Hamburg. Kreisläufer Dino Corak verließ seinen Heimatclub Großwallstadt, um Bundesliga zu spielen. Bleibt er auch über den Sommer hinaus?

Dino Corak benötigte nur wenige Augenblicke, um beim HSV Hamburg (HSVH) gehörig Eindruck zu machen. Zwar nicht direkt im sportlichen Bereich, aber doch in einer herausfordernden Umgebung: dem Hamburger Wohnungsmarkt. Als der Neuzugang vom TV Großwallstadt bei seiner Ankunft vor rund dreieinhalb Wochen berichtete, dass er schon eine Bleibe gefunden habe, staunten seine neuen Mitspieler nicht schlecht. „Sie sagten mir, dass ich damit einen neuen Weltrekord aufgestellt hätte“, sagt Corak im Gespräch mit dem Abendblatt und lacht.

Ein guter Freund, der als Kardiologe bei Asklepios in Hamburg arbeitet, hatte ihm einen Kontakt für eine möbilierte Wohnung in Eimsbüttel vermittelt. Zwar nur zur Zwischenmiete bis zum Sommer, aber immerhin groß genug für den 1,94-Meter-Kreisläufer, seine Freundin und den gemeinsamen Hund. Coraks Vertrag bei Hamburgs Bundesligahandballern läuft nach dieser Saison ohnehin wieder aus, vorerst ist der 29-Jährige nur als Ersatz für Andreas Magaard (Kreuzbandriss und Außenmeniskusverletzung) eingeplant.

Handball: Corak besitzt beim HSVH einen Vertrag bis Saisonende

„Natürlich gehe ich mit dem Halbjahresvertrag jetzt ein gewisses Risiko ein. In Großwallstadt hatte ich noch einen Vertrag bis Sommer 2026“, sagt Corak. Sechseinhalb Jahre hatte der Deutschkroate bei dem Zweitligisten gespielt, die Region Unterfranken nie verlassen. „Der Wechsel war die schwerste Entscheidung meines Lebens. Ich bin in Aschaffenburg geboren, ich habe mein gesamtes Handball-Leben in Großwallstadt und Umgebung verbracht“, sagt er.

Dino Corak war zuletzt Kapitän des Zweitligisten TV Großwallstadt.
Dino Corak war zuletzt Kapitän des Zweitligisten TV Großwallstadt. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

In der Vergangenheit habe er ein paar lose Anfragen von Erstligisten abgelehnt, zu konkreten Vertragsgesprächen sei es nie gekommen. Corak fühlte sich in Großwallstadt wohl, war dort als Leistungsträger anerkannt. Bei der Entscheidung für die Vertragsauflösung und den Wechsel nach Hamburg habe nun auch die Tabellensituation des TVG eine Rolle gespielt, für den Siebten der Zweiten Liga geht in der Rückrunde wohl weder nach unten noch nach oben etwas. „Wenn wir mit Großwallstadt noch um den Ab- oder Aufstieg gespielt hätten, hätte ich mir den Wechsel als Kapitän wohl nicht verziehen. Durch die aktuelle Tabellensituation hatte ich aber nicht das Gefühl, dass ich die Zukunft des Vereins gefährde“, sagt er.

Am Sonnabend wartet Flensburg im Pokal-Viertelfinale

Auch deshalb habe er beim ersten Anruf aus Hamburg das Gefühl gehabt, dass er den Schritt gehen müsse. „Jeder Handballer träumt von einem Wechsel in die Bundesliga. Nachdem ich mich schon ein paar Mal gegen einen Wechsel entschieden hatte, war für mich schnell klar, dass ich diese Möglichkeit jetzt ergreifen muss.“ Bevor die Hamburger am Sonntag kommender Woche gegen Tabellenführer Füchse Berlin in die Bundesliga starten, steht an diesem Sonnabend (20 Uhr, Sporthalle Hamburg) im DHB-Pokal gegen die SG Flensburg-Handewitt bereits ein ähnliches Highlight an.

