Hamburg. Ballverluste, überhastete Aktionen und verpatzte Freiwürfe führen immer wieder zur Pleite. Willoughby schließt Neuzugänge nicht aus.

Erfolgreiche Dreipunktewürfe, und die auch schon mal von der Mittellinie, Dunkings, Alley-oops, Jump Shots, Tricks, Täuschungen, Show und Slapstick, fast jeder Wurf ein Treffer – an diesem Dienstagabend (19 Uhr) wird in der Wilhelmsburger edel-optics.de Arena Sport aus der Feinkostabteilung zum Genießen geboten: Bühne frei für The Harlem Globetrotters, für das spektakulärste Basketball-Ensemble der Welt aus den USA.

Der Unterhaltungswert der Veolia Towers Hamburg, die sonst regelmäßig in dieser Halle auftreten, hielt sich in den vergangenen Wochen zumindest für deren Anhänger in Grenzen. In Bundesliga und EuroCup setzte es fünf Niederlagen in Folge, die jüngste Vorstellung bei den Crailsheim Merlins nannte Sportchef Marvin Willoughby (44) „phasenweise erschreckend“. Dass am Ende mit 84:92 nicht die vierte dreistellige Pleite nacheinander auf der Anzeigetafel stand, hielt die zuletzt immer wieder betonte Hoffnung auf baldige Besserung am Leben. Anhaltspunkte gibt es dafür allerdings kaum. Nach gutem Saisonstart läuft in der Mannschaft nicht mehr viel zusammen.

Towers Hamburg – "Mannschaft spielt unter ihren Möglichkeiten"

Am Sonntagnachmittag, dem Tag nach dem Spiel, bestand deshalb Redebedarf, „aber nicht mehr als sonst“, betonte Willoughby. „Mit den Trainern analysieren wir jede Begegnung ausführlich, egal ob wir mit 30 Punkten gewonnen oder verloren haben.“ Von einer Krise will der Sportchef „angesichts der Qualität der Gegner, gegen die wir verloren haben“, nichts wissen, „auch wenn wir nicht glücklich sind, wie sich das Team derzeit präsentiert, es sich nicht in der Form entwickelt hat, wie wir uns das alle vorgestellt haben“.

Die Probleme möchte Willoughby nicht an einzelnen Spielern festmachen. Klar sei, „dass die Mannschaft unter ihren Möglichkeiten spielt, ihr Leistungslimit nicht erreicht hat“. Es fehle zudem jemand, „der uns hilft, im Spiel aus schwierigen Situationen herauszukommen, einer, der sinnbildlich die Blutungen stoppt.“

Willoughby schließt Neuverpflichtungen nicht aus

In der vergangenen Saison gab es diese Führungskräfte noch: Forward Caleb Home­sley und Center Maik Kotsar im Zusammenspiel mit Justus Hollatz, die in kritischer Lage Lösungen kreierten, dem Team ein Gesicht und den Kollegen Orientierung gaben. Alle drei haben den Verein im Sommer für weit höher dotierte Verträge im europäischen Ausland verlassen. Gleichwertig ersetzt werden konnten sie bisher nicht. Spielmacher Kendale McCullum (26) von Bundesliga-Absteiger Gießen 46ers, dem diese Rolle zugedacht war, stürzte wie das gesamte Kollektiv nach anfänglich starken Auftritten ab. Talent Žiga Samar (21) wiederum konterkariert seine erkennbare Hochbegabung noch zu oft mit hohen Fehlerquoten bei Würfen und (riskanten) Pässen.

Neuverpflichtungen, die sich auch der bei allen unumstrittene Cheftrainer Raoul Korner (48) wünscht, schließt Willoughby zwar nicht aus, sagt aber: „Ich sage nichts dazu, ob oder wann wir uns verändern werden. Wir beobachten wie immer den Markt, jedoch nicht intensiver als sonst. Wir sind weiter überzeugt von unserem Kader.“

Towers schließen Aktionen überhastet ab

Sinnvolle Verstärkungen scheinen derzeit auch nicht in Sicht. Das könnte sich Mitte Dezember nach Abschluss der Gruppenphase in der europäischen Champions League, dem dritthöchsten Vereinswettbewerb, möglicherweise ändern; falls Clubs, die dann ausgeschieden sind, aus Kostengründen ihren Kader verkleinern sollten. Vorerst gelte es aber, wie Willoughby sagt, „gemeinsam aus dieser misslichen Lage herauszukommen, besser und konstanter Basketball zu spielen.“ Bei einer kritischen Analyse stehe dabei immer alles auf dem Prüfstand.

Das könnte zur Frage nach dem richtigen System führen. Die Towers spielen in der Bundesliga den anspruchsvollsten, schnellsten Basketball, kommen durchschnittlich zu 78 Angriffen im Spiel, haben Statistiker notiert. Bei Tabellenführer Bayern München, der bisher nur bei den Hamburgern verlor, zählten sie 70. Ihrem hohen Tempo zollen die Towers offenbar Tribut, schließen ihre Aktionen zum Teil überhastet, unkonzentriert ab, vergeben beste Wurfmöglichkeiten wie Korbleger, verlieren öfter als die meisten anderen Teams den Ball, 15,1-mal pro Begegnung.

Towers Hamburg: Freiwürfe weiterhin ein Problem

Der Wert relativiert sich etwas wegen der hohen Zahl an Angriffen. In dieser Kategorie sind nur die Löwen Braunschweig (17,1) schlechter, ein Team, das um den Klassenerhalt kämpft. Jeder Ballverlust eröffnet dem Gegner eine zusätzliche Angriffschance. Ein weiteres zentrales (Verbesserungs-)Problem bleiben die Freiwürfe. Auch in dieser Statistik sind die Towers mit einer Erfolgsquote von 66,5 Prozent Vorletzter vor Braunschweig (64,9), vergeben pro Spiel acht Punkte von der Linie. Das kann nicht der Anspruch einer Mannschaft sein, die in die Play-offs will.

Das Erstaunliche: Noch liegen die Ergebnisse der Towers im Rahmen der eigenen Erwartungen, und selbst eine sechste Pleite am Mittwoch (20.30 Uhr/MagentaSport) im EuroCup in Paris änderte an der Einschätzung wohl nichts. Dennoch ist sich Trainer Korner der sich abzeichnenden Gefahren bewusst: „Wir müssen sehr schnell unsere Probleme in den Griff bekommen. Das ist meine Verantwortung, und der werde ich mich stellen.“