Hamburg. Der Cheftrainer will die Verantwortung gleichmäßiger verteilen – Entscheidung über Kapitänsfrage bis zum Basel-Spiel.
Als Tim Walter (45) am Donnerstagmorgen gemeinsam mit Tim Leibold (27) die langen Treppen des Volksparkstadions Stufe für Stufe langsam hinunter Richtung Trainingsplatz ging, wirkte es fast so, als würden die beiden grundlegende Dinge besprechen. Intensiv tauschte sich der neue Chefcoach des HSV mit dem Linksverteidiger aus. Ein Nicken hier, ein Zustimmen dort. Eben ein Gespräch zwischen Führungsspieler und Trainer. Wer daraus ableiten wollte, dass der Noch-Kapitän auch der zukünftige Spielführer sein wird, der irrte allerdings. „Da müsst ihr euch bis Sonnabend gedulden“, sagte Walter und setzte sein Pokerface auf.
Die Klärung der wichtigen K-Frage steht also unmittelbar bevor. Der Spieler, der die Mannschaft an besagtem Sonnabend (15.30 Uhr) im abschließenden Testspiel vor dem Zweitligastart gegen den Schweizer Erstligaclub FC Basel auf das Feld führen wird, wird auch der „Capitano“ für die Spielzeit 2021/22 sein. Dabei wird Walter auf eine Wahl verzichten. „Wenn ich die Mannschaft entscheiden lassen würde, wer Kapitän ist, sagt der eine: ,Könnte es nicht der oder der werden?‘ Deshalb entscheide ich. Auf dem Platz will ich aber, dass jeder Entscheidungen trifft. Nicht nur der Kapitän“, so der HSV-Trainer, der auch schon im Kopf hat, wer der Stellvertreter und dessen Stellvertreter sein wird.
Ohnehin hat Walter ganz eigene Vorstellungen, wie eine perfekte Hierarchie innerhalb einer Gruppe auszusehen hat. Der gebürtige Bruchsaler macht kein Geheimnis daraus, dass er kein Freund davon ist, die gesamte Führungsspielerlast auf den Schultern eines Spielers abzuladen. Er will, dass sich der HSV in diesem Bereich deutlich breiter aufstellt.
HSV-Kabine ist Walter zu dreckig
„Es gibt durchaus Jungs, die gleichberechtigt agieren. Es muss nicht sein, dass nur der erste Kapitän derjenige ist, der das Sagen hat. Meine Kapitäne sind auf einer Ebene, aber es gibt eben nur eine Binde“, erklärte der neue Hamburger Coach.
Auf den neuen Kapitän wartet gleich eine besondere Aufgabe: den Zustand der Kabine im Auge behalten. Trainer Walter fordert von seinen Profis mehr Ordnung und Sauberkeit. „Ich werde da künftig etwas mehr darauf achten. Das ist nicht nur Aufgabe der Zeugwarte“, sagte Walter vor dem Abschlussspiel am Nachmittag im Spielerkreis. Das Verlierer-Team musste gleich die erste Aufräumschicht übernehmen.
HSV-Kapitän: Leibold, Schonlau oder Meffert?
Zur künftigen Führungscrew dürften neben Leibold auch Abwehrspieler Toni Leistner (30), Neuzugang Sebastian Schonlau (26), der bereits beim SC Paderborn Erfahrungen als Kapitän sammeln durfte, und Mittelfeldspieler Jonas Meffert (26), dessen Meinung Walter bereits während der gemeinsamen Zeit bei Holstein Kiel sehr geschätzt hatte, gehören. Zu dem Quartett könnte sich zudem auch jemand gesellen, den man auf den ersten Blick nicht für eine Führungsrolle im Auge hat. „Es gibt auch Spieler, die in so eine Position hineinwachsen können“, äußerte sich Walter und spannte die Reporter weiter auf die Folter. „Wartet einfach auf Sonnabend, dann werdet ihr es sehen.“
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Doch wer von den jüngeren Spielern könnte in so eine Leaderrolle schlüpfen? Mittelfeldtalent Amadou Onana (19) wäre mit seiner selbstbewussten Art, seinem Sprachtalent und der Erfahrung als Kapitän der belgischen U-21-Nationalmannschaft prädestiniert für die Aufgabe. Doch der defensive Mittelfeldspieler steht ebenso im Transferschaufenster wie U-21-Europameister Josha Vagnoman (20), der nach seinem Muskelfaserriss im Oberschenkel und der daraus folgenden Absage für Olympia in Tokio gemeinsam mit Sonny Kittel (28, Haarriss im Wadenbein) und Reha-Trainer Sebastian Capel eine individuelle Einheit auf dem Platz absolvieren konnte.
Während sich Walter bei der Kapitänsfrage festgelegt hat, will sich der HSV-Trainer in Sachen Startaufstellung für den Zweitliga-Auftakt in einer Woche gegen Schalke 04 nicht in die Karten schauen lassen. Gegen den FC Basel will er noch einmal taktische und personelle Dinge ausprobieren: „Grundsätzlich bin ich einer, der nach Trainingseindrücken geht und danach, wer mir die beste Form bietet. Es kommen aber alle zum Einsatz. Bis zum Schalke-Spiel kann sich in der Woche noch einiges tun.“