausurtermin. Bei mir geht es um Wirtschaftsrecht.

Haben Sie überhaupt Zeit für das Studium? Mit dem HSV geht es ja Schlag auf Schlag.

Heyer: Das stimmt, aber wir haben ja maximal zwei Trainingseinheiten am Tag. Da bleibt schon noch Zeit. Man muss sehr eigenständig sein. Ich muss mir zu Hause die Online-Vorlesungen anschauen und mir den Stoff selbst beibringen. Drei Semester habe ich noch vor mir.

Sie mussten beim HSV einen Blitzstart hinlegen. Konnten Sie das alles schon reflektieren? Zum Beispiel zu Weihnachten?

Heyer: Dafür waren die Weihnachtstage tatsächlich gut. Ich konnte zu Hause mit meinen Eltern in Ruhe darüber reden, was sich in dem Jahr alles abgespielt hat. Es ging vieles sehr schnell.

Sie sind in Bramsche in der Nähe von Osnabrück aufgewachsen. Ihr Vater war selbst Spielertrainer bei Hesepe/Sögeln. Das klingt nach einer ausgeprägten Fußball-Kindheit.

Heyer: Bei mir gab es nur Fußball. Mein Vater musste oft darunter leiden, dass ich nach seiner Arbeit immer noch auf den Bolzplatz wollte. Aber er hat es gerne gemacht. Wir haben uns Tore aus Schuhen oder Wasserflaschen gebaut. Später kamen immer mehr Nachbarn dazu. Heute stehen dort sogar richtige Tore.

Waren Sie als Kind schon Fan vom VfL?

Heyer: Das war ich. Der VfL war der große Verein in der Nähe. Mein Vater war zwar kein Fan, aber wir sind ab und an zusammen ins Stadion gegangen.

Was bedeutet Ihnen Osnabrück heute?

Heyer: Viel. Ich bin dem Verein sehr dankbar, dass er mir die Chance gegeben hat, meine ersten Zweitligaspiele zu machen. Beim VfL habe ich viele Jahre meiner Jugend verbracht und bin dort später über Umwege in den Profibereich gekommen. Ich schaue auf eine sehr schöne Zeit zurück.

HSV: Heyer – Das zeichnet Daniel Thioune aus

Sie sind im Alter von 13 vom TSV Wallenhorst nach Osnabrück gewechselt. Wer war denn Ihr Entdecker?

Heyer: Das war Alexander Ukrow. Er war damals Jugendtrainer und hat später den Nachwuchs geleitet und auch unter Daniel Thioune als Co-Trainer gearbeitet.

Daniel Thioune war schon zu Ihrer Jugendzeit im VfL-Nachwuchs als Trainer tätig. Wann gab es die ersten Berührungspunkte?

Heyer: In meiner Jugend hatten wir direkt wenig miteinander zu tun, sind uns aber natürlich häufiger begegnet. Persönlich kennengelernt haben wir uns erst, als er mein Profitrainer wurde.

Erinnern Sie sich noch an seinen Anruf im Sommer? Was hat er Ihnen gesagt?

Heyer: Das Gespräch ging recht schnell. Er hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, zum HSV zu kommen. Ich habe Ja gesagt. Er musste mich nicht groß überzeugen, weil ich weiß, was ihn und Merlin Polzin auszeichnet.

Was meinen Sie genau?

Heyer: Die hohe taktische Flexibilität. Der Trainer achtet auf viele Kleinigkeiten und macht jeden Spieler besser. Was er uns zusammen mit dem Trainerteam mitgibt, ist sehr komplett. Welchen Fuß man anspielt, welche Stellung man zum Ball hat. Das habe ich in der Form auch noch nicht gesehen, bringt uns aber weiter und ist im heutigen Fußball sehr wichtig.

Hätten Sie gedacht, dass Osnabrück nach Thiounes Abgang unter Marco Grote wieder so eine gute Rolle spielt?

Heyer: Überrascht hat es mich nicht. Es sind gute Spieler dazugekommen. Die Qualität des Kaders hat sich gesteigert, ich habe dort ja noch die ersten Wochen mittrainiert. Wenn es möglich ist, schaue ich mir noch alle Spiele im Fernsehen an. Ich freue mich, die Jungs am Montag wiederzusehen.

HSV: Heyer will gegen Ex-Club Osnabrück jubeln

Beim bislang letzten Spiel zwischen dem HSV und Osnabrück haben Sie im Juni das Tor zum 1:1 gemacht und dem HSV die Chance geraubt, aus eigener Kraft aufzusteigen. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass Sie vielleicht nicht hier wären, wenn Sie gegen den HSV nicht getroffen hätten?

Heyer: Nein. Für Osnabrück war es damals ein sehr wichtiges Spiel und ein sehr wichtiger Punkt. Ich erinnere mich noch gut an mein Tor. Ich hatte den Ball gar nicht richtig getroffen, war aber sehr glücklich, dass er reingegangen ist.

Könnten Sie über ein Tor gegen Osnabrück am Montag genauso jubeln?

Heyer: Ein Jubelverbot gibt es für mich jedenfalls nicht.