Hamburg. Zweitligist HSV Hamburg will im Heimspiel am Sonntag (17 Uhr) gegen Hamm die weiße Weste wahren.

Franz Dressel eröffnet bereitwillig das Ballyhoo vor dem Spitzenspiel. Im Großen wie im familiär Kleinen. „Ich habe alle Spiele der Hamburger gesehen. Sie haben ein Topteam, spielen hervorragenden Handball, sind hochmotiviert“, sagt der Geschäftsführer des ASV Hamm-Westfalen vor dem Zweitligaduell am Sonntag (17 Uhr, Sporthalle Hamburg/Sportdeutschland.tv) beim Handball Sport Verein Hamburg. „Für mich ist Hamburg der Favorit“, sagt der 68-Jährige. Für den Familienfrieden müsste er sich jedoch ein Remis wünschen. Tochter Christina (32) umsorgt als Physiotherapeutin Hamburgs Handballer seit neun Jahren.

Für Tobias Schimmelbauer sind die Rollenzuschreibungen des Gegners „bloßes Vorgeplänkel“. Darauf gebe er wenig, dafür sei er zu lange dabei, sagt der 32-Jährige, der zu Saisonbeginn vom Erstligisten TVB Stuttgart an die Elbe gewechselt war. Für den erfahrenen Rechtsaußen ist es „von der aktuellen Form her eine Partie auf Augenhöhe, ein Heimspiel wie jedes andere auch“. Man tue gut daran, sämtliche Nebengeräusche auszublenden. Spitzenspiel hin, Spitzenspiel her. „Es ist September – wir haben drei Spiele gespielt“, mahnt Schimmelbauer.

Drei Spiele, drei Siege stehen für die Hamburger zu Buche. Als einziges Team sind sie verlustpunktfrei. Hamm, Vorjahresvierter, leistete sich in der vergangenen Woche einen vermeidbaren Punktverlust beim Remis in Konstanz (23:23). Beim Aufsteiger gab der ASV in den letzten fünf Minuten einen Viertorevorsprung ohne eigenen Treffer aus der Hand. „Wir haben schon bewiesen, dass wir ein Spitzenteam sind“, sagt Dressel, „etwa im Pokal“, als Hamm Bundesligist Minden (31:21) aus dem Wettbewerb warf. „Wir haben aber in Konstanz dann auch unsere Schwächen offenbart.“ Eine ist die fehlende (Sieg-)Konstanz.

Edvardsson und Schöngarth hüteten krank das Bett

In Hamburg etwa setzte es im vergangenen Jahr eine 22:32-Niederlage. Damals wie heute treffen beide erneut im vierten Saisonspiel aufeinander; 2018 jedoch an einem Montagabend. Der Mannschaftsbus der Hammer steckte im Stau, „als wir ankamen, wurde auch schon angepfiffen. Das passiert uns nicht noch einmal“, erinnert sich Dressel, der für seinen Verein den Slogan „2-5-1“ entwarf. Innerhalb von fünf Jahren sollte es von der Zweiten in die Erste Liga gehen. In dieser Spielzeit läuft die auferlegte Prophezeiung aus. Muss der ASV aufsteigen?

„Nein, das müssen wir nicht“, betont Dressel. Am Ziel halte man fest, müsse möglicherweise den Slogan anpassen. Der ASV gehöre zu den Top-25-Handballvereinen des Landes, habe strukturell vieles erstligatauglich auf den Weg gebracht. „Als wir damals das Ziel ausgegeben hatten, gab es drei Aufstiegsplätze. Jetzt noch zwei.“ Die Leistungsdichte in der Liga ist zudem gestiegen.

Edvardsson und Schöngarth hüteten krank das Bett

Zünglein an der Waage bleibt das zur Verfügung stehende Personal. Hamm fehlten zuletzt die angeschlagenen Rückraumspieler Oliver Milde und Sören Südmeier, „zwei wichtige Stützen“, so Dressel. Beim HSVH hüteten unter der Woche Torwart Aron Edvardsson und Jens Schöngarth (Rückraumrechts) krank das Bett. „Alle Mann standen uns noch nicht zur Verfügung. In Dresden haben wir mit der ersten Sieben durchgespielt, auch weil es lief“, sagt Schimmelbauer, der die in ihn gesetzten Erwartungen nach mehr Führungs- und Abwehrstärke vollumfänglich erfüllt.

Offensiv ist seine Torausbeute (in drei Spielen 0-2-4 Treffer) ausbaufähig, eine Entwicklung aber zu erkennen. Als mit 1,99 Metern Körperlänge größter Außen der Liga lasse er sich „ohnehin nicht in Schubladen stecken“. Schimmelbauer deckt auf der Halbposition, ist dadurch nicht derjenige, der nach Ballgewinn im Gegenstoß sofort zum Sprint ansetzen kann. Zudem fehlten im Positionsspiel im Angriff noch die Zuspiele auf die Außen. „Philipp Bauer und Leif Tissier im Rückraum gehen mehr ins Eins-gegen-eins, spielen den Kreis frei“, sagt Schimmelbauer. Der Erfolg gibt ihnen recht. Bleibt die Frage nach dem Spitzenteam. „Als ich 2015 mit Stuttgart in die Erste Liga aufgestiegen bin, standen wir nie auf Platz eins. Wir sind als Dritte hoch“, berichtet Schimmelbauer. Ein Spitzenteam sei nicht nur einmal Spitze, sondern konstant oben dabei. Das hat Hamm Hamburg noch voraus.