Hamburg. Jahresschlussverkauf beim HSV Hamburg: Der rechte Rückraum könnte schon bald unbesetzt sein. Was macht Trainer Biegler?

Im Zuge der Finanzmisere hat der Ausverkauf der HSV-Handballer begonnen. Adrian Pfahl, einer der formstärksten Spieler in der Mannschaft von Trainer Michael Biegler, verlässt den Tabellenfünften und soll bereits per 1. Januar zum schwäbischen Bundesligakonkurrenten Frisch Auf Göppingen wechseln.

„Ich bin schon seit mehreren Jahren in Kontakt mit Frisch-Auf-Geschäftsführer Gerd Hofele und wollte mit meiner Familie in die Heimat zurückkehren“, sagte der frühere Nationalspieler. Göppingen sei „als Traditionsverein mit wirtschaftlich solider Führung“ seine Wunschoption gewesen – was sich als Seitenhieb gegen den HSV verstehen lässt.

Pfahls Abgang tut richtig weh

Pfahl, 33, war 2013 vom VfL Gummersbach zum damaligen Champions-League-Sieger nach Hamburg gewechselt und gehörte seitdem zu den Leistungsträgern im Rückraum. Mit 86 Toren aus dem Feld ist der Linkshänder in der Bundesliga aktuell der zweitbeste Schütze hinter dem Hannoveraner Kai Häfner (96). Zuletzt lagen ihm mehrere Angebote aus der Bundesliga vor.

Kommentar: Bleibt Hamburg nur noch der Fußball?

In Göppingen erhält Pfahl einen Vertrag bis 2018. Ob er bereits zum Jahresende wechseln kann, steht noch nicht fest. Da zuletzt zwei Monatsgehälter ausblieben, dürften die Profis allerdings ablösefrei gehen. Insolvenzverwalter Gideon Böhm könnte ebenfalls interessiert daran sein, Topverdiener Pfahl von der Gehaltsliste des HSV zu bekommen.

Wechselt Lindberg nach Berlin?

Weitere Wechsel stehen im Raum. Die Füchse Berlin haben bereits mit Torwart Jens Vortmann verhandelt. Er soll Silvio Heinevetter ersetzen, der sich in einer schweren Formkrise befindet. Auch an Hans Lindberg ist der Europapokalsieger interessiert. Der dänische Toptorjäger hat aber weitere Angebote vorliegen. Dener Jaanimaa soll in Melsungen im Gespräch sein. Ohne ihn und Pfahl wäre der rechte Rückraum des HSV jedoch unbesetzt.

Ob Trainer Michael Biegler im Februar nach Hamburg zurückkehrt, ließ er im Gespräch mit dem Abendblatt offen. Seine Konzentration gelte derzeit allein der polnischen Nationalmannschaft, die er in Plock auf die Heim-EM im Januar vorbereitet. „Aber der HSV liegt mir am Herzen.“

Stationen der Krise beim HSV Handball

2002

Mit dem Bau der neuen Multifunktionsarena im Volkspark übernahmen die Hamburger im Handball die Lizenz des zum damaligen Zeitpunkt finanziell angeschlagenen VfL Bad Schwartau. Ab der Saison 2002/03 startete der Handball Sportverein Hamburg in der Bundesliga.

Dezember 2004

Andreas Rudolph, der das Handball-Urgestein Heinz Jacobsen auf dem Präsidenten-Stuhl der Hamburger ablöst, rettet mit seinem Geld (weit mehr als 30 Millionen Euro) den Verein vor dem Untergang.

11. Mai 2011

Nach der ersten Meisterschaft für den HSV Hamburg stehen personelle Wechsel an: Martin Schwalb wird Präsident, Per Carlén neuer Trainer. Doch das Experiment misslingt: Schwalb kehrt auf die Bank zurück, Matthias Rudolph, der Bruder von Andreas wird Chef.

19. Juni 2013

Ex-Nationalkeeper Frank Rost wird als neuer Geschäftsführer präsentiert. Der vermeintliche Coup mit dem Fußballer im Handball-Club erweist sich schnell als 43-Tage-Irrtum von Hamburg.

16. November 2013

Andreas Rudolph ist wieder Präsident, nachdem sein Bruder Matthias die Brocken hingeworfen hatte.

18. Februar 2014

Andreas Rudolph erklärt den HSV Hamburg zum „Sanierungsfall“.

8. Mai 2014

In einer E-Mail erklärt Andreas Rudolph seinen Rücktritt und kündigt später an, kein privates Geld mehr in den Club stecken zu wollen.

15. Mai 2014

Die HBL verweigert dem HSV Hamburg in erster Instanz die Lizenz. Die Begründung: Ein Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist nicht erbracht.

1. Juli 2014

In der letzten Instanz (vier Minuten vor Ablauf der Frist durch eine erneute Millionen-Bürgschaft von Andreas Rudolph) erhalten die Hamburger doch noch die Lizenz.

3. Juli 2014

Trainer Martin Schwalb, der einen Tag später entlassen werden soll, erleidet einen Herzinfarkt. In einer Notoperation retten die Ärzte das Leben des Coaches.

6. August 2014

Christian Fitzek, ehemaliger sportlicher Leiter, Co- und Cheftrainer kommt als Geschäftsführer vom VfL Bad Schwartau nach Hamburg zurück.

23. Oktober 2014

Der Reiseunternehmer Karl Gladeck, der schon seit Monaten den HSV unterstützt, wird satzungsgemäß vom Aufsichtsrat zum neuen Präsidenten und Nachfolger von Frank Spillner ernannt.

4. Dezember 2014

Das Arbeitsgericht erklärt die mittlerweile ausgesprochene Kündigung von Martin Schwalb für unwirksam. Der Ex-Trainer soll Nachzahlungen in Höhe von fast 300 000 Euro erhalten.

9. Dezember 2015

Spieler und Angestellte des Vereins warten auf ihr Geld. Ein Krisengipfel tags zuvor mit Hauptgeldgeber Andreas Rudolph brachte kein Resultat.

16. Dezember 2015

Die Gerichtspressestelle Hamburg bestätigt einen Insolvenzantrag des HSV Hamburg.

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