Hamburg/Gelsenkirchen. Der eine (126 Zweitligaminuten) soll den anderen (142 Zweitligatore) beim Auftakt des HSV gegen Schalke stoppen. Kann das gut gehen?

Fast auf den Tag einen Monat ist es bereits her, dass Simon Terodde den Zwölf-Uhr-Gong gar nicht abwarten konnte. Pünktlich zur Mittagsstunde wurde am 25. Juni der Spielplan veröffentlicht – und der Neu-Schalker hatte vor allem zwei Fragen, die seiner Meinung nach auf die gleiche Antwort hinauslaufen würden: Wann spielt er mit Schalke gegen seinen Ex-Club HSV? Und wann wird er dementsprechend seinen Kumpel Toni Leistner auf dem Platz begegnen?

Frage Nummer eins war schnell beantwortet: So hatte es sich die DFL nicht nehmen lassen, das Spiel der Spiele dieser Zweitligasaison direkt auf den ersten Spieltag zu legen. Anpfiff des wahrscheinlich am meisten verfolgten Zweitliga-Auftakts der Geschichte ist an diesem Freitag um 20.30 Uhr. Doch Teroddes Frage Nummer zwei dürfte vorerst unbeantwortet bleiben. Denn statt gegen Kumpel Leistner wird der Sturm-Goliath an diesem Freitag auf David treffen – Jonas David.

Als Terodde und David beim HSV enttäuschten

„Es freut mich für Jonas, dass er sich in der Vorbereitung offenbar so gut präsentiert hat“, sagt Terodde dem Abendblatt – und gibt zu, selbst von der Entwicklung seines letztjährigen Kollegen überrascht zu sein. Auch in der vergangenen Saison standen die beiden Ex-Kollegen beim ersten Spiel der Saison gemeinsam auf dem Platz.

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 Im Pokal in Dresden erwischten beide einen rabenschwarzen Tag, der HSV verlor 1:4, und Jonas David sollte in den folgenden 33 Spielen kein einziges Mal mehr von Anfang an spielen. Trotzdem sagt Terodde: „Jonas war schon letztes Jahr sehr wichtig für unseren Kader, weil er ein absoluter Teamplayer war. Auch wenn er wenig gespielt hat, hatte er einen großen Wert für uns.“

David wollte den HSV eigentlich verlassen

Welchen Wert er auch auf dem Platz hat, will der 21-Jährige am Freitag endlich unter Beweis stellen. Dabei hat David selbst zunächst gar nicht damit gerechnet, in seiner dritten Profisaison endlich eine echte Chance beim HSV zu erhalten.

Sein Berater hatte nach einem Gespräch mit Sportdirektor Michael Mutzel bereits zu mehreren Interessenten Kontakt aufgenommen. Ein holländischer Erstligist, zwei deutsche Zweitligisten und ein Drittliga-Aufstiegskandidat hatten Interesse angemeldet – und auch David selbst wollte nach zwei enttäuschenden Jahren beim HSV woanders seine Chance nutzen. Doch das erste Gespräch mit Neu-Trainer Tim Walter änderte alles.

Normalerweise hoffen Spieler bei einem neuen Trainer auf eine neue Chance. Doch der neue Coach drehte den Spieß um und bat David um eine neue Chance. Er sei überzeugt von seinen Qualitäten und wolle acht bis zehn Wochen haben, um ihn davon zu überzeugen, dass er und der HSV doch noch zusammenpassen würden. David willigte ein – und sollte es nicht bereuen.

Grammozis sieht Terodde klar im Vorteil gegen David

Während er in der vergangenen Spielzeit unter Daniel Thioune lediglich in der B-Elf in der Gegnersimulation zum Zuge kam, ist der frühere U-20-Nationalspieler unter Walter bislang in der A-Elf gesetzt. „Das, was ich bislang von Jonas gesehen habe, gefällt mir sehr gut“, sagte der Coach. David hat keine einzige Einheit der Vorbereitung verpasst und wurde sogar durch eine Nominierung für den Mannschaftsrat belohnt.

„Jonas war immer sehr fleißig – auf und auch neben dem Platz“, lobt auch Terodde. „Er hat viel für seinen Körper getan. Er hat individuell im Kraftraum an sich gearbeitet. Er hat mittlerweile einen guten Körper als Innenverteidiger, hat eine gute Schnelligkeit, eine gute Zweikampfstärke.“

Ein verbaler Strauß Blumen, den Teroddes Trainer Dimitrios Grammozis so wohl nicht verteilt hätte. Der Schalker schaute sich am Sonnabend den letzten HSV-Härtetest gegen Basel (1:0) live im Volkspark an – und soll von Davids solidem Auftritt wenig überzeugt gewesen sein. Sein Urteil: Das könnte zu einem Festspiel für Terodde werden.

HSV und David wissen um Teroddes Stärken

David dürfte das wenig schmeichelhafte Grammozis-Urteil zu Ohren gekommen sein. Doch der Abiturient (Notendurchschnitt: 1,8) ist viel zu intelligent, um mit einem verbalen Konter zu antworten. Deswegen gibt es auch von David nur Lobhudeleien in Richtung von Gegenspieler Terodde: „Simon ist ein klasse Typ. Natürlich hatte ich das eine oder andere Duell im Training gegen ihn. Aber im Spiel ist das natürlich eine ganz andere Intensität. Bei Simon muss man höllisch aufpassen, wenn er in der Box ist.“

Doch obwohl das Duell David gegen Goliath eine vortreffliche Überschrift abgibt, will der Youngster nicht vom Duell Jonas gegen Simon sprechen. „Das ist eine Aufgabe, die man nicht als Einzelner lösen muss, sondern im Team. Die ganze Abwehr und das Mittelfeld davor werden Simon und die Schalker Offensive im Blick haben.“ Zugute würde ihm und seinen Kollegen kommen, dass die meisten sich noch bestens an Terodde erinnern können. „Da er vergangene Saison bei uns war, kennen wir natürlich auch ganz gut seine Stärken. Die wollen wir versuchen einzudämmen.“

Ein Blick auf die Zahlen spricht Bände. Der eine: 126 Zweitligaminuten. Der andere: 142 – Zweitligatore! Als der eine 2016 mit der HSV-B-Jugend spielte, durfte sich der andere bereits über seine erste Zweitliga-Torjägerkanone freuen. Die naheliegende Frage, ob dieses Duell aus Hamburger Sicht wirklich gut gehen kann, wird final erst am Freitagabend beantwortet. Hoffnung macht die Bibel. Denn wie dort die Geschichte zwischen David und Goliath ausgeht, dürfte allgemein bekannt sein.