Hamburg. Jugendvorstand und Ex-Profi spricht im Podcast über die anspruchsvolle Nachwuchsarbeit beim HSV Hamburg.

Es gab diesen einen Moment Ende November 2021, als auch Stefan Schröder merkte, dass es zu viel wurde. Die Hinrunde der A-Jugend-Handballbundesliga neigte sich dem Ende entgegen, die U 19 des HSV Hamburg (HSVH) musste teilweise mehrere Bundesligaspiele pro Woche bestreiten. „Wir haben den Jungs ganz schön was aufgebürdet“, sagt Ex-Profi Schröder, der beim HSVH mittlerweile Jugendvorstand ist. Der 40-Jährige spricht dabei nicht allein von den Spielen in der A-Jugendbundesliga, sondern auch von denen der neu gegründeten U-21-Mannschaft in der Hamburg-Liga.

HSVH: „Wir haben den Jungs ganz schön was aufgebürdet“

Denn mit Ausnahme von drei U-21-Akteuren besteht die neue zweite Mannschaft des Vereins ausschließlich aus A-Jugendlichen, die neben der Abiturvorbereitung zwei Handballsaisons parallel bestreiten müssen. „Die Herausforderung ist extrem, wenn nicht schon ein bisschen zu groß“, gibt Schröder zu, als er in der fünften Folge des Abendblatt-Handball-Podcasts „Auszeit HSVH“ im Studio am Großen Burstah zu Gast ist. Doch weil man die zweite Mannschaft natürlich nicht einfach wieder abmelden konnte – das erklärte Ziel ist der direkte Durchmarsch in die Oberliga Hamburg-Schleswig-Holstein –, reduzierte der Verein die Anzahl der Trainingseinheiten. Zehn pro Woche waren dann zeitweise doch etwas zu viel.

„Für den Unterbau der Profi-Bundesligamannschaft ist mindestens ein Oberligateam nötig, wenn nicht sogar eins in der Dritten Liga. Das sollte unser langfristiges Ziel sein“, stellt Schröder klar. Dass der Großteil der A-Jugend dafür zwei Partien an einem Wochenende bestreitet, kalkulierte der Verein vor der Saison bewusst ein. „Die zweite Mannschaft ist ein Zwischenschritt, damit sich die Spieler nach dem Jugendbereich ihre Sporen im Herrenbereich verdienen können“, erklärt Schröder.

„Für die Spieler ist es ohne das Harz ein anderer Sport"

Abgesehen von der körperlichen Herausforderung, zwischen den Spielen kaum Regenerationszeit zu haben, stellt auch das sogenannte „Backe-Verbot“ in der Hamburg-Liga die Handballtalente regelmäßig vor Probleme. Während im Training und der A-Jugendbundesliga mit dem klebrigen Harz gespielt wird, rutschen die Bälle in der fünften Liga deutlich schneller aus den Händen. Viele Amateurclubs aus der Hamburg-Liga können sich die regelmäßige Reinigung der Hallenböden schlichtweg nicht leisten. „Für die Spieler ist es ohne das Harz ein anderer Sport. Am Anfang hatten wir echt unsere Probleme, beim ersten Spiel haben unsere Außen von zwölf Würfen nur einen getroffen“, erzählt der B-Lizenzinhaber.

Der Erfolg gibt dem HSVH bisher recht, die U 19 hat nach dem 33:31-Hinspielerfolg im Achtelfinale der deutschen Meisterschaft beste Chancen auf das Viertelfinale. Das Rückspiel beim Nachwuchs der MT Melsungen steht am Sonntagnachmittag an. Die U 21 befindet sich als Tabellenführer ebenfalls auf Aufstiegskurs. Neben weiteren hauptamtlichen Trainern ist der Aufstieg auch eine Voraussetzung, um künftig wieder mit dem Jugendzertifikat mit Stern ausgezeichnet zu werden. Von der Oberliga an wäre zudem das Harz wieder erlaubt. „Die Jungs lösen das jede Woche sensationell“, freut sich Schröder.

Größte Herausforderung für den HSVH bleibt die Unterbringung der Talente

Wie viele Talente es am Ende in den Profikader schaffen, müsse man abwarten. „Ehrlicherweise muss man sagen, dass es viele nicht schaffen werden. Das eine oder andere Talent bringt jedoch sicherlich das Potenzial mit“, sagt Schröder. U-19-Keeper Finn Luca Gründel ist als Juniorennationalspieler einer der vielversprechendsten Kandidaten.

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Die Hälfte der Nachwuchsspieler besucht die Eliteschule des Sports am Alten Teichweg. Die größte Herausforderung für den HSVH bleibt die Unterbringung der Talente, nur vier wohnen im Internat des Olympiastützpunkts. Eine Zahl, die Schröder nicht zufriedenstellt. „Da Handball hier keine Schwerpunktsportart ist, werden andere Sportler bevorzugt, was ich verstehe. In Berlin gibt es allein für Handball 25 Internatsplätze“, sagt er. In Hamburg kämpfen hingegen Talente aus allen Sportarten um insgesamt 25 Plätze. „Die Bedingungen in Berlin sind einmalig. Andere Zentren wie das der Rhein-Neckar Löwen schlafen auch nicht. Da sind wir noch ein Stück weit von entfernt“, sagt Schröder. Mit dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt befinde man sich bei der Jugendarbeit hingegen „auf Augenhöhe“.

Klassentreffen alter HSV-Handball-Zeiten am Sonntag

Zu einem Klassentreffen alter HSV-Handball-Zeiten kommt es derweil am Sonntag in der Sporthalle Hamburg, wenn Matthias Flohr als Co-Trainer mit der HBW Balingen-Weilstetten an der Elbe gastiert. Mit HSVH-Coach Torsten Jansen bildete Flohr jahrelang das Linksaußen-Duo, auf Auswärtsfahrten teilten sich die beiden Freunde ein Zimmer. „Wir waren schon als Spieler kleine Möchtegerntrainer“, verrät Flohr, der ebenfalls bei „Auszeit HSVH“ zu Gast war, und lacht.

 „Mit Toto und Schrödi bin ich sehr eng befreundet. Ich freue mich immer, alte Weggefährten zu sehen.“ Als direkte Konkurrenz im Abstiegskampf nimmt er den HSVH nicht mehr wahr: „Es zeichnen sich vier Teams unten ab, die den Abstieg unter sich ausmachen. Da gehört der HSVH nicht zu.“