Hamburg. Am zweiten Weihnachtstag sind die Voraussetzungen für eine Bestmarke in diesem Jahr schwieriger als sonst.

Die Tasche fürs Krankenhaus war seit Tagen gepackt. Schon beim jüngsten Auswärtserfolg am Sonnabend in Krefeld (29:26) war Lukas Ossenkopp statt mit den Kollegen im Mannschaftsbus im Pkw gefahren, um schneller zurück bei seiner Frau Sophia sein zu können, sollte sich die Geburt seiner Tochter vorzeitig ankündigen. „Der errechnete Termin war Heiligabend“, berichtet der Kapitän des Handball Sport Vereins Hamburg (HSVH) über das erwartete Christkind, „das Risiko bei den vergangenen Auswärtsspielen war schon groß“.

Doch die kleine Mila konnte sich gedulden, erblickte am Sonntagabend im Albertinen Krankenhaus in Schnelsen das Licht der Welt. „Ich war mit im Kreißsaal. Mutter und Kind sind wohlauf“, berichtet Ossenkopp tiefenentspannt. Beim Vormittagstraining am Montag warf der 26-Jährige schon wieder seine Tore.

HSVH-Kapitän Lukas Ossenkopp ist Hamburgs Rekordschütze bei den Weihnachtsspielen in der Barclaycard Arena.
HSVH-Kapitän Lukas Ossenkopp ist Hamburgs Rekordschütze bei den Weihnachtsspielen in der Barclaycard Arena. © Witters

Sein Einsatz am zweiten Weihnachtsfeiertag (26.12., 17 Uhr/Sportdeutschland.tv) in der Barclaycard Arena gegen den TuS Ferndorf ist nicht gefährdet. „Natürlich werde ich spielen. Das Weihnachtsspiel lässt man sich nicht entgehen“, sagt Hamburgs Rekordfesttagsschütze. 26 Treffer in drei Spielen – öfter als der Rückraumlinke traf kein anderer der Hamburger Zweitligamänner im Saisonhighlight für Verein, Mannschaft und Fans.

HSVH stellte Rekorde für 2. und 3. Liga auf

Ihr Weihnachtsspiel und den einmaligen Umzug in die große Arena vor rund 9000 Augenpaaren wollen die Handballer, die gewöhnlich in der Sporthalle Hamburg vor rund 3000 Zuschauern werfen, nicht verpassen. 2016 im ersten Jahr der Neuaufstellung des damaligen Drittligisten kamen 8555 Besucher zum Duell gegen DHK Flensborg (37:32). 2017 gegen Fredenbeck (36:24) wurde der Drittliga-Weltrekord auf 9964 Fans gesteigert. Im Vorjahr konnte am 23. Dezember mit 9702 Zuschauern gegen Essen (33:32) eine Zweitligabestmarke gesetzt werden.

„Die Frage, ob ich dabei bin, stellt sich nicht“, sagt Torsten Lucht, langjähriger Fanbeauftragter und Clubmultifunktionär der früheren HSV-Erstligahandballer. Das Weihnachtsfest mit der Familie werde rund um das Spiel geplant. In den vergangenen Jahren reiste der 46-Jährige aus Aschaffenburg an. Nach Jobwechsel und Rückkehr nach Hamburg gibt der im November zum Ehrenratsmitglied des Vereins gewählte Lucht bei Heimspielen wieder regelmäßig den Vorsänger der langgezogenen „Hamburg“-Schlachtrufe. So auch in den Auszeiten beim Weihnachtsspiel im Fanblock im Unterrang hinter dem Tor.

HSVH verzichtet auf Rekordversuch

Von einer „ganz speziellen Atmosphäre“ in der Halle spricht Lucht. Die „Erfüllung eines Kindheitstraums“ nennt Ossenkopp das erstmalige Auflaufen vor großer Publikumsschar vor drei Jahren. Man gewöhne sich jedoch nicht daran. „Man kennt das Gefühl. Und gerade das weckt die Vorfreude“, sagt er.
Von einer „anderen Kategorie“, einem richtigen Highlight für den Verein, viel Arbeit und Vorbereitung berichtet Merle Dierks. „Wenn der Anpfiff ertönt, fällt für mich der größte Stress erst einmal ab.“ Für die 25-Jährige ist es das erste Weihnachtsspiel als verantwortliche Geschäftsstellenmitarbeiterin im Ticketing.

Auf Rekordversuche verzichtet der Verein in diesem Jahr. Das nutze sich mit der Zeit ohnehin ab. 8400 Karten waren bis Montag verkauft, die 10.000-Marke wird es auch im Geschenkeendspurt nicht werden. "300 bis 400 Kurzentschlossene könnten an der Tageskasse dazukommen“, sagt Dierks, die den Vorverkaufsstand per App live verfolgen kann. Die Gruppenbuchungen hätten nachgelassen. Im vergangenen Jahr – Sonntag vor Weihnachten – hatten zahlreiche Vereine aus Hamburg und Umgebung mit ihren Jugendmannschaften in der Arena gefeiert. Am zweiten Weihnachtsfeiertag, wo Familienbesuche anstehen, seien Teamausflüge schwieriger zu organisieren. Im kommenden Jahr bleibt dem HSVH dann die Vor- oder Nachweihnachtszeit: Die Barclaycard Arena ist vom 22. bis 27. Dezember fürs Musical "We Will Rock You“ geblockt.

Für den guten Zweck fliegen Teddybären

2019 heißt das Motto aber noch "Timeout für den Tannenbaum“. Im Rahmenprogramm wird Sängerin Celine Abeling (22), bekannt aus der TV-Castingshow "The Voice“, ein gemeinsames "O Du Fröhliche“ anstimmen und im Vorspiel als Torhüterin der Bremer SG Findorff gegen eine Auswahl der Oberligafrauen von Preußen Reinfeld antreten. In der Halbzeit werden im „Teddy Toss“ Kuscheltiere aufs Spielfeld geworfen. Die Bären können für den guten Zweck in der Halle erworben werden. Erlös und Plüschtiere gehen an das Ronald McDonald Haus im Altonaer Kinderkrankenhaus, wo Familien während längeren Behandlungszeiten unterkommen.

„Ich werde mich früh morgens von der Familienfeier aus Niedersachsen auf den Weg machen, von 10 Uhr an in der Halle sein“, plant Dierks. Lucht ist froh, wenn nach zwei Tagen Weihnachtsvöllerei ohne viel Bewegung das Spiel ansteht: „Da lebe ich 60 Minuten voll mit.“ Und die Ossenkopps? „Wir haben unser Weihnachtsgeschenk schon erhalten, genießen die Zeit zu dritt.“