Hamburg. Terodde, Dudziak, Kinsombi, Leistner: Gegen Heidenheim fehlt dem HSV seine Mitte. Der Kapitän darf womöglich trotzdem nicht ran.

Bis vergangene Woche war klar: Einen Simon Terodde kann man im Sturm nicht ersetzen. 20-mal hat der Neuzugang für den HSV bereits getroffen und sich damit zum erfolgreichsten Torschützen in der Geschichte der 2. Bundesliga befördert.

Dann kam am vergangenen Freitag das Topspiel beim VfL Bochum, und inzwischen weiß man: Terodde (33) ist auch in der Verteidigung kaum zu ersetzen. Ball um Ball köpfte der Torjäger aus der Gefahrenzone und trug damit einen wichtigen Teil dazu bei, dass der HSV sich gegen den Tabellenführer mit 2:0 behauptete.

An diesem Sonnabend (13 Uhr/Sky, Liveticker bei abendblatt.de) empfangen die Hamburger den 1. FC Heidenheim, der als Tabellensiebter mit sieben Punkten, aber auch einem Spiel im Rückstand ist. Und Trainer Daniel Thioune muss erstmals in seiner Amtszeit Terodde ersetzen: den Torjäger und den Torverhinderer. Das Coronavirus hat ihn Anfang der Woche außer Gefecht und den Verein in Aufregung gesetzt.

HSV-Trainer Thioune setzt gegen Heidenheim auf Ersatzspieler

Thioune konnte in der Pressekonferenz am Donnerstag in mehrerlei Hinsicht beruhigen: "Simon geht es nicht so schlecht, wie es mit dieser Erkrankung sein könnte, aber eben auch nicht gut. Er fühlt sich sehr schlapp." Zehn Tage muss Terodde noch in Isolation verbleiben. Da nächste Woche die Nationalmannschaften dran sind, könnte es bei einem Spiel Pause bleiben.

Wie also den Unersetzbaren ersetzen? Auch da versuchte Thioune, das Positive zu sehen. Es sei natürlich "sehr, sehr schwer. Aber wir können das kompensieren. In der vermeintlich zweiten Reihe haben wir einige Jungs, die immer auf den Platz wollen."

HSV muss auf Dudziak verzichten

So groß wie in diesem Spiel war die Chance für besagte Jungs wohl noch nie. Denn da sind ja noch ein paar mehr zentrale Positionen zu besetzen. Jeremy Dudziak hat sich am Mittwoch wie befürchtet erneut die Schulter ausgekugelt. Ganz hat Thioune die Hoffnung zwar noch nicht aufgegeben, dass sich sein Spielmacher und mit sieben Vorlagen bester Vorbereiter im Abschlusstraining am Freitag wieder gesund meldet. "Aber ich gehe davon aus, dass es nicht geht."

Immerhin: Eine strukturelle Verletzung an Band oder Knochen sei auszuschließen. Dudziaks Position dürfte Aaron Hunt einnehmen und vom defensiven wieder ins offensive Mittelfeld vorrücken. Der Routinier habe laut Thioune gezeigt, dass auf ihn Verlass sei.

Letzteres gilt auch für Amadou Onana, den Matchwinner von Bochum. Er wird im defensiven Mittelfeld wohl erneut David Kinsombi ersetzen müssen, den weiterhin muskuläre Probleme in der Hüfte plagen.

Bleibt HSV-Kapitän Leibold erst mal draußen?

Wie gut also, dass der Kapitän Tim Leibold nach seiner Roten Karte vom Stadtderby an Deck ist. Doch auch der lange unumstrittene linke Verteidiger muss sich vielleicht erst einmal hinten anstellen, das hat Thioune leicht nebulös angedeutet. Es wäre ein Novum: Wann immer Leibold spielen konnte, hat er beim HSV gespielt.

HSV-Trainer Daniel Thioune (r.) gab Kapitän Tim Leibold für das Spiel gegen Heidenheim keine Startplatz-Garantie.
HSV-Trainer Daniel Thioune (r.) gab Kapitän Tim Leibold für das Spiel gegen Heidenheim keine Startplatz-Garantie. © WITTERS | Valeria Witters

Jeder Zweitligatrainer könne sich glücklich schätzen, einen wie Leibold mit seinen spielerischen und mentalen Qualitäten aufbieten zu können, sagte Thioune. Leibolds Rückkehr zwinge ihn nun dazu, "darüber nachzudenken, etwas zu verändern. Aber das heißt nicht, dass man zwingend etwas verändern muss". Und er sei sich sicher, dass Leibold die Entscheidung mittragen würde, sollte er nicht von der ersten Minute an auf dem Platz stehen. Andernfalls müsste Thioune auch Vertreter Josha Vagnoman erklären, warum er trotz erstklassiger Leistungen den Platz auf der linken Abwehrseite wieder aufgeben sollte.

Thioune verteilt Führungsaufgaben neu

Und wer übernimmt die vakante Position im defensiven Mittelfeld? Klaus Gjasula wird nach seiner Verletzung sicher noch nicht wieder zur Startelf gehören. Thioune: "Bei ihm reicht es definitiv noch nicht für 90 Minuten. Er hat noch Nachholbedarf." Es wird wohl wie in Bochum auf eine Einwechslung des Mittelfeld-Abräumers für die Schlussphase hinauslaufen.

Diese Rolle hatte in Bochum auch Gideon Jung gespielt, als er für den angeschlagenen Onana eingewechselt wurde. Und das so gut, dass ihm Thioune ein Sonderlob zollte: "Gidi hat unserem Spiel unheimlich gutgetan, hat für mehr Ballbesitz gesorgt und entscheidende Zweikämpfe gewonnen." Dem oft gescholtenen Allrounder tue so ein Lob sicher "auch mal ganz gut".

Mit anderen Worten: Die Führungsaufgaben beim HSV müssen gegen Heidenheim andere übernehmen, die manch anderes Spiel nur von der Bank erlebt haben – so wie Jung. Man werde die Verantwortung "auf mehrere Schultern verteilen", sagte Thioune. Zumal auch Abwehrchef Toni Leistner weiter ausfällt.

Heidenheim-Trainer Schmidt hat einen HSV-Plan

Für Heidenheims Trainer Frank Schmidt ist die Sache trotzdem klar: "Von der individuellen Besetzung her ist der HSV nach wie vor der Favorit. Auch wenn Simon Terodde fehlt und der eine oder andere Spieler angeschlagen ist: Sie sind sehr variabel und haben unterschiedliche Möglichkeiten."

Eine Schwachstelle glaubt Schmidt aber ausgemacht zu haben: "Teilweise verteidigen sie sehr hoch und fast Mann gegen Mann. Wenn man so eine Situation gut löst, hat man unter Umständen viel Raum. Das haben wir trainiert."

Mit "wir" ist auch Tim Kleindienst gemeint. Nach seinen Problemen am Sprunggelenk ist Torjäger wieder voll belastbar. Kleindienst habe auch vom zuletzt ausgefallenen Spiel gegen Holstein Kiel profitiert, wodurch er mehr Zeit zur Regeneration hatte. Schmidt: „Er wäre sonst vielleicht noch nicht so weit gewesen. Jetzt ist er es.“