Die HSV-Handballer kämpfen weiter um die Lizenz für die kommende Bundesliga-Saison. Der Verein will nun neue überarbeitete Unterlagen zum Nachweis seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorlegen.

Dortmund. Der HSV erhält für die kommende Saison keine Lizenz. Das entschied am Donnerstag die unabhängige Lizenzierungskommission der Handball Bundesliga (HBL). Demnach konnte der finanziell schwer angeschlagene HSV seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht nachweisen.

Der Champions-League-Sieger will Beschwerde einlegen und neue überarbeitete Unterlagen zum Nachweis seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorlegen. „Wir haben zuletzt alles in Bewegung gesetzt, doch für eine endgültige Verbesserung der Unterlagen lief uns nun die Zeit davon“, so HSV-Geschäftsführer Dr. Holger Liekefett und führte weiter fort: „Wir werden Beschwerde einlegen und umgehend innerhalb der von der HBL gesetzten Frist handeln. Wir sind nach wie vor in Gesprächen und geben nicht auf.“ Alle anderen 17 Erstligisten bekamen ihre Lizenz, teilweise unter Auflagen.

„Der HSV ist ein Klub mit unheimlicher Strahlkraft und ein wichtiges Mitglied der Bundesliga. Aber am Ende des Tages sind die Regeln für alle gleich“, sagte HBL-Geschäftsführer Holger Kaiser. Die Liga stehe zwar in ständigem Kontakt zur Klubspitze der Hamburger. „Doch Gespräche helfen nicht, nur belastbare Unterlagen. Der Verein muss nachweisen, dass er den letzten Spieltag der kommenden Saison sportlich und wirtschaftlich erreichen kann“, sagte der für die Lizenzen zuständige Chef-Funktionär. Zurzeit fehle der Liquiditätsnachweis sowohl für das Ende der aktuellen Spielzeit als auch für die kommende Serie.

„Wir versuchen, uns jetzt voll auf das Sportliche zu konzentrieren, und werden die Saison mit aller Kraft, die noch da ist, zu Ende spielen. Alles andere liegt nicht in unserer Hand“, sagte HSV-Trainer Martin Schwalb. Von Hoffnung allein könne man jedoch nicht leben. Der Coach und seine Spieler warten noch immer auf ihre April-Gehälter.

Sollten die Hamburger den Weg durch alle Instanzen gehen, würde eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Klubs spätestens bis zum 15. Juni fallen. Zunächst muss allerdings der schriftliche Einspruch an das HBL-Präsidium erfolgen. Sollte auch das höchste Verbandsgremium die Lizenz verweigern, bliebe dem Meister von 2011 noch der Gang vor das Schiedsgericht.

„Es wäre schade, wenn der Klub aus dem Handball verschwinden sollte“, sagte Präsident Bernhard Bauer vom Deutschen Handballbund (DHB): „Hamburg hat sportlich immer wieder gezeigt, dass man ein Aushängeschild ist, ein wichtiger Standort, ein wichtiger sportlicher Faktor in der Liga. Deshalb hoffe ich ja auch, dass die Wege geebnet werden können, damit Hamburg uns weiterhin als Spielort erhalten bleibt.“

Noch im April hatte HSV-Mäzen Andreas Rudolph Lizenzprobleme vehement bestritten, ehe er am 8. Mai überraschend seinen Rücktritt als Präsident ankündigte. Der 59 Jahre alte Medizin-Unternehmer soll seit rund zehn Jahren etwa 25 Millionen Euro in den Verein gesteckt haben.

Zwar hatte Rudolph gegenüber HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann noch im Februar erklärt, wie in der Vergangenheit für mögliche Defizite aufkommen zu wollen, danach dieses Versprechen aber nicht mit der inzwischen notwendigen Bankgarantie unterfüttert.

Dem HSV fehlen bis zum Saisonende am 30. Juni drei Millionen Euro; akut etwa eine Million, um die Insolvenz der Spielbetriebs-GmbH & Co. KG abzuwenden. An diesem Donnerstag werden rund 480.000 Euro Abgaben an die Berufsgenossenschaft (BG) fällig; Geld, das der HSV derzeit nicht auf seinen Konten hat. Die Gefahr eines Fremdinsolvenzantrags wächst damit, auch wenn die BG in ähnlichen Fällen Geduld bewies. Der Verein jedenfalls arbeitet seit Tagen rund um die Uhr an Lösungen.

Rudolph signalisiert Bereitschaft

Auch Rudolph scheint wieder gewillt, konstruktiv an diesem Prozess teilzunehmen. Dem Abendblatt sagte er lediglich: „Ich weiß nichts, und ich habe nichts zu vermelden.“ Doch soll der Hauptsponsor und Mäzen bereits einen Sanierungsplan unterbreitet haben. Rudolph ist demnach bereit, dem Verein mit frischem Geld zu helfen, wenn im Gegenzug alle Beteiligten ihren Beitrag leisten: Gläubiger Forderungen stunden, Spieler und Trainer Gehaltskürzungen akzeptieren. Die Deckungslücke könnte auf diesem Weg um etwa 1,5 Millionen Euro auf knapp die Hälfte reduziert werden. Weitere Kosten wie BG und Junigehälter würden als Last in die neue Saison fortgeschrieben – und wären damit eine schwere Hypothek für einen Neuanfang ohne Rudolph.

Die Mannschaft, deren Aprilgehälter seit dem 5. Mai ausstehen, dürfte in der Frage von Gehaltskürzungen zumindest gesprächsbereit sein. Auch andere prominente Vereine wie Flensburg oder die Rhein-Neckar Löwen haben in der jüngeren Vergangenheit finanzielle Engpässe auf diese Weise überwunden. „Wir sind zu vielem bereit, weil wir alle diesen Verein lieben“, sagte Trainer Martin Schwalb.

Interimspräsident Frank Spillner bleibt optimistisch, die Probleme händeln zu können. Ohne Rudolphs Hilfe betrügen die Überlebenschancen allerdings lediglich 20 Prozent.

Erste Vorschläge eines alternativen Etats zur nächsten Saison ohne Rudolphs Zuschüsse und Sponsoringleistungen liegen vor. Er soll rund fünf Millionen Euro betragen, kaum mehr als die Hälfte des Budgets der Saison 2012/13. Einen entsprechenden, korrigierten Entwurf wollte der HSV der Liga kurzfristig vorlegen, um noch die Wende in der Lizenzfrage zu schaffen.