Hamburg. Den Basketball-Trainer zieht es offenbar in seine spanische Heimat. Sein Nachfolger könnte ein früherer Bergedorfer sein.
Zum Ende einer Saison beginnen gewöhnlich die Spekulationen. In der folgenden dürfte allerdings mehr Wahrheit stecken, als den Hamburg Towers lieb sein wird. Cheftrainer Pedro Calles will den Wilhelmsburger Basketball-Bundesligaclub offenbar verlassen, sondiert nach zehn Jahren in Deutschland den Markt in seinem Heimatland Spanien, heißt aus Kreisen von Spieler- und Trainerberatern. Die dortige Topliga ACB gilt als stärkste Europas und wäre für den ehrgeizigen 38-Jährigen der nächste Schritt in seiner Karriere.
Calles’ Zweijahresvertrag bei den Towers endet am 30. Juni, die Gespräche über eine Verlängerung stocken. Eine Entscheidung über den Abgang des Erfolgscoaches ist bisher nicht gefallen. Calles hatte zuletzt wiederholt betont, dass seine Arbeit hier noch nicht erledigt wäre. Im Abendblatt-Interview sagte er Ende Februar, dass er nicht nach Hamburg gekommen sei, um nach zwei Jahren wieder zu gehen.
Pedro Calles’ Möglichkeiten bei den Hamburg Towers sind begrenzt
Der Spanier ist vor allem an einer sportlichen Perspektive interessiert. Zweimal hat er mit den Towers, was keine Selbstverständlichkeit war, die Play-offs der Bundesliga erreicht, in dieser Saison zudem im EuroCup. Die nächste Herausforderung wäre es für ihn, eine Mannschaft zusammenzustellen, die mittelfristig um Titel mitspielen kann. Dazu müssten die Hamburger ihren Saisonetat von rund fünf Millionen Euro deutlich erhöhen.
Steigt aber, wie befürchtet, das Hamburger Eisenbahnlogistik-Unternehmen VTG als Hauptsponsor zum Saisonende aus, fehlten den Towers rund eine halbe Million Euro, selbst wenn VTG in einer anderen Kategorie dem Club, wie erwartet, treu bliebe. In wirtschaftlich schwierigen und ungewissen Zeiten scheint gleichwertiger Ersatz kaum zu beschaffen sein. Das Dilemma der Towers: Wollen sie den nicht ganz billigen Trainer halten, fehlte das Geld, um die Mannschaft zu verstärken. Und mit Spielmacher Justus Hollatz (21) steht eine weitere Säule des aktuellen Erfolges ebenfalls vor dem Absprung.
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Dass die Towers sich in dieser Situation nach einem Calles-Nachfolger umschauen, ist nur eins: professionell. Eine Spur soll zum Israeli Oded Kattash (47) führen, der zuletzt Panathinaikos Athen trainierte. Der ehemalige israelische Nationaltrainer steht bei der Agentur „You First“ unter Vertrag, deren Klienten unter anderem Calles sowie mehrere Towers-Akteure sind. „Ich kann aber dementieren, dass wir uns mit ihm oder irgendeinem Trainer intensiver befassen“, sagte Sportchef Marvin Willoughby am Montag auf Abendblatt-Anfrage.
Nachfolger könnte ein Ex-Bergedorfer sein
Im Gespräch sind zudem der Österreicher Raoul Korner (48), der den Ligakonkurrenten Bayreuth nach sechs Jahren verlässt, und sein Landsmann Martin Schiller (40), beide werden ebenfalls von „You First“ vertreten. Schiller würde ins Anforderungsprofil der Towers passen. Der Sohn eines Österreichers und einer Britin wuchs vom zehnten Lebensjahr an in Aumühle bei Hamburg auf, spielte Basketball in der A-Jugend der TSG Bergedorf. Dort hatte er auch von 2005 bis 2007 seine erste Trainerstation.
Bergedorfs Vorsitzender Boris Schmidt lobt im Rückblick Schillers „soziale Kompetenz“. Nach drei Jahren in Salt Lake City (2017–2020) in der NBA-G-League trainierte er den litauischen EuroLeague-Club Zalgiris Kaunas, der sich im Oktober 2021 überraschend von ihm trennte. Eine Rückkehr nach Hamburg hatte Schiller zuletzt nicht ausgeschlossen.