Hamburg. Der Chef von Veolia Deutschland Matthias Harms und Towers-Geschäftsführer Jan Fischer über Geld, Zeile und Perspektive.

Wer in der Veolia-Zentrale an der Hammerbrookstraße 69 im siebten Stock das Büro von Matthias Harms betritt, ahnt sofort, welches Hobby der CEO und Vorsitzende der Geschäftsführung pflegt. Auf der Fensterbank liegen mehr als zehn Basketbälle verschiedener Clubs aus der Bundes- und der nordamerikanischen Profiliga NBA. In der nächsten Woche soll ein weiteres Requisit dazukommen – das neue Trikot der Veolia Towers Hamburg.

Der weltweit tätige Umweltdienstleister mit den Geschäftsschwerpunkten Entsorgung, Energie und Wasser hat in diesem Sommer für rund eine Million Euro pro Jahr die Namensrechte des Hamburger Basketball-Bundesligaclubs gekauft. Die Vereinbarung gilt wegen Veolia-interner Vorgaben zunächst bis 2025, ist aber langfristig konzipiert. Hauptsitz Veolias ist Paris. Der Umsatz in Deutschland belief sich 2021 auf rund zwei Milliarden Euro.

Das Abendblatt sprach mit Harms (55) und Towers-Geschäftsführer Jan Fischer (41) über eine für den Hamburger Profisport außergewöhnliche Partnerschaft.

Hamburger Abendblatt: Herr Harms, Sie haben selbst Basketball gespielt, verfolgen seit Jahren die Basketball-Bundesliga (BBL). Gab diese Leidenschaft für Veolias Sponsoring der Towers den Ausschlag?

Matthias Harms: Ich bekenne mich als Basketball- und Towers-Fan, bei einem Unternehmen unserer Größe werden jedoch keine Entscheidungen par ordre du mufti getroffen. Unser Sponsoring-Ausschuss musste zustimmen, unsere Firmenzentrale in Paris hatte ich vorab informiert. Alle Beteiligten sind der Meinung, dass uns diese Partnerschaft in dem strategischen Bemühen unterstützt, um in Deutschland die Marke Veolia bekannter zu machen.

Wir hatten bereits vor einigen Jahren eine repräsentative Umfrage in Auftrag gegeben, bei der herauskam, dass unser Berliner Mitbewerber Alba selbst in jenen Städten oder Regionen bekannter ist, in denen wir seit Jahren vertreten sind, Alba dort aber selbst nicht tätig ist. Die zweite Erkenntnis: Bei den Fußballern von Dynamo Dresden engagieren wir uns seit 2004. In dieser Region übersteigt unser Bekanntheitsgrad alle anderen Standorte. Sportsponsoring lohnt sich und bietet eine hochattraktive Plattform.

Jan Fischer: Bei Alba (Berlin) hat sich der Effekt sogar umgedreht. Alba wird von vielen eher als deutscher Basketball-Meister wahrgenommen und weniger mit einem Umweltdienstleister in Verbindung gebracht.

In der Basketball-Bundesliga ist der Trend indes derzeit gegenläufig. Bonn und Würzburg haben gerade ihre Namensgeber verloren. Schreckt Sie das nicht ab?

Harms: Im Gegenteil, das fanden wir eher charmant. Hinzu kommt: Bis auf Vechta, Oldenburg und Bonn ist Veolia an allen Standorten der Basketball-Bundesliga mit verschiedenen Tochterunternehmen in den Bereichen Abfallentsorgung, Energieversorgung, Trinkwasseraufbereitung sowie Abwasserbehandlung vertreten. Die BBL passt deshalb perfekt zu uns.

Weshalb passt Veolia auch gut zu den Towers, Herr Fischer?

Fischer: Veolia ist bei uns seit 2019 als Premiumpartner aktiv. Wir hatten somit genug Möglichkeiten, uns kennen- und schätzen zu lernen. In dieser Zeit hat sich beidseitiges großes Vertrauen aufgebaut.

Vertrauen ist gut ...

Fischer: Natürlich haben wir unsere Werte und Leitbilder abgeglichen, dabei viele Gemeinsamkeiten entdeckt, besonders was zukunftsweisende Themen wie Recycling, Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität betrifft. Ein erstes gemeinsames Projekt war es, einen Wertstoffkreislauf für unsere Heimspiele zu schaffen. Veolia hat uns dafür Trinkbecher aus 100 Prozent recyceltem PET, einem thermoplastischen Kunststoff aus der Familie der Polyester, zur Verfügung gestellt. Bei unseren Heimspielen fällt jedes Mal auch viel Müll an. Gerade bei solchen Themen wollen wir uns künftig mit einem Umweltdienstleister an der Seite weiterentwickeln.

Hätten Sie auch andere Unternehmen als Namenssponsor akzeptiert, wenn der Preis gestimmt hätte?

