Hamburg. Im Saisonfinale gegen Eintracht Braunschweig will der scheidende Interimscoach einigen jungen Spielern eine Chance geben.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Horst Hrubesch (70) kein nachtragender Mensch ist, so lieferte ihn der HSV-Trainer am Freitagnachmittag. In der Pressekonferenz vor dem letzten Saisonspiel am Sonntag (15.30 Uhr, Sky) gegen Eintracht Braunschweig verteidigte der erfahrene Übungsleiter seine erzieherische Maßnahme, Jeremy Dudziak (25) nicht in den Kader zu berufen, nachdem dieser zweimal zu spät zu Teamsitzungen gekommen war. Gleichzeitig stellte Hrubesch auch klar, dass der hochveranlagte Mittelfeldspieler nicht in Ungnade gefallen ist.
Hrubesch glaubt an Fähigkeiten von Dudziak
"Natürlich kann ich mir vorstellen, dass er hier eine Zukunft hat", erklärte Hrubesch und fügte an. "Für mich ist das Ding abgehakt. Wenn so eine Geschichte passiert - und ich habe ihm vorher klipp und klar gesagt, was ich von ihm erwarte, wie ich ihn sehe. Er muss zu der Geschichte stehen und es verantworten, wenn er aus dem Team genommen wird. Er muss seine Qualitäten ausspielen und alles, was ihm und uns geschadet hat, einfach weglassen. Aber das alles ist kein Weltuntergang."
Neben seiner Rolle als Pädagoge ist Hrubesch in seinem letzten Spiel als Interimstrainer auch als Fußballlehrer gefragt. Der ehemalige U-21-Nationaltrainer macht keinen Hehl daraus, dass er von seiner Mannschaft einfordert, dass sie sich eine Woche nach dem verpassten Bundesliga-Aufstieg mit Anstand und Würde aus der Saison 2020/21 verabschieden. "Es geht mir darum, dass wir die Saison sauber und ehrlich zu Ende bringen. Für die Braunschweiger geht es um den Klassenerhalt. Und wir haben auch eine Verpflichtung Osnabrück gegenüber, dass wir hier einhundert Prozent geben und das Spiel für uns entscheiden", sagt Hrubesch.
Hrubesch will jungen Spielern eine Chance geben
Der HSV will sich am letzten Spieltag keine Wettbewerbsverzerrung nachsagen lassen. Und doch ist davon auszugehen, dass der Interimstrainer bei der Aufstellung einige Dinge ausprobiert. So stellte Hrubesch in Aussicht, dass womöglich Abwehrtalent Jonas David (20) und der lange verletzte Innenverteidiger Rick van Drongelen (2x) das Abwehrzentrum besetzen könnten.
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Eine finale Entscheidung will der HSV-Trainer am Sonnabend nach dem Abschlusstraining treffen. Erst dann steht fest, ob neben Aaron Hunt (34, Muskelfaserriss in der Wade), Stephan Ambrosius (22, Kreuzbandriss) auch Josha Vagnoman (20, Oberschenkelprobleme), Gideon Jung (26, Knie), Jan Gyamerah (25) und Amadou Onana (19, beide Adduktorenprobleme) ausfallen werden. "Die jungen Spieler haben einen Superjob gemacht. Wir werden einige Dinge verändern. Die Jungen haben das ganze Jahr über gestrampelt und sich angeboten", sagte Hrubesch, der auch Moritz-Broni Kwarteng (23) und Ogechika Heil (20) Hoffnung auf Spielzeit macht.
Letztes Spiel als HSV-Trainer? Hrubesch lässt Hintetürchen offen
Am Sonntag gegen 17.20 Uhr wird für die HSV-Ikone die Mission Interimstrainer enden. Dass es gleichzeitig das letzte Spiel als Trainer in seiner Laufbahn sein wird, wollte Hrubesch nicht bestätigen. Doch Hoffnungen, dass er über das Saisonende hinaus Cheftrainer bei seinem Herzensverein bleibt, sollte sich niemand machen. "Es wird nicht passieren, dass ich in die Bundesliga gehe oder hier die ganze Saison bin. Aber man weiß nie, was passiert. Wenn mal in der U19 oder U21 ein Trainer krank wird, wieso soll ich das dann nicht für ein oder zwei Spiele machen? Es gehört aber zu meinem Job, mal hier oder da einzuspringen, wenn Not am Mann ist.", erklärte Hrubesch.
Ab Montag wird er sich aber wieder seiner Aufgabe im HSV-Nachwuchs widmen, schließlich ist da in den vergangenen drei Wochen viel Arbeit liegen geblieben. "Ich freue mich, wieder in den Campus zu dürfen. Da warten ein paar Aufgaben auf mich. Es ist ja nicht nur der Nachwuchs dort angesiedelt, sondern auch die Frauen und die Fußballschulen. Aber wichtig ist erst einmal, dass wir am Sonntag die Partie so gestalten, wie sich das in der Zweiten Liga gehört", sagte Hrubesch.
HSV-Trainer sehnt sich nach Familienleben
Zumal er befürchtet, dass er womöglich auch privat Probleme bekommen könnte, wenn er sich mit einer Niederlage aus dem Amt des Interimstrainers verabschiedet. "Ich hoffe, dass nicht die Schlösser ausgewechselt werden, wenn wir verloren haben", scherzte der HSV-Trainer. "Meine Familie funktioniert und freue mich auf zu Hause. Die Quarantäne-Zeit war für mich gewöhnungsbedürftig. Manchmal dachte man, das nimmt und nimmt kein Ende", gab der ehemalige Topstürmer Einblick in sein Seelenleben.
Ein Ende hat in jedem Fall die Zeit als HSV-Interimstrainer. Und der Ehrgeiz, diese mit einem Erfolgserlebnis zu finalisieren, ist bei Horst Hrubesch groß wie eh und je.