Hamburg. Fulminanter Torvorsprung: HSV Hamburg greift mit 34:28-Heimerfolg gegen Bietigheim in den Aufstiegskampf der Zweiten Liga ein.

Martin Schwalb riss im Publikum die Arme hoch, Tobias Schimmelbauer sprang auf der Tribüne auf und applaudierte, 3117 Zuschauer machten ordentlich Rabatz. Nicht erst in dieser 40. Spielminute gab es in der Sporthalle Hamburg kein Halten mehr. Der Ex-Vizepräsident und jetzige Trainer der Rhein-Neckar Löwen (Schwalb), der an Krebs erkrankte Profi (Schimmelbauer), die Hamburger Handballfans – alle jubelten angesichts des fulminanten Siebentorvorsprungs im Zweitligaheimspiel des HSV Hamburg gegen Aufstiegsfavorit SG BBM Bietigheim.

HSV-Trainer Torsten Jansen war beinahe sprachlos

„Dafür hat sich das Kommen doch gelohnt. Die Jungs haben das überragend gemacht“, kommentierte Schwalb, der sich unmittelbar nach der Bundesliganiederlage mit den Löwen beim THW Kiel (21:27) nach Hamburg aufgemacht hat. Mit 34:28 (16:13) triumphierte der Ligaachte gegen den Dritten. „Das war das beste Saisonspiel von uns“, war sich HSVH-Geschäftsführer Sebastian Frecke hinterher sicher.

Trainer Torsten Jansen war beinahe sprachlos, ihm gingen „die Superlative aus“, sagte er. „Das war nah am Optimum.“ Die Hamburger bleiben im fünften Spiel in Serie ungeschlagen. Noch mehr: Sie beendeten die Neun-Siege-am-Stück-Serie des Bundesligaabsteigers aus Schwaben. „Heute hat bei uns gar nichts funktioniert“, zeigte sich SG-Coach Hannes Jon Jonsson zerknirscht.

Ossenkopp und Forstbauer verletzen sich in Halbzeit eins

Was erstaunlich war, denn: Personell ohnehin nur mit elf Feldspielern angetreten, verletzten sich beim HSVH im Spiel auch noch die letzten verbliebenen erfahrenen Rückraumkräfte. Kapitän Lukas Ossenkopp (27) zwickte es vom ersten Wurf an im Rücken, er schied nach 17 Spielminuten aus, kehrte in den zweiten 30 Minuten allerdings für den Abwehrmittelblock zurück aufs Feld. „Vor dieser Kulisse musste ich einfach zurück auf die Platte“, sagte Ossenkopp, den die Rückenpro­bleme schon seit einer Woche begleiteten. Noch schwerer dürfte es Jan Forstbauer (27) erwischt haben. Der Rückraumrechte knickte in der 16. Minute um. Der Linkshänder blieb dick bandagiert für den Rest des Spiels auf der Bank. Eine eingehende Untersuchung soll heute klären, wie schwer er sich verletzt hat.

„Mal sehen, ob wir überhaupt trainieren“, blickte Trainer Jansen auf die Auswärtsaufgabe bei der HSG Konstanz (Sa, 20 Uhr) voraus. Er wolle abwarten, was mit den Verletzten sei. „Aber auch die anderen brauchen eine Pause. Leif Tissier hat durchgespielt.“ Der 20 Jahre alte Spielmacher war mit sieben Treffern nicht nur bester Werfer, sondern auch der Antreiber. „Ihn will ich loben. Er wird immer besser und lässt seine Nebenleute besser aussehen“, bekannte der Gegner-Trainer
Jon Jonsson.

HSV Hamburg fährt Heimerfolg gegen SG BBM Bietigheim ein

Die SG machte sich in „Alles Gute, Tobi“-T-Shirts warm. Eine starke Geste für den erkrankten Schimmelbauer. Nach gutem Beginn erlebte das Hamburger Spiel nur nach den Verletzungen eine klitzekleine Unterbrechung. Bietigheim um den 2007er-Weltmeister und früheren HSV-Profi Michael Kraus (36) ging beim 8:6 (16.) erstmals mit zwei Toren in Führung. Beim HSVH bildeten nun Tissier, Jan Kleineidam (21) und Dominik Axmann (20) offensiv den Rückraum, defensiv teilweise den Mittelblock. Egal, welcher Bietigheimer auch kam, die HSVH-Youngster, die in dieser Konstellation schon unter Trainer Jansen in der
A-Jugend-Bundesliga für Furore und Tore sorgten, hielten Stand. „Der Trainer vertraut uns. Wir kennen uns so gut, dass es schwer ist, unser Zusammenspiel zu stoppen“, sagte Ossenkopp-Ersatz Kleineidam.

Thies Bergemann legt überragenden Auftritt hin.
Thies Bergemann legt überragenden Auftritt hin. © Witters | Leonie Horky

Bezeichnend: Einen Tempogegenstoß, nur noch den quirligen Tissier vor sich, brach Altmeister Kraus (fünf Tore) ab. Er wäre nicht vorbeigekommen. Stattdessen warf Kraus aus Verlegenheit aufs Tor. Dort parierte Jonas Maier. Der trug noch bis Mitte Februar das SG-Trikot. Nun gewann er das Torwartduell (elf Paraden/32 Prozent) gegen seinen Vorgänger Aron Edvardsson (sechs/20 Prozent) im Bietigheimer Kasten. Der Isländer, der vor dem Spiel offiziell verabschiedet worden war, musste nach 40 Minuten sein Tor räumen. Er blieb enttäuscht zurück, während Maier sich erneut für eine Weiterbeschäftigung über den Sommer hinaus empfahl.

HSV-Handballer erzielen fulminanten Torvorsprung im Heimspiel

Mit einem Sturmlauf unmittelbar nach der Halbzeitpause setzte sich der HSVH auf 20:13 (34.) ab. Die Bietigheimer Abwehr bekam keinen Zugriff, verstrickte sich in Fehler. Hamburg blieb – lautstark angefeuert – cool. „Wenn die Entwicklung der Jungs so weitergeht, ich weiß nicht, wo das enden soll“, sagte Jansen auf der Pressekonferenz. Er bekam die Antwort von den Fans aus dem Plenum: in der Ersten Liga.

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HSV Hamburg: Maier (11 Paraden), Kokoszka - Tissier (7 Tore), Weller (7/5 Siebenmeter), Bergemann (6), Kleieidam (4), Gertges (3/1), Axmann, Forstbauer (je 2), Ossenkopp, Vogt, Fick (je 1).