Hamburg hat die große Chance auf den ersten Meistertitel wohl vertan. Vor der Rekordkulisse von 13.296 Zuschauern war Kiel zu routiniert.

Hamburg/Gummersbach. Überschäumender Jubel beim THW Kiel, grenzenloser Frust beim HSV Hamburg: Nach der Vorentscheidung im Titelrennen der Handball-Bundesliga hätten die Stimmungslagen bei den norddeutschen Rivalen nicht unterschiedlicher sein können. Während die Spieler des Rekordmeisters noch in der Arena des Gegners ein erstes Meister-Tänzchen aufs Parkett legten, zogen sich die HSV-Akteure mit hängenden Köpfen in die Kabine zurück, um nach ihrer wohl bittersten Niederlage erst einmal allein zu sein.

Ähnlich groß wie beim THW war auch der Jubel beim VfL Gummersbach, der nach dem 34:25 (18:12)-Sieg gegen den spanischen Vertreter Fraikin Granollers schon vor dem Rückspiel am Donnerstag eine Hand am Europapokal der Pokalsieger hat. Auch der TBV Lemgo hat sich mit dem 24:18 (12:8) in eigener Halle gegen die Kadetten Schaffhausen eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel erarbeitet.

HSV-Kapitän Guillaume Gille war lange nach dem Schlusspfiff einer der ersten, der für seine Enttäuschung über die 31:33 (14:15)-Pleite gegen den THW Worte fand."Der Frust ist riesig. Wir haben eine große Chance vergeben", sagte der Franzose. Und auch Nationalspieler Pascal Hens wirkte eine Stunde nach Spielende immer noch zutiefst niedergeschlagen: "Wir wissen, dass wir viel besser spielen können, als wir es hier gezeigt haben. Das macht die Enttäuschung so groß."

Wieder einmal hatten den Hanseaten in einem entscheidenden Spiel die Nerven versagt. Bei dem zum "Finale" um die Meisterschaft avancierten Gipfeltreffen des 31. Spieltages hatten die Gastgeber vor 13.296 Zuschauern über weite Strecken gehemmt gewirkt und so die Chance auf den möglichen ersten Meistertitel vergeben. "Wir haben zuviel Respekt gezeigt. Es tut wahnsinnig weh, das Spiel auf diese Weise zu verlieren", sagte Hens.

KIEL GEWINNT MIT 33:31 (15:14) BEIM HSV

An eine Chance auf den Titel wollten die Hamburger trotz des knappen Rückstands von einem Punkt auf den Tabellenführer aus Kiel zwei Spieltage vor Ende nicht mehr glauben. "Wir haben mit diesem Spiel wohl auch die Meisterschaft verloren. Ich glaube nicht, dass sich der THW noch einen Ausrutscher erlaubt", sagte HSV-Torwart Johannes Bitter. Die Kieler müssen noch gegen Balingen-Weilstetten (2. Juni) und beim TV Großwallstadt (5. Juni) antreten. Der HSV empfängt Hannover-Burgdorf (28. Mai) und reist am letzten Spieltag nach Balingen (5. Juni).

Die vorweggenommenen Glückwünsche des HSV zur 16. Titelgewinn wiesen die Kieler freilich zurück. "Wir haben einen ganz wichtigen Sieg geholt. Aber wir müssen auf dem Teppich bleiben. Noch haben wir die Schale nicht gewonnen", meinte Rückraum-Ass Filip Jicha, der mit acht Treffern bester THW-Werfer war.

+++ Die Stimmen zum Spiel +++

Gummersbachs Trainer Sead Hasenefendic forderte nach der Top-Leistung seiner Mannschaft volle Konzentration auf das Rückspiel am Donnerstag (21.00 Uhr), um auf dem Weg zum zweiten Europacup-Triumph innerhalb eines Jahres nicht noch ein blaues Wunder zu erleben.

"Neun Tore sind ein gutes Polster, aber im Handball ist nichts unmöglich. Wir müssen auch in Spanien mit allen Mitteln gewinnen wollen", sagte Hasenefendic, der dennoch ein "Riesenlob" an seine Mannschaft verteilte. Stark waren vor allem zwei: Torwart Goran Stojanovic, der drei Siebenmeter und 18 weitere Würfe der Spanier entschärfte, und Kreisläufer Jörg Lützelberger, der mit acht Treffern bester Werfer der Bergischen war.

Lemgo, zweifacher deutscher Meister, steht nach Siegen im Europacup der Pokalsieger 1996 und im EHF-Pokal 2006 vor einem weiteren Höhepunkt seiner Vereinsgeschichte. Der TBV lieferte gegen die Schweizer vor 4781 Zuschauern in der heimischen Lipperlandhalle eine tolle Abwehrleistung ab und hatte in Matin Galia im Tor einen souveränen Rückhalt. Michael Kraus sorgte mit acht Toren dafür, dass das Team von Trainer Volker Mudrow dem Rückspiel zuversichtlich entgegen sehen kann.