Hamburg. HSV verpflichtet am Deadline Day das kroatische Abwehrtalent Vuskovic und den englischen Nachwuchsmann Doyle von Manchester City.
Natürlich war es nur eine Frage der Perspektive. Doch unter dem Strich konnte am Dienstagabend um 18 Uhr festgehalten werden: Der befürchtete oder erhoffte Trubel rund um das Athleticum des UKE blieb zunächst aus. Befürchtet werden musste ein organisiertes Chaos, nachdem am Vortag HSV-Fans über soziale Medien dazu aufgerufen hatten, sämtliche Eingänge auf dem Gelände des medizinischen Partners des HSV am sogenannten Deadline Day im Blick zu behalten, um einen möglichen Neuzugang auf dem Weg zum Medizincheck als Erstes abzulichten.
Aber ein wenig Trubel wurde innerhalb des Funktionsgebäudes auch erhofft, nachdem der HSV bis zur letzten Minute der Transferfrist alles versucht hatte, neben Abwehrtalent Mario Vuskovic noch einen oder sogar zwei weitere Spieler für die Offensive zu verpflichten.
HSV leiht Tommy Doyle von ManCity aus
Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Der letzte Tag der Transferfrist, der seit Jahren als Deadline Day vermarktet wird, ging aus HSV-Sicht um 18 Uhr ohne großen Tusch über die Bühne. Der folgte dann aber wenig später, als der Club knapp zwei Stunden danach offiziell bekannt gab: Englands U-21-Nationalspieler Tommy Doyle wird für ein Jahr von Manchester City ausgeliehen, wobei der englische Top-Club auf eine Leihgebühr verzichtet und sogar Teile des Gehalts übernehmen soll.
Der 19-Jährige kann zentral alle Mittelfeldpositionen spielen, soll sich aber vornehmlich auf der Zehner- und Achterposition zu Hause fühlen. Doyle, der sämtliche U-Nationalmannschaften durchlaufen hat und sogar schon einmal Champions League spielte, wird aber erst nächste Woche in Hamburg erwartet, da er mit Englands U21 zunächst in Rumänien und gegen Kosovo antritt.
„Tommy ist ein sehr interessanter Box-to-Box-Player, den wir schon lange intensiv beobachten“, sagte Sportdirektor Michael Mutzel erfreut – und lobte: „Er besitzt eine gute Übersicht, ein exzellentes Passspiel und ist trotz seiner jungen Jahre ein Spieler, der auf dem Platz vorangeht.“ Seinen obligatorischen Medizincheck hat Doyle übrigens vor seiner Abreise in Manchester absolviert.
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HSV zahlt Leistner eine Abfindung
Die wenigen Fans, die trotzdem am Montag zum UKE pilgerten, bekamen vor Ort also wenig zu sehen. Denn auch der Kroate Vuskovic hatte schon am Vorabend seinen Medizincheck absolviert. Immerhin: So ganz umsonst war der Aufwand der Anhänger nicht. Der freigestellte Toni Leistner schaute am Vormittag in Eppendorf vorbei, was Sekunden später auch den Weg in die sozialen Netze fand. Dort wurde dann wenig später Leistners überraschender Wechsel zum Spitzenreiter VfL Wolfsburg vermeldet, was – wie so vieles in den vergangenen Tagen – natürlich nur ein Fake war. Haha!
Ganz im Ernst wurde dann aber am späteren Abend der Vertrag des nicht mehr willkommenen Abwehrspielers aufgelöst – natürlich gegen eine entsprechende Abfindungszahlung, wie sie beim HSV längst zum guten Ton dazugehört.
Leistner also weg, Doyle noch nicht da, aber immerhin Vuskovic durfte am Nachmittag bereits erstmals mittrainieren. Der erste Eindruck von Trainer Tim Walter: „Gut, zurückhaltend und sehr, sehr jung.“ Gerade einmal 19 Jahre ist der Innenverteidiger alt, hat aber in der vergangenen Saison sage und schreibe 60 Pflichtspiele für Hajduk Split und die kroatische U21-Nationalmannschaft gemacht. „Es ist nicht so einfach, in so jungen Jahren schon so viele Spiele zu machen. Wir müssen jetzt schauen, dass wir ihn wieder auf ein entsprechendes Fitnesslevel bekommen“, sagte Walter, der den Youngster im Test am heutigen Mittwoch gegen Groningen noch nicht einsetzen will.
Auch Neapel und Celtic wollten Vuskovic
Perspektivisch soll und wird „Super-Mario“ aber seinen Weg gehen. Davon ist jedenfalls Kroatiens U-21-Nationaltrainer Igor Biscan überzeugt, dem Vuskovic wegen des HSV-Wechsels in dieser Woche abgesagt hatte. „Mario war Stammspieler in den kroatischen Nationalmannschaften von der U16 bis zur U21. Er ist immer noch erst 19 Jahre alt, aber ich gehe davon aus, dass er ein vollwertiger kroatischer Nationalspieler wird“, schwärmte Biscan erst kürzlich gegenüber dem „Scottish Daily Express“.
Der Hintergrund: Neben dem SSC Neapel war vor allem Schottlands Vizemeister Celtic Glasgow stark interessiert, soll sogar ein Angebot über vier Millionen Euro abgegeben haben. Ein hoher Preis, der laut Biscan aber gerechtfertigt sein soll: „Mario ist ein moderner Verteidiger. Seine Technik ist außergewöhnlich für einen so jungen Spieler.“
Mit anderen Worten: Vuskovic ist genau der Tim-Walter-Spieler, der Toni Leistner eben nicht sein konnte oder sollte. Auf der Suche nach den Gründen für Vuskovics Talent landet man schnell bei seiner Familie. Sein Ur-Großvater Marko spielte für Hajduk Split, genauso wie sein Opa Mario (nach dem er benannt wurde) und sein Vater Danijel, der ebenfalls sämtliche U-Nationalmannschaften durchlaufen hat. Marios Cousin Moreno (18) ist bei Dinamo Zagrebs U19 als Stürmer unter Vertrag, sein gerade einmal 14-jähriger Bruder Luka spielt bei Hajduk Splits U17 in der Abwehr. Viel mehr Fußballfamilie geht nicht.
HSV: Die Zahlen zum Vuskovic-Transfer
Nun soll Mario ein Mitglied der HSV-Familie werden. „Ich bin stolz und glücklich, fortan ein Teil dieses Clubs zu sein“, sagte Vuskovic nach seiner Vertragsunterschrift. „Der HSV ist ein großer Club in Deutschland.“ Rund eine Million Euro Leihgebühr lassen sich die Hamburger das Talent kosten, das für zwei Spielzeiten ausgeliehen wurde. Der HSV besitzt noch eine Kaufoption über 3,5 Millionen Euro, die im Falle eines Aufstiegs verpflichtend sein würde.
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Ob man nach der Transferfrist tatsächlich weiter von Aufstieg träumen kann, werden die kommenden Wochen zeigen. Neun Neuzugängen stehen 13 Abgängen gegenüber. Vorerst stehen Trainer Tim Walter nur 20 gesunde Feldspieler zur Verfügung. Der Coach ist trotzdem zufrieden: „Vielleicht ist unser Rahmen, dass wir einfach mit jungen Spielern mehr arbeiten müssen.“
Punkte bekommt der HSV-Coach für seine mutmachende Aussage nicht. Geld auch nicht. Dafür aber Herzchen satt. Bei Twitter. Von den HSV-Fans. Und das ist doch auch etwas ...