Hamburg. Der Mittelfeldspieler spricht über den Darmstadt-Wechsel, das neue Spiel ohne Helm, Häme im Internet und die Rückkehr zum HSV.

Klaus Gjasula ist gerade auf einer Wohnungsbesichtigung, als ihn das Abendblatt am Montagnachmittag auf dem Handy erreicht. Sein Wechsel vom HSV zu Darmstadt 98 ging so schnell, dass er noch gar keine Zeit hatte, sich um eine neue Unterkunft zu kümmern.

Am Sonntag hatte der 31-Jährige das erste Mal für seinen neuen Club gespielt. Und beim 6:1 gegen den FC Ingolstadt einen perfekten Einstand gefeiert. „Ich hätte es mir nicht besser vorstellen können“, sagt der Mittelfeldspieler und lacht, als er nach zuvor zwei Darmstädter Niederlagen auf den möglichen Gjasula-Effekt angesprochen wird: „Der hat überall eingesetzt, außer in Hamburg.“

Gjasula verließ den HSV vorzeitig

Nach nur einem Jahr im Norden hatte der gebürtige Freiburger den HSV in der vergangenen Woche vorzeitig verlassen. Zuvor war er in den ersten zwei Ligaspielen nicht eine Minute zum Einsatz gekommen. Proaktiv suchte Gjasula daraufhin einen neuen Club – und fand ihn mit dem Ligakonkurrenten aus Hessen. „Darmstadt 98 ist ein Arbeiterverein, der sich hochgekämpft hat. Das würde ich auch über mich selbst sagen, von daher passt es gut zusammen“, sagt Gjasula.

Beim HSV fand der Sechser nach einem unglücklichen Jahr unter dem neuen Trainer Tim Walter nicht mehr die Wertschätzung, die ihm Darmstadts Trainer Torsten Lieberknecht auf Anhieb entgegengebracht hat. „Ich habe eine gute Vorbereitung gespielt, aber dabei schon gemerkt, dass es schwer wird. Mir wurde signalisiert, dass ich hier nicht mehr glücklich werde.“ Auch die albanische Nationalmannschaft spielte bei seiner Entscheidung eine Rolle. „Im Worst Case hätte ich ein Jahr nicht gespielt, wäre dann 32 mit einem Jahr ohne Spielpraxis. Ich habe gemerkt, dass ich mich anderweitig orientieren muss.“

Gjasula legte seinen Schutzhelm ab

In Darmstadt kann Gjasula nun wieder so spielen, wie man das vor seiner HSV-Zeit von ihm kannte. Überraschenderweise legte der rustikale Zweikämpfer am Sonntag erst mal seit 2013 seinen Schutzhelm ab. Auch ohne sein Markenzeichen schonte er weder sich, noch seine Gegner. „Die ersten 15 Minuten war es schon komisch, gerade bei den ersten Kopfballduellen. Ich habe mich dann aber schnell zurechtgefunden.“

Über die Gründe sagt Gjasula halb im Spaß: „Es war gestern ziemlich heiß. Ich wollte nicht, dass mir der Kopf glüht.“ Und im Ernst: „Ich habe mir schon in Hamburg Gedanken gemacht, die neue Runde ohne Helm zu spielen. Ich wollte ein neues Kapitel einschlagen, von null anfangen.“

Kapitel HSV bleibt sportlich in unguter Erinnerung

Das Kapitel HSV ist für Gjasula nun abgeschlossen – und bleibt sportlich in unguter Erinnerung. Als Säulenspieler verpflichtet, patzte er schon am zweiten Spieltag bei seinem Ex-Club Paderborn mit zwei Fehlpässen vor zwei Gegentoren. Danach setzte ihn Trainer Daniel Thioune auf die Bank. Gjasula blickt selbstkritisch zurück. „In erster Linie bin ich selbst verantwortlich. Ich wollte Leistungsträger sein und mein wahres Gesicht zeigen. Die Fans haben leider ein anderes Gesicht von mir gesehen.“

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Schon nach dem Paderborn-Spiel und vor allem nach einem Ballverlust im Derby gegen St. Pauli musste Gjasula viel Spott und Häme in den sozialen Netzwerken einstecken. Ganz offen erzählt er nun, wie ihn diese Kommentare belastet haben. „Ich war es nicht gewohnt, nach einem schlechten Spiel aus jeder Ecke so attackiert zu werden. Das nimmt dir den Spaß am Fußball. Wenn du dich nicht mehr wohlfühlst, kannst du auch deine Leistung nicht abrufen.“

„Das ist ein großes Problem beim HSV"

Ein Entwicklung, die in Hamburg besonders ausgeprägt sei. „Das ist ein großes Problem beim HSV und heftiger als anderswo. Jeder Spieler kriegt es mit, auch wenn er es nicht sagt. Man muss damit umgehen können als Profi, aber irgendwann ist auch gut. Der eine oder andere Spieler hat sich von Social Media entfernt, damit er seine Ruhe hat. Das kann es nicht sein. Du machst dir selbst den Druck, weil du es allen zeigen willst. Bei mir ist das Gegenteil eingetreten.“

Dudziak-Wechsel perfekt – keine Lilien-Fans?
Ausrufezeichen: Der Transfer von Mittelfeldspieler Jeremy Dudziak zu Greuther Fürth ist perfekt. „Jeremy hat eine neue Herausforderung gesucht und wir sind sehr glücklich, dass wir ihm diese bieten können“, sagte Geschäftsführer Sport Rachid Azzouzi. Fürth zahlt zunächst 800.000 Euro, im Erfolgsfall ist ein Nachschlag fällig.Fragezeichen: Der HSV hat noch immer keine Genehmigung der Stadt, um für das Spiel gegen Darmstadt 98 am Sonntag fünf Prozent der Karten an Gästefans zu verkaufen. 

Mit gemischten Gefühlen denkt Gjasula an den kommenden Sonntag. Dann geht es für ihn schon wieder zurück zum Spiel beim HSV. „Es fühlt sich komisch an, nach so kurzer Zeit wieder im Volkspark zu sein und gegen die Jungs zu spielen, mit denen ich vor Kurzem noch jeden Tag zusammensaß“, sagt er. „Aber es ist auch etwas Geiles. Ich freue mich drauf, weil ich mich mit den Jungs überragend verstanden habe. Nur deswegen war ich trotz allem glücklich beim HSV.“

Gjasulas Familie lebt noch in Hamburg

Glücklich ist er auch, am Wochenende seine Familie zu sehen, die noch in Hamburg lebt. Wenn alles glatt läuft, kann er seine Frau und seine zwei Kinder nach dem Spiel gleich mitnehmen nach Darmstadt in die neue Wohnung.