Hamburg. Schalkes Trainer spricht über das Topspiel zwischen Schalke und dem HSV, Terodde und eine Rückkehr nach Hamburg.

Dimitrios Grammozis lässt sich entschuldigen. Das geplante Gespräch müsse um zwei Stunden verschoben werden. Der Trainer des FC Schalke 04 hat einen kurzfristigen Sponsorentermin. In der Nähe von Herne besuchte Grammozis einen historischen Ort des Ruhrgebiets. Um welchen Ort es sich handelt, darf er noch nicht verraten. Nur so viel: Es hat mit seiner Heimat zu tun.

Der 43-Jährige ist am Rande des Ruhrgebiets geboren und aufgewachsen, hat lange in Bochum gearbeitet. Als Trainer des FC Schalke lernt er seine Region nun aber noch einmal ganz neu kennen. „Die Region ist geprägt durch den Bergbau. Das macht die Intensität und die Werte des Vereins aus“, sagt Grammozis am Telefon. „Es hilft, das Schalke-Gefühl noch mehr zu verinnerlichen.“

Grammozis soll Schalke zum Aufstieg führen

Seit 141 Tagen ist Grammozis nun Chefcoach des Revierclubs. Er hat den Verein in die Zweite Liga begleitet, obwohl es kaum noch etwas zu retten gab. Nun lasten nach dem ersten Abstieg seit 33 Jahren die Hoffnungen einer ganzen Region auf seinen Schultern: Er soll Schalke zurück in die Bundesliga führen.

Und der Start hätte für ihn nicht spektakulärer beginnen können als mit dem Zweitligaauftakt gegen seinen Ex-Club HSV an diesem Freitag (20.30 Uhr/live auf Sat.1 und Sky). „Es sind absolute Traditionsmannschaften, die nach Bundesliga klingen und für die meisten Fans auch dort hingehören“, sagt Grammozis.

Der Wochenstart begann für den Trainer allerdings mit einer schlechten Nachricht. Sein Torwart Ralf Fährmann hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Das bestätigte ein PCR-Test am Dienstag. Um das Spiel am Freitag nicht zu gefährden, bezog die Mannschaft freiwillig ein Quarantäne-Hotel. Schalke teilte mit, dass der Auftakt gegen den HSV nicht in Gefahr sei – Stand jetzt.

Grammozis warnt vor Schalker Ansprüchen

Für Grammozis werden am Freitag Erinnerungen wach. Zwischen 1998 und 2000 war er als Spieler dabei, als der HSV und Schalke sich noch in der Bundesliga gegenüberstanden. Nun treffen sich die beiden Traditionsclubs, die zu seiner aktiven Zeit noch in der Champions League spielten, in der Zweiten Liga. „Die Strahlkraft kann man vergleichen, auch wenn die Vereine und die jeweilige Historie anders ist“, sagt der frühere Hamburger und heutige Gelsenkirchener Grammozis.

Vereint sind die beiden Clubs nun in dem Ziel, bald wieder erstklassig zu sein. Grammozis aber warnt: „Man darf nicht den Fehler machen und nur auf die Namen gucken. Wir haben einen großen Umbruch hinter uns und müssen erst zusammenwachsen. Uns ist aber auch klar, dass wir schnell funktionieren müssen.“

Grammozis hat positive HSV-Bilanz

Eine Situation, die der HSV nur zu gut kennt. Dreimal verspielten die Hamburger die Erstligarückkehr. Zweimal hatte der verpasste Aufstieg auch mit Grammozis zu tun. Der ehemalige Darmstadt-Trainer kennt seine Bilanz. „Ich weiß, dass ich als Trainer gegen den HSV noch ungeschlagen bin“, sagt Grammozis. Dreimal spielte er mit den Lilien gegen den HSV, dreimal blieb er unbesiegt. Vor allem ein Spiel ist unvergessen. „Das 3:2 vor zwei Jahren mit Darmstadt in Hamburg war der Wahnsinn, ein absolutes Highlight in meiner Trainerkarriere“, sagt Grammozis, der 2019 mit den Hessen ein 0:2 in ein 3:2 drehte.

Als Spieler des HSV gewann Dimitrios Grammozis im April 1999 im Schalker Parkstadion gegen Olaf Thon und Co. mit 4:1.
Als Spieler des HSV gewann Dimitrios Grammozis im April 1999 im Schalker Parkstadion gegen Olaf Thon und Co. mit 4:1. © WITTERS | UweSpeck

Es war erst sein drittes Spiel als Profitrainer überhaupt. Und ein Grund, warum er wenig später selbst beim HSV gehandelt wurde. Der damalige Sportvorstand Ralf Becker hätte Grammozis als Nachfolger von Hannes Wolf ausgewählt, wenn der grundsätzliche Weg mit einem jungen Trainer fortgesetzt worden wäre. Stattdessen entschied sich der HSV für den erfahrenen Dieter Hecking. Doch auch Heckings Aufstiegsmission misslang. Unter anderem deswegen, weil auch er gegen Grammozis und Darmstadt nicht gewann.

Grammozis schon mehrfach als HSV-Trainer im Gespräch

Und so war der Grieche im Sommer 2020 erneut beim HSV im Gespräch, diesmal als Hecking-Nachfolger. Wieder entschied sich der HSV gegen ihn – und für Daniel Thioune. Grammozis bekam die Gerüchte mit, konkrete Gespräche aber gab es keine. „Im Fußball wird immer viel spekuliert“, sagt Grammozis, der sich irgendwann auch vorstellen kann, wieder im Volkspark zu arbeiten. Aber eben erst irgendwann. „Ich weiß, was der HSV bedeutet. Es ist immer schön, wenn man nach Hamburg kommt. Aber ich bin total glücklich und stolz, Schalke-Trainer sein zu dürfen.“

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Beim HSV ist mittlerweile mit Tim Walter der nächste Trainer am Werk. Grammozis kennt den 45-Jährigen aus gemeinsamen Begegnungen mit Darmstadt gegen Kiel und Stuttgart. „Tim ist für mich ein sehr guter Trainer. Er lässt attraktiven Fußball spielen. Er trainiert mit dem HSV einen Club, der Ambitionen hat. Deswegen passt es gut zusammen.“

Grammozis kennt die Spielidee des neuen HSV-Trainers. Und erwartet einen Gegner, der auch in der neuen Saison oben mitspielt. „Wir wissen, dass der HSV wieder eine sehr gute Mannschaft hat, die zu den Favoriten in der Liga zählt. Es wird mit Sicherheit ein intensives und interessantes Spiel am Freitag.“

Grammozis’ Schalke vs. HSV: Unterschied Terodde?

Besonders freut sich Grammozis, dass der beste Rekordtorjäger der Zweiten Liga nicht mehr beim HSV, sondern seit diesem Sommer für Schalke spielt: Simon Terodde. „Simon weiß wie es ist, in großen Vereinen den Druck zu haben. Er ist ein absoluter Musterprofi“, sagt Grammozis, der Terodde zwischen 2014 und 2016 zwei Jahre beim VfL Bochum erlebt hat, als er selbst noch Nachwuchstrainer beim VfL war. „Simon hat sich in keiner Einheit rausgenommen. Er marschiert vorneweg. Das ist für mich ein Indiz, dass er Lust hat, hier etwas Großes zu erreichen. Deswegen sind wir froh, dass er bei uns gelandet ist.“

Nun soll Terodde dafür sorgen, dass Grammozis im vierten Spiel als Trainer gegen den HSV ungeschlagen bleibt.