Hamburg. Im Topspiel gegen Tabellenführer BG Göttingen gelingt Hamburgs Basketballern der bisher höchste Bundesligasieg.

Es war wie ein Ausflug in verloren geglaubte Zeiten: eine fast volle Edel-optics.de-Arena, Stimmung von der ersten bis zur letzten Minute, Sprechchöre, lautstarke Anfeuerungen. 2758 Zuschauende, Rekordbesuch in dieser noch jungen Saison, beklatschen am Ende im Stehen den 83:46 (23:19, 19:11, 24:4, 17:12)-Erfolg über den bisherigen, jedoch erschreckend schwachen Tabellenführer BG Göttingen.

Mit ihrem bisher höchsten Sieg in der Basketball-Bundesliga, zugleich der fünfte in Folge, erklommen die Hamburg Towers vor dem Abendspiel des FC Bayern München vorübergehend die Tabellenspitze. Noch nie hatten sie in drei Jahren Erstklassigkeit so wenige Punkte des Gegners zugelassen. US-Point-Guard Jaylon Brown war mit 22 Zählern und einer Quote von 58,3 Prozent der beste Werfer auf dem Feld.

Towers-Trainer schimpft trotz höchsten Saisonsiegs

Pedro Calles, der Cheftrainer der Towers, von Berufs wegen höchst selten zufrieden, fand allerdings auch diesmal Makel an der Vorstellung seines Teams. „Acht Ballverluste im letzten Viertel sind inakzeptabel“, klagte der Spanier, „wir dürfen uns nicht in unser Spiel verlieben. Wir müssen über 40 Minuten hochkonzentriert bleiben. Das ist uns in dieser Saison noch nicht gelungen.“ Lob gab es aber auch von ihm. „In der Defense haben wir uns verbessert und erfreuliche Fortschritte gemacht. Das war der Schlüssel zu diesem Sieg.“

Hatte Calles noch am vergangenen Dienstagabend nach der 91:97-Niederlage im EuroCup gegen Andorra moniert, es sei nur „ein Austausch von Körben“ gewesen, kein strukturiertes Basketballspiel eben, konnte er gegen Göttingen seine Philosophie wieder erkennen. Die Towers, allen voran Kapitän Max DiLeo, verteidigten mit bekannter Leidenschaft und Intensität, doppelten so oft wie möglich den Ballführenden, stellten die Passwege zu. Die ersten drei Viertel (30 Minuten) gerieten zu den bisher besten der Hamburger in dieser Spielzeit – was die Abwehrarbeit betraf.

Offensiv offenbaren die Towers Schwächen

Ihre Zwölfpunkteführung zur Halbzeit (42:30), nach 20 Minuten also, hätte noch höher ausfallen können, drei Schrittfehler brachten die Towers aber um den Lohn der vorangegangenen Balleroberung. Und auch aus der Distanz blieb ihre Trefferquote in dieser Phase mit 17,7 Prozent weit unter der ohnehin eher durchschnittlichen Saisonmarke von 33,3; am Schluss lag sie nach neun von 32 erfolgreichen Würfen bei 28,1 Prozent.

Dabei zeigte Shooting Guard Caleb Homesley (2 aus 8/insgesamt 10 Punkte) zwischenzeitlich, dass er sogar aus gut acht Metern einnetzen kann. Es sollte indes lange Zeit sein einziger geglückter Versuch aus der Entfernung sein – bis er im sechsten Anlauf in der 30. Minute seinen Treffer zum 66:34 mit seinen Kollegen bejubeln durfte. Da war das Spiel bereits entschieden.

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Die Qualitäten, die die Göttinger in dieser Saison bislang ausgezeichnet hatten, die meisten Rebounds, die mit 42,5 Prozent beste Dreierquote der Liga, demonstrierten sie nur in den ersten drei Minuten. Kamer Baldwin, Akeem Vargas und Mathis Mönninghoff trafen zu Beginn von abseits des Dreierhalbkreises, die Niedersachsen führten sofort 6:0, später 11:6.

Towers-Trainer Calles platzt die Anzughose

Es war der Zeitpunkt, als Calles an der Seitenlinie seine Anzughose platzte, die Towers zu ihrem Spiel fanden und die Göttinger von Minute zu Minute abbauten. „Wenn nur eine Mannschaft auf dem Feld ist, kann auch nur eine gewinnen“, fasste Göttingens belgischer Coach Rouel Moors die folgenden 35 Minuten zusammen – nicht ohne Bitterkeit. Die finalen Zahlen des Leistungsabfalls seines Teams: 21,7 Prozent Dreierquote, 26,9 Prozent Treffer aus dem Feld, 36:48 Rebounds.

Hamburg-Towers-Trainer Pedro Calles ließ gegen Göttingen seinen Emotionen freien Lauf.
Hamburg-Towers-Trainer Pedro Calles ließ gegen Göttingen seinen Emotionen freien Lauf. © WITTERS | Leonie Horky

Der deutliche Vorsprung ermutigte Towers-Trainer Calles, Back-ups wie Center Eddy Edigin (16:45 Minuten/7 Punkte) und Osaro Jürgen Rich Igbineweka (4:05/5) längere Einsatzzeiten zu gewähren. Beide überzeugten, der gebürtige Lübecker Jürgen Rich wurde dabei vom Publikum mit „Jürgen, Jürgen“-Rufen besonders gefeiert.

Dienstag geht es in Litauen weiter

Towers-Sportchef Marvin Willough­by versuchte hinterher seine extrem gute Laune in in mahnenden Worten zu verstecken: „Wir stellen nicht alles infrage, wenn wir zweimal verlieren, und es ist auch nicht alles gut, wenn wir fünfmal in Folge gewinnen. Wir sind auf dem Weg, wir arbeiten hart, wir stecken mitten in einem Prozess.“

Am Dienstag setzten die Towers ihre Reise durch Europa fort. Im vierten Spiel des EuroCups treten die bisher sieglosen Hamburger am Mittwoch (18 Uhr, MagetaSport live) bei Lietkabelis Panevėžys (2:1 Siege) in Litauen an.