„Wenn man rein das sportliche Niveau betrachtet, ist ein Pokal-Viertelfinale das größte Spiel meiner bisherigen Karriere. Das ist schon ein bisschen surreal, wenn man vor ein paar Wochen noch im Zweitliga-Alltag gesteckt hat und jetzt gegen Flensburg spielt“, sagt Corak. „Ich kann mir vorstellen, dass es für die Flensburger EM-Fahrer emotional nicht ganz einfach ist, sich so kurz nach dem Finale wieder auf den Vereinshandball einzustellen. Trotzdem sind das immer noch absolute Weltklassespieler, die so etwas gewohnt sind.“

Finn Wullenweber erzählte ihm vom HSVH

Corak selbst ist das Bundesliga-Niveau bisher noch nicht gewohnt, obgleich ihm die ersten Wochen beim HSVH kaum Probleme bereiteten. Über den früheren HSVH- und jetzigen Großwallstadt-Profi Finn Wullenweber hatte er im vergangenen Frühjahr bei einem Hamburg-Besuch bereits Spielmacher Leif Tissier kennengelernt, auch Positionspartner Niklas Weller kannte er aus mehreren Zweitligaduellen. „Ich hatte vorher zwar ohnehin nur Gutes über die Mannschaft gehört, war am Ende aber trotzdem sehr positiv überrascht, wie offen ich hier empfangen wurde“, sagt Corak, für den es direkt nach seiner Ankunft bereits ins Trainingslager nach Fuerteventura ging.

Beim TV Großwallstadt verbrachte Dino Corak zuletzt sechseinhalb Jahre.
Beim TV Großwallstadt verbrachte Dino Corak zuletzt sechseinhalb Jahre. © picture alliance | Joaquim Ferreira

„Insbesondere Niklas Weller hat mich sofort unterstützt, mich bei allen Leuten vorgestellt und anfangs auch mit zum Training genommen“, erzählt der Neuzugang, der in Eimsbüttel ganz in der Nähe von Kapitän Weller wohnt, mit dem er sich im Trainingslager auch direkt ein Zimmer teilte. Auf Fuerteventura setzte er sich am ersten Tag direkt für ein langes Gespräch mit den Trainern Torsten Jansen und Blazenko Lackovic zusammen, bekam dort einen kurzen Taktik-Crashkurs. „Es hat mir durchaus geholfen, dass es sofort ins Trainingslager ging. Zwischen den Einheiten war viel Zeit für Gespräche, auch mit Toto und Lac habe ich mich ausführlich unterhalten können“, sagt Corak.

Eingewöhnung im Angriffsspiel benötigt noch Zeit

Das Hauptaugenmerk im täglichen Training liegt derzeit auf dem Angriffsspiel, wo noch nicht alle Abläufe mit den Spielmachern Tissier und Dani Baijens sitzen. „Ich habe das Gefühl, dass ich im Deckungsspiel schon relativ schnell angekommen bin, weil die Bewegungen und Kommunikation untereinander nichts Neues sind. Im Angriff brauche ich wohl noch ein bisschen mehr Zeit, um die Laufwege und Ideen der Jungs kennenzulernen“, sagt er. Viel Zeit bleibt nicht, der 29-Jährige ist als Soforthilfe fest eingeplant, soll vorne und hinten für Entlastung sorgen.

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Wie es im Sommer weitergeht, ist noch offen, im Laufe der Rückrunde wird sich Corak mit seinem Berater und den HSVH-Verantwortlichen über eine mögliche Verlängerung unterhalten. „Ich war noch nie ein Spieler, der ständig den Verein wechselt. Wenn ich irgendwo bin, möchte ich mich auch über einen längeren Zeitraum dort etablieren. Es wäre schön, wenn mir das auch in Hamburg gelingt“, sagt Corak, der sein Schicksal im sportlichen Bereich selbst in der Hand hat. Ganz im Gegensatz zum Hamburger Wohnungsmarkt. Aber das wird er dann vielleicht auch im Sommer merken.