Hamburg. Towers-Trainer Mike Taylor will seinen Spielmacