Hamburg. 400 St.-Pauli-Fans empfingen die Busse beider Mannschaften vor dem Stadion – die Polizei musste vor dem Anpfiff nicht eingreifen.

Um Punkt 19.14 Uhr gab es kein Halten mehr. Zehn Silvesterraketen stiegen nacheinander in der Himmel über St. Pauli. Diverse Bengalofackeln wurden entzündet, rot und grün. Lauter Applaus rauschte hinüber zum Mannschaftsbus der Gastgeber am Millerntor, „we love St. Pauli“, rief die Menge. Es herrschte Heimspielstimmung bei der Ankunft der Mannschaft an der Ecke von Gegengerade und Südkurve. Friedlich und euphorisch und voller Vorfreude.

Knapp 400 St.-Pauli-Fans hatten sich eingefunden, um ihr Team vor dem Stadtderby zu begrüßen und um 19.07 Uhr den HSV auszupfeifen. „Wir hoffen, dass wir vielleicht noch etwas Extramotivation geben können“, sagte Charlie (22), der normalerweise mit seinen Kumpels Hennes (21) und Linus (22) mit Dauerkarte in der Südkurve steht – also seit einem Jahr nicht mehr.

Hamburger Derby: "Gegen den HSV ist es etwas Besonderes"

St. Pauli gegen HSV – Emotionen auch ohne Zuschauer

Derbyheld: Daniel-Kofi Kyereh schoss den FC St. Pauli gegen den HSV ins späte Glück.
Derbyheld: Daniel-Kofi Kyereh schoss den FC St. Pauli gegen den HSV ins späte Glück. © Witters | Unbekannt
Der Offensivspieler donnerte in der 88. Minute den Ball zwischen Sven Ulreich und Pfosten in die HSV-Maschen.
Der Offensivspieler donnerte in der 88. Minute den Ball zwischen Sven Ulreich und Pfosten in die HSV-Maschen. © Witters | Unbekannt
Das 1:0 war der Goldene Treffer und die Bestätigung der inoffiziellen Stadtmeisterschaft für St. Pauli.
Das 1:0 war der Goldene Treffer und die Bestätigung der inoffiziellen Stadtmeisterschaft für St. Pauli. © Witters | Unbekannt
Groß war der Jubel nach dem Treffer...
Groß war der Jubel nach dem Treffer... © Witters | Unbekannt
...und groß war der Jubel nach dem Schlusspfiff.
...und groß war der Jubel nach dem Schlusspfiff. © Witters | Unbekannt
Für den HSV kam es noch dicker: Kapitän Tim Leibold sah in der Nachspielzeit für eine Tätlichkeit die Rote Karte.
Für den HSV kam es noch dicker: Kapitän Tim Leibold sah in der Nachspielzeit für eine Tätlichkeit die Rote Karte. © Witters | Unbekannt
Kritische Szene: In der 52. Minute prallen Gidon Jung und St. Paulis Rodrigo Zalazar im HSV-Strafraum aufeinander – es ertönt ein Strafstoß-Pfiff.
Kritische Szene: In der 52. Minute prallen Gidon Jung und St. Paulis Rodrigo Zalazar im HSV-Strafraum aufeinander – es ertönt ein Strafstoß-Pfiff. © Witters | Unbekannt
Doch nach Studium der Videobilder...
Doch nach Studium der Videobilder... © Witters | Unbekannt
...nimmt Schiedsrichter Deniz Aytekin seine Entscheidung zurück.
...nimmt Schiedsrichter Deniz Aytekin seine Entscheidung zurück. © Witters | Unbekannt
Alles klar? Die Kontrahenten Jeremy Dudziak (HSV, v.l.), Rodrigo Zalazar (St. Pauli), Leart Paqarada (St. Pauli) und David Kinsombi (HSV) beim Austausch von Nettigkeiten.
Alles klar? Die Kontrahenten Jeremy Dudziak (HSV, v.l.), Rodrigo Zalazar (St. Pauli), Leart Paqarada (St. Pauli) und David Kinsombi (HSV) beim Austausch von Nettigkeiten. © Witters | Unbekannt
Das Derby startete furios – hier setzt Sonny Kittel gleich in der ersten Minute einen Freistoß an die Latte.
Das Derby startete furios – hier setzt Sonny Kittel gleich in der ersten Minute einen Freistoß an die Latte. © Witters | Unbekannt
Auch in der Folge ging es in den Strafräumen hoch her.
Auch in der Folge ging es in den Strafräumen hoch her. © Witters | Unbekannt
Für St. Pauli vergab in der ersten Hälfte unter anderem Omar Marmoush zwei gute Möglichkeiten.
Für St. Pauli vergab in der ersten Hälfte unter anderem Omar Marmoush zwei gute Möglichkeiten. © Witters | Unbekannt
Guido Burgstaller blieb dagegen ohne klare Einschusschance.
Guido Burgstaller blieb dagegen ohne klare Einschusschance. © Witters | Unbekannt
Beim HSV war Bakary Jatta von Beginn an voll dabei.
Beim HSV war Bakary Jatta von Beginn an voll dabei. © Witters | Unbekannt
Aufseiten der Rothosen erhielt Gideon Jung die erste Verwarnung.
Aufseiten der Rothosen erhielt Gideon Jung die erste Verwarnung. © Witters | Unbekannt
Beim Kiezclub nahm Trainer Timo Schultz seinen Gelb verwarnten Kapitän Philipp Ziereis vorsichtshalber sogar schon nach 28 Minuten vom Feld. Für ihn kam Tore Reginiussen.
Beim Kiezclub nahm Trainer Timo Schultz seinen Gelb verwarnten Kapitän Philipp Ziereis vorsichtshalber sogar schon nach 28 Minuten vom Feld. Für ihn kam Tore Reginiussen. © Witters | Unbekannt
Der Spielerkreis des FC St. Pauli vor der Partie.
Der Spielerkreis des FC St. Pauli vor der Partie. © Witters | Unbekannt
Auch die HSV-Profis machten sich zum Anpfiff noch einmal heiß.
Auch die HSV-Profis machten sich zum Anpfiff noch einmal heiß. © Witters | Unbekannt
HSV-Trainer Daniel Thioune bei seinem eigenen Millerntor-Roar.
HSV-Trainer Daniel Thioune bei seinem eigenen Millerntor-Roar. © Witters | Unbekannt
Corona-Zeit? Derby-Zeit! St. Paulis Fans brannten vor dem Anstoß ein Feuerwerk am Stadion ab.
Corona-Zeit? Derby-Zeit! St. Paulis Fans brannten vor dem Anstoß ein Feuerwerk am Stadion ab. © Witters | Unbekannt
Auf Bengalos folgten auch Raketen...
Auf Bengalos folgten auch Raketen... © Witters | Unbekannt
...die den Einlauf der Mannschaften begleiteten.
...die den Einlauf der Mannschaften begleiteten. © Witters | Unbekannt
Auch die Mannschaft wurde bei ihrer Ankunft im Mannschaftsbus emotional begrüßt.
Auch die Mannschaft wurde bei ihrer Ankunft im Mannschaftsbus emotional begrüßt. © Witters | Unbekannt
Die klare Aufforderung ans Team:
Die klare Aufforderung ans Team: "Stadtmeister bleiben!" © Witters | Unbekannt
Auch der HSV-Bus fuhr am Millerntor vor...
Auch der HSV-Bus fuhr am Millerntor vor... © Witters | Unbekannt
...während die Polizei Stellung bezog.
...während die Polizei Stellung bezog. © Witters | Unbekannt
Der Mann mit der Mütze – in dem Fall St. Paulis Kapitän Daniel Buballa.
Der Mann mit der Mütze – in dem Fall St. Paulis Ex-Kapitän Daniel Buballa. © Witters | Unbekannt
Die HSV-Profis verschanzten sich indes unter ihren Kapuzen.
Die HSV-Profis verschanzten sich indes unter ihren Kapuzen. © Witters | Unbekannt
Jeremy Dudziak machte sich bei seiner Rückkehr an alte Wirkungsstätte derweil an spezielle Lockerungsübungen.
...während sich Jeremy Dudziak bei seiner Rückkehr an alte Wirkungsstätte derweil an spezielle Lockerungsübungen begab. © Witters | Unbekannt
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„Zu den anderen Spielen bisher sind wir nicht gekommen, um die Jungs zu begrüßen“, sagt Linus, „aber gegen den HSV ist es eben etwas Besonderes.“ Der noch milde und trockene Abend ohne Regen hatte sicherlich dazu beigetragen, dass relativ viele Fans den Weg ans Millerntor gefunden hatten. HSV-Fans waren hier nicht auszumachen. Gar keine. Vor dem Eingang für Gästefans an der Budapester Straße waren zwei Jugendliche mit HSV-Schal zu sehen. Niemand nahm Notiz von ihnen.

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Der Stadtrivale vom Volkspark war keinerlei Faktor vor dem Spiel. Auch nicht auf dem Kiez, wo die HSVer im westlichen Teil der Reeperbahn ihr „Revier“ haben. Aber auch ihre Stammkneipe „Sportsbar Tankstelle“ am Hans-Albers-Platz wirkte angesichts des Derbys geschlossen noch trauriger, als das in der Corona-Tristesse ohnehin der Fall ist. Wenn überhaupt, waren rund um das Szeneviertel nur St. Paulianer zu sehen. Drei Freunde in Trikots, eine junge Mutter mit ihrem Achtjährigen inklusive Schal. Dafür grinsten überlebensgroß auf dem elektronischen Billboard die Bayernstars Thomas Müller, Robert Lewandowski und Alphonso Davies werbend für eine Koffeinbrause auf die Straße herunter. Das passte alles nicht fürs Hamburg-Derby.„Alles ruhig, nichts los“, teilte die Polizei vor dem Anpfiff mit.

Hamburger Polizei mit Eingreifreserve

Die Beamten waren sichtbar präsent. Hatten Mannschaftswagen auf der Reeperbahn und bei der Davidwache platziert – als Eingreifreserve, wenn es nötig würde. Die Beamten standen herum, rauchten, redeten. Und mussten nichts tun.

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„Alle für den Derbysieg“, stand auf einem großen Banner, das die St.-Pauli-Fans zur Anfeuerung für ihre Mannschaft in der Busauffahrt aufgehängt hatten, „Stadtmeister bleiben“, hieß es auf einem anderen. Ein Miethaus in der Nähe war an der Front nahezu komplett mit einem riesigen Stoffbanner verhängt: „Hamburg ist braun-weiß.“ Süßlicher Cannabisduft waberte vor dem Stadion durch die Luft, Bierflaschen waren bereit. In kleinen Grüppchen mit nicht mehr als drei Personen standen die Fans mit Abstand beisammen, viele hatten Masken auf. Ein Ordner appellierte freundlich an die Vernunft der Fans.

Die Polizei schaute sich das an, eingreifen musste sie nicht. Erst als der Mannschaftsbus kam, da ließ die Corona-Disziplin für einen kurzen Moment nach, es wurde sichtbar enger und lauter: „Forza, St. Pauli!“ Kurz vor dem Anpfiff, als beide Mannschaften den Platz betraten, leuchtete dann der Himmel. Minutenlang ließen es St.-Paulis-Fans mit Feuerwerk rund ums Millerntor-Stadion krachen – Trainer Timo Schultz schien es zu gefallen. Beim Blick nach oben musste er grinsen.