Fischer: Es gab Anfragen in diese Richtung, mit den meisten haben wir uns gar nicht erst beschäftigt. Um ein solches Gut wie das Namensrecht abzugeben, müssen schon sehr viele Kriterien erfüllt sein.

Herr Harms, zu welchem Ergebnis sind Sie bei Ihrer Analyse der Towers gelangt?

Harms: Der Unternehmenszweck Veolias besteht darin, mit konsequentem Einsatz für die UN-Nachhaltigkeitsziele einen Beitrag zum menschlichen Fortschritt zu leisten, so eine bessere und nachhaltigere Zukunft für uns alle zu gestalten. Das deckt sich mit der Philosophie des Vereins. Die Veolia Towers sind bekanntlich „More than Basketball“. Sie leisten in Wilhelmsburg anerkannte Stadtteilarbeit, fördern Jugendliche in ihrer sportlichen und schulischen Ausbildung.

Das waren neben den jüngsten sportlichen Erfolgen gute Gründe, um diese Kooperation einzugehen. Für Veolia ist es zudem Verpflichtung und Selbstverständnis, auch zum Gemeinwesen in den Regionen beizutragen, in denen wesentliche Geschäftstätigkeiten ausgeübt werden. Mit dem Programm ProEhrenamt fördert die Veolia Stiftung zum Beispiel das ehrenamtliche Engagement unserer Mitarbeitenden.

Veolia tritt bei den Towers weiter nur als Sponsor auf. Mit dem Geld hätten Sie sich auch als Gesellschafter einkaufen können. Gab es Überlegungen in diese Richtung?

Fischer: Nein.

Harms: Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, um nicht den Eindruck einer wenn auch freundlichen Übernahme des Vereins durch Veolia zu erwecken.

Ihnen kann es doch nicht gleichgültig sein, was mit Ihrem Geld geschieht.

Harms: Gemeinsamer Plan ist es, in die sportliche Entwicklung der Veolia Towers zu investieren, die Fortschritte der vergangenen Jahre zu stabilisieren und die nächsten Schritte vorzubereiten. Wie das zu schaffen ist, dafür liegt die Expertise im Verein. Wir hätten diese gar nicht, hielten es auch für fatal, uns hier einzumischen.

Fischer: Die Towers existieren erst seit 2013. Das darf niemand vergessen. Wir arbeiten weiter an unseren Strukturen und wollen künftig auch Gremien schaffen, um mehr Mitsprache zu ermöglichen.

Welchen Wert haben die Towers?

Fischer: Wir bereiten für Gespräche mit unseren Partnern regelmäßig unsere Mediendaten auf, können dazu auch Fakten über die Wahrnehmung der Veolia Towers in Hamburg und Umgebung liefern. Dafür, dass wir erst neun Jahre auf dem Markt sind, haben wir eine vergleichsweise hohe Bekanntheit erreicht.

Harms: Als wir unsere Partnerschaft mit den Towers verkündeten, hatten wir am ersten Wochenende 62 Millionen Medienkontakte mit 65 Erscheinungen in 39 Medien. Das übertraf alle unsere Erwartungen. Diese Reichweite mit klassischer Werbung zu erzielen hätte uns geschätzte 1,5 Millionen Euro gekostet.

Da böte es sich doch an, dass Sie auch die Namensrechte der Wilhelmsburger edel-optics.de Arena übernehmen. Der bisherige Vertrag läuft am Jahresende aus.

Harms: Wir verstehen unsere Zusammenarbeit als dynamische Partnerschaft. Sollten sich Themen ergeben, die bisher nicht vertraglich geregelt sind, wären wir stets zu zielführenden Gesprächen bereit. An den Namensrechten dieser Halle sind wir allerdings nicht interessiert.

Würden Sie helfen, einen neuen Spieler zu finanzieren, der andernfalls das Budget der Towers überstiege?

Harms: Wie gesagt, wir hören uns alles erst einmal an.

Zuletzt kam Kritik auf, die Towers seien in der Stadt nicht präsent genug.

Fischer: Wir mussten zwei Jahre lang die Herausforderungen von Corona meistern, da mag einiges liegen geblieben sein. Aktuell läuft eine Kommunikationskampagne mit Plakaten in S-Bahnen sowie auf Bahnhöfen zur Bekanntmachung des Namenssponsorings. Wir verfolgen darüber hinaus weitere Ideen.

Harms: Wir sehen in diesem Bereich seitens des Vereins keine großen Versäumnisse. Das heißt nicht, dass Verbesserungen unmöglich sind. Aber wir möchten uns dafür auch gemeinsam Zeit nehmen. Die Partnerschaft mit den Towers verstehen wir als Marathonlauf, denn nachhaltige Lösungen erfordern immer eine ganzheitliche Sichtweise, um zukunftsfähige Perspektiven zu entwickeln.