Hamburg. Am Tag vor Heiligabend beschenken sich die Hamburger im Abstiegskampf selbst. 9.702 Zuschauer sehen das emotionale Spiel.

„Hamburg, Hamburg, Haaaaaamburg“ hallt es durch die Barclaycard Arena. Torsten Lucht gibt beim Handball Sport Verein Hamburg 15 Sekunden vor Spielende den Vorsänger. „Hamburg, Hamburg, Haaaaaamburg“ stimmen 9.702 Zuschauer mit ein. Die letzten Sekunden spielen die Hamburger problemlos runter und liegen sich anschließend in den Armen.

Mit einem 33:32 (19:16)-Sieg gegen TuSEM Essen und zwei wichtigen Punkten im Zweitliga-Abstiegskampf beschenkt sich der HSVH einen Tag vor Heiligabend selbst, vergrößert bei 14:22 Punkten als Tabellen-14. den Abstand zu Platz 16 wieder auf drei Zähler. „Heute überwiegt die Erleichterung“, sagte Vereinspräsident Marc Evermann: „Die Mannschaft war perfekt eingestellt, hat in allen Spielphasen sehr gut reagiert und maximalen Einsatz gezeigt.“

„Unsere Jungs haben darauf gebrannt, vor dieser Kulisse zu zeigen, was sie können“, kommentierte Sportchef Martin Schwalb, „auch wenn es zum Schluss noch einmal knapp wurde.“ Für Trainer Torsten Jansen war es ein „emotionales Spiel“, das sich wegen des zwischenzeitlich weggeworfenen Sechs-Tore-Vorsprungs nahtlos „in die bisherige Berg- und Talfahrt der Saison einfügte“, wie das Geburtstagskind meinte. Jansen feierte seinen 42. Ehrentag.

Sportstaatsrat: „Werbung für Handball“

Die Hamburger wollten mit dem Weihnachtsspiel zeigen, „wo der Handball zweieinhalb Jahre nach dem Neustart steht“, wie es Schwalb formulierte. Auf dem Spielfeld geht es nach dem Erfolg wieder aufwärts, außerhalb fuhr der Club beim traditionellen Umzug in Hamburgs größte Arena erneut groß auf: Zahlreiche Handballvereine aus der Stadt und dem Umland bevölkerten die Tribünen im Oberrang, im Umlauf verteilte der Weihnachtsmann Geschenke und vor dem Spiel sangen alle gemeinsam „O Du Fröhliche“.

Dass die 10.000-Zuschauer-Marke am Ende nicht fiel, und knapp 150 Fans weniger kamen als zum Drittligarekordspiel am 26. Dezember 2017, störte niemanden. Die Zuschauerbestmarke für den Besuch eines Zweitligaspiels (8308) übertrafen die Hamburger. „Ein spannenderes Spiel gibt es kaum. Das war Werbung für Handball in Hamburg und macht Lust auf die WM“, sagte Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein. Am 25. Januar finden die Halbfinalduelle der WM in Deutschland und Dänemark (10. bis 27. Januar 2019) in der Barclaycard Arena statt.

Ein Erfolg der Führungsspieler

„Heute haben wir zum ersten Mal in dieser Saison ein Spiel über den Angriff gewonnen“, sagte HSVH-Kapitän Lukas Ossenkopp. Den Rückraumshooter ließ die Kritik der letzten Wochen, als nur ein Sieg aus sieben Spielen gelang, nicht kalt. Gegen Essen ging der 25-Jährige mit neun Treffern als bester Schütze wieder voran.

Überhaupt war es ein Erfolg der zuletzt kriselnden Führungsspieler. Der Rückraumrechte Jan Forstbauer (sechs Tore) fand seine Treffsicherheit wieder, Torhüter Aron Edvardsson ebnete mit Paraden in den entscheidenden Momenten den Weg, Blazenko Lackovic gab den konsequenten Abwehrchef im Mittelblock.

Den besseren Start erwischten zunächst die Essener, die ebenfalls mit vier Niederlagen in Serie nach Hamburg gereist waren. Zehn Minuten lang kam der Ligasechste zu einfachen Toren vom Kreis. Mit der Hereinnahme von Lackovic machte Jansen die Mitte in seiner Abwehr dichter – auch wenn 32 Gegentore am Ende noch zu viel sind. Beim 8:8 (13. Min.) gelang dem HSVH erstmals der Ausgleich, nach 20 Minuten fiel beim 13:12 die erste Führung, die nicht mehr abgegeben werden sollte. Die Fans feierten bei jedem Tor und jeder Parade lautstark. Die Stimmung in der Arena steigerte sich.

Saisonbestwert zur Halbzeit

Tor um Tor setzten sich die Hamburger ab. Ob vom Kreis, von außen oder aus dem Rückraum, die Treffer fielen, das Team war schwer auszurechnen. Allein 19 Tore zur Halbzeit bedeuteten Saisonbestwert, 73 Prozent aller Angriffe waren erfolgreich. „Was wir in der Abwehr auch probierten, nichts fruchtete“, sagte TuSEM-Trainer Jaron Siewert. Als es nach 45 Minuten 26:20 stand, schien das Spiel entschieden. Doch im Mute der Verzweiflung kam Essen noch einmal heran. Und so war es Edvardsson mit einer Parade im Tempogegenstoß zu verdanken, dass es beim 29:27 (53.) nicht schon früher noch enger wurde.

So schlugen die Hamburger ein Team aus der oberen Tabellenhälfte. Erstmals war dies gegen Hamm gelungen. Zu den Westfalen geht’s am zweiten Weihnachtsfeiertag (17 Uhr/Sportdeutschland.tv) zum letzten Spiel des Jahres. „Egal, wie es ausgeht, der Sieg heute gibt uns positive Energie für die Rückrundenvorbereitung im Januar“, blickte Abwehrboss Lackovic voraus, nahm Frau und Tochter in den Arm und traf sich im Umlauf der Arena mit den Zuschauern noch zum Fanfest.

Stimmung? Ausgelassen!

HSVH: Edvardsson (12 Paraden), Kokoszka (nicht eingesetzt) – Ossenkopp (9 Tore/
3 Siebenmeter), Forstbauer (6), Weller, Bergemann (5), Rix, Kleineidam, Tissier, Herbst (2), Wullenweber (nicht eingesetzt).