Hamburg. Die Bundesligahandballer erwarten gegen den BHC wieder deutlich weniger Zuschauer als geplant. Das hat Auswirkungen auf die Kasse.
Sebastian Frecke klingt fast euphorisch, als er über die vergangenen Wochen beim HSV Hamburg (HSVH) spricht. „Wir sind superzufrieden mit dem Saisonstart“, frohlockt der Geschäftsführer von Hamburgs Bundesligahandballern im Gespräch mit dem Abendblatt. Die Zahlen, 4:4 Punkte und Tabellenplatz neun, machen Frecke glücklich. Dummerweise sind die sportlichen Statistiken nicht die einzigen Zahlen, die den Geschäftsführer interessieren müssen.
Irgendwo zwischen 2500 und 2700 liegt die Zahl, die Frecke in den vergangenen Tagen am meisten Bauchschmerzen bereitet hat. So viele Zuschauer werden beim Heimspiel gegen den Bergischen HC an diesem Donnerstagabend (19.05 Uhr/Sky) in der Barclays Arena erwartet – weniger als 25 Prozent der maximalen Auslastung der 13.000 Plätze großen Multifunktionsarena am Volkspark.
Handball: HSVH verzeichnet Einnahmenverlust
„Im Bundesligadurchschnitt ist der Wert vollkommen okay. Für uns ist das in der Barclays Arena aber klar zu wenig und bedeutet einen Einnahmenverlust“, sagt Frecke, der vor der Saison mit durchschnittlich 5000 Besuchern in der Arena kalkuliert hatte. Doch sowohl beim jüngsten Heimauftritt gegen GWD Minden (2748 Zuschauer) als auch beim Auftaktkracher gegen Meisterschaftsanwärter SG Flensburg-Handewitt (4189) blieb der Verein deutlich unter der anvisierten Marke.
Die Mietkosten von rund 60.000 Euro pro Heimspiel in der Arena lassen sich bereits mit weniger als 2500 Fans decken. „Es geht aber nicht nur darum, die Kosten eines Spieltags zu decken, sondern auch die Kalkulation, die wir am Anfang der Saison gemacht haben, zu erfüllen“, erklärt Frecke, der mit einem Saisonetat von rund sechs Millionen Euro plant. Rund die Hälfte des Etats soll dabei über Ticketeinnahmen generiert werden – so die Stand jetzt gescheiterte Rechnung.
Zahlen geben Anlass zur Sorge
Dass Hallensportarten im Sommer traditionell weniger Zuspruch erhalten als in der kalten Jahreszeit, ist keine neue Erkenntnis. Dennoch geben die Zahlen Anlass zur Sorge. Während der HSVH in der vergangenen Saison noch 1739 Dauerkarten absetzen konnte, sind es in dieser Spielzeit nur rund 1650. Anders als in der Vergangenheit generiert der Verein mehr Tagesumsatz über VIP-Tickets als über Dauerkarten.
„Wir sehen seit Jahren, dass der Bereich VIP und Business immer weiter steigt. Wir müssen es schaffen, dass der Bereich der regulären Dauerkarten auch ansteigt“, sagt Frecke. Rund 200 VIP-Karten sind über Sponsorenverträge fest an Unternehmen vergeben. Darüber hinaus verkaufte der Verein gegen Flensburg etwa 100 Tages-VIP-Karten, gegen Minden und den BHC zwischen 20 und 30.
HSVH muss in die Sporthalle Hamburg umziehen
Dass der HSVH zum Heimspiel gegen Bundesligaaufsteiger VfL Gummersbach am 23. Oktober in die zurzeit noch wegen Bauarbeiten gesperrte Sporthalle Hamburg umziehen kann, macht Frecke ebenfalls nicht ausnahmslos glücklich. Zwar hat die zweite Heimspielstätte mit einer Kapazität von 4144 Zuschauern und einer deutlich geringeren Tagesmiete von rund 20.000 Euro die richtige Dimension für die rund 3000 erwarteten Fans, ist ob ihres knapp 60-jährigen Bestehens aber in vielen Bereichen aus der Zeit gefallen und darüber hinaus so gut wie ausvermarktet.
„Die Sporthalle Hamburg bringt auch Dinge mit sich, bei denen wir große Kompromisse eingehen müssen. Deshalb ist es für uns auch nicht absolut perfekt, jetzt dort hinzugehen“, sagt Frecke.
Hohe Ticketpreise schrecken Zuschauer ab
Logen oder Business-Seats für VIP-Gäste existieren dort nicht, stattdessen muss der Verein mit Tischen und einem Büfettbereich direkt hinter dem Tor improvisieren. Auch reguläre Hartplastik-Sitzschalen auf der normalen Haupttribüne tragen nicht gerade zum VIP-Luxusgefühl bei. Gummersbach und die Füchse Berlin (13. November) haben zudem bereits Sponsorenreisen nach Hamburg angekündigt, weshalb der HSVH zusätzliche VIP-Räume im Umlauf der Sporthalle absperren muss. Das alles: nicht schön.
Dass auch die hohen Ticketpreise – gegen den BHC kostet ein Sitzplatz der günstigsten Kategorie 32,50 Euro – zum Fernbleiben vieler Zuschauer beitragen, kann Frecke verstehen. Eine Alternative bleibt ihm allerdings nicht. „Wir müssen immer im Blick haben, die Kosten eines Spieltages bestmöglich decken zu können. Wir haben aktuell leider noch keinen Durchschnitt von 10.000 Leuten, den wir bräuchten, um die Kosten über die Masse decken und dann auch deutlich günstigere Tickets anbieten zu können“, sagt er. In der Sporthalle Hamburg ist ein Sitzplatzticket für 25,50 Euro zu haben.
Spiel gegen Rhein-Neckar Löwen in der Barclays Arena
Bei den Topgegnern Rhein-Neckar Löwen (6. November) und Meister SC Magdeburg (24. bis 27. November, noch nicht angesetzt) hofft der HSVH auf mehr als 5000 Zuschauer, beide Partien werden in der Barclays Arena stattfinden. „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass bei kalten Temperaturen automatisch deutlich mehr Menschen in die Halle strömen. Trotzdem werden uns die Jahreszeit und die attraktiven Gegner helfen“, glaubt Frecke.
Auf Geld hoffen dürfen die Handballer in den kommenden Wochen auch unabhängig von Zuschauerzahlen. Nachdem die Sporthalle Hamburg im vergangenen Jahr wegen eines sanierungsbedürftigen Dachschadens monatelang gesperrt war, der HSVH in die teure Barclays Arena umziehen musste, steht ein Vergleich über 80.000 Euro mit dem Vermieter Bezirksamt Nord nun kurz bevor.
Handball: HSVH verklagt Bundesinnenministerium
Bei der Klage gegen das Bundesinnenministerium, das dem Verein rund 670.000 Euro Corona-Hilfen aus dem Jahr 2020 für potenzielle Einnahmeausfälle (Tickets, Marketing) verweigert, weil der HSVH im Referenzzeitraum noch Zweitligist war, hat der HSVH-Anwalt vom Verwaltungsgericht eine Fristverlängerung bis Anfang Oktober gewährt bekommen, um die Klagebegründung bestmöglich auszuarbeiten.
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Ob die Klage auch Erfolg haben wird, kann Frecke noch nicht einschätzen. „Das normale Rechtsempfinden des Bürgers, dass keine Gleichberechtigung stattfindet, ist aber häufig gar nicht so verkehrt. Da sehen wir einen Ansatzpunkt“, sagt er.