Hamburg. Einer der dienstältesten Mitarbeiter muss gehen. Pressesprecher Freitag wurde vom vorläufigen Insolvenzverwalter Gideon Böhm vor die Tür gesetzt.
Die Insolvenz der HSV Handball Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG fordert ihr erstes Opfer: Pressesprecher Michael Freitag wurde vom vorläufigen Insolvenzverwalter Gideon Böhm vor die Tür gesetzt. Sein Vertrag, der regulär bis Saisonende gültig war, werde fristlos gekündigt. Er hätte sich zu Jahresende automatisch um ein Jahr verlängert. Freitag, 49, hat noch am Donnerstag seinen Schreibtisch geräumt. Er war seit zehn Jahren für den HSV tätig, erst als Fotograf, seit 2013 zusätzlich als Pressesprecher – auf Wunsch des Vereins auf Honorarbasis und nicht in Festanstellung. Seine Frau Inga leitet das Marketing, Sohn Felix hilft oft als Betreuer des Teams aus.
Michael Freitag gilt als Vertrauter der Spieler und als Bindeglied zwischen Mannschaft und Geschäftsstelle. Sein Verhältnis zu Geschäftsführer Christian Fitzek war allerdings unterkühlt. Sein letztes Gehalt soll Freitag im August bezogen haben. Trotzdem hatte er bis zuletzt voll für den HSV gearbeitet. Dieser Einsatz könnte, zumindest im Dezember, buchstäblich umsonst gewesen sein. Denn Insolvenzgeld wird für höchstens drei Monate bezahlt.
Woher das Geld kommen soll, ist unklar
Beantragt werden kann es, sobald das Verfahren eröffnet ist. Bei den Profis steht noch das Salär für Oktober und November aus. Das bedeutet, dass sie nur für die Zeit bis Jahresende rückwirkend mit einer Entlohnung durch die Bundesanstalt für Arbeit rechnen können – und das auch nur maximal in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 6050 Euro brutto monatlich.
Von Januar an müsste die insolvente Betriebsgesellschaft die Bezahlung der Mannschaft tragen, wie auch Hallenmiete und weitere Kosten. Woher das Geld kommen soll, ist unklar. Andreas Rudolph hatte im Lizenzierungsverfahren mit zwei bis drei Millionen Euro für den HSV gebürgt – aber die Auszahlung an Fitzek dann offenbar verweigert. Nun droht ein monatelanger Rechtsstreit mit dem in Ungnade gefallenen Mäzen und Ex-Präsidenten.
Stationen der Krise beim HSV Handball
Hens und Bitter wollen sich äußern
Böhm hatte sich dennoch nach Gesprächen mit Gläubigern in einer ersten Stellungnahme zuversichtlich gezeigt, dass der HSV den Spielbetrieb bis Saisonende fortsetzen kann. Am Donnerstag traf er Mitarbeiter, Gesellschafter und Vertreter des Vereins HSV Hamburg. An diesem Freitag will Böhm auf einer Pressekonferenz Auskunft geben. Auch Mannschaftskapitän Pascal Hens und Torwart Johannes Bitter werden sich äußern.
Gesichert ist, dass die Spiele am Sonntag gegen Magdeburg (15 Uhr, Barclaycard Arena), am Mittwoch in Lübbecke sowie am 27. Dezember gegen Göppingen stattfinden. Es dürften die letzten Gelegenheiten sein, an denen die überraschend erfolgreiche Mannschaft in der bisherigen Zusammensetzung antritt. Toprückraumspieler Adrian Pfahl will bereits zum 1. Januar nach Göppingen wechseln. Etliche weitere Abgänge dürften bis zum Ablauf der Wechselfrist Mitte Februar folgen. Böhm wird vermutlich keinem teuren Profi, der den HSV verlassen kann, Steine in den Weg legen. Allen anderen könnte er neue, geringer dotierte Verträge anbieten.
Auf das gewohnte Unterhaltungsprogramm sollen die Fans aber nicht verzichten. Maskottchen, DJ und Hallensprecher sollen für Sonntag bereits gebucht worden sein.
Insolvenzrecht hält drei Möglichkeiten für Handballer parat
Nachdem das Amtsgericht die Zahlungsunfähigkeit der HSV Handball Betriebsgesellschaft festgestellt hat, bleiben dem vorläufigen Insolvenzverwalter Gideon Böhm drei Möglichkeiten: Zum Ersten kann er den Bundesligisten komplett liquidieren. Der Spielbetrieb wird eingestellt, die Gläubiger werden ausgezahlt, der HSV verschwindet von der Bildfläche.
Wesentlich wahrscheinlicher ist Lösung zwei: Böhm lässt den Bundesligisten in die Regelinsolvenz gehen, versucht den Spielbetrieb aber zu erhalten. Dabei wird der Club zur Sanierung auf einen neuen Rechtsträger übertragen, der einen Neuaufbau organisiert. Lediglich die Altgesellschaft wird abgewickelt.
Lösung drei sieht ein Insolvenzplanverfahren vor, bei dem der Insolvenzverwalter den Club zusammen mit den alten Gesellschaftern und den Gläubigern saniert. In jedem der drei Fälle muss aber eine Gläubigerversammlung zustimmen.