Hamburg. Basketball fern der Heimat zu spielen, ist für viele Profis hart. Der Neu-Hamburger hat sich den veränderten Lebensumständen angepasst.
Der erste Schlag traf Keondre Kennedy kurz nach der Landung. Er lief beim Verlassen des Turiner Flughafens erstmal gegen eine Wand aus Hitze. Der zweite kam beim Akklimatisieren in der Stadt. „Es konnte kaum jemand Englisch, alles war neu, einfach anders als in den USA. Die ersten beiden Tage waren richtig hart“, sagt Kennedy, der den dritten Schlag auf dem Basketballfeld kassierte. „Die Profis dort lassen dich wissen, dass das jetzt ein Job ist und kein Spaß mehr. Ich spielte plötzlich gegen vierfache Familienväter, die Geld für ihre Kinder verdienen müssen.“
Die ersten 23 Jahre seines Lebens hat Kennedy ausschließlich in den USA verbracht, zumeist nahe seiner Heimatstadt Atlanta. Dann einen Ozean davon entfernt als Leistungssportler auf sich allein gestellt zu sein, war ein Kulturschock, wie ihn viele seiner Landsleute erleiden. Nicht jeder schafft das, so mancher Basketballer begräbt den Traum von der Laufbahn schnell wieder.
Basketball: Wie Keondre Kennedy von den Veolia Towers Hamburg den Kulturschock verkraftete
Kennedy spricht ein Jahr nach den Erfahrungen aus Italien sehr entspannt darüber. Er fand sich dann doch schneller zurecht als befürchtet, auch bei den Veolia Towers Hamburg, mit denen er an diesem Donnerstag (16.30 Uhr) bei den Rostock Seawolves testet, hat er sich seit seinem Wechsel im Sommer gut eingelebt.
„Für mich war es der Schlüssel, einen engen Draht zu meiner Familie beizubehalten“, sagt der 24-Jährige. Es ist zum Ritual geworden, dass er sich nach Möglichkeit gegen 14 Uhr europäischer Zeit meldet, wenn die Eltern um 8 Uhr das Haus zur Arbeit verlassen.
Viele US-Amerikaner leben in einer Zeitzone mitten im Atlantik
Zudem hat sich der Flügelspieler direkt auf seine neue Zeitzone eingestellt, einen gesunden Schlafrhythmus etabliert. Auch das setzt nicht jeder Nordamerikaner um, nicht wenige Profis leben in einer Art Zeitzone irgendwo im Atlantik, um halb mit ihren Bekannten in den USA in Kontakt zu bleiben, halb in Europa zu sein. Für die physische wie vor allem die mentale Gesundheit suboptimal.
Kennedy dagegen wirkt topfit. In der bisherigen Vorbereitung auf die Bundesliga hat er sich zum dynamischen Punktesammler von der Bank aufgeschwungen. Er bezeichnet sich als Schweizer Taschenmesser. „Ich gebe dem Team, was immer es von mir braucht“, sagt der 1,97-Meter-Mann, der am ersten Tag des Jahrtausends geboren wurde.
Hamburg Towers sehen einen Rohdiamanten in Kennedy
Die Towers sehen in ihm einen „Rohdiamanten“, so Sportchef Marvin Willoughby, holten ihn deswegen aus der zweiten italienischen Liga. Nun muss Kennedy in der Bundesliga sowie im EuroCup ran, ein großer Sprung. Er weiß, dass der nächste Schlag im zweithöchsten europäischen Vereinswettbewerb bevorsteht. „Man kann das Spiel am College überhaupt nicht mit dem in Europa vergleichen. Hier sind alle so viel erfahrener und taktisch geschulter“, sagt der gläubige Christ.
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Wenn sich Kennedy seine Reise vor Augen führt, schließt er diese. „Als mein Berater mir davon erzählt hat, dass ich in Hamburg und international spielen kann, habe ich direkt zugesagt“, meint er und schüttelt den Kopf vor lauter Unglaube. Er habe gelernt, anpassungsfähig zu sein. Eine Erfahrung, die im Basketball wie im Leben helfe. Dass in Hamburg fast überall Englisch gesprochen werde, sei allerdings schon ganz nett, sagt Kennedy. „Die Leute hier sind mehr von meinem Schlag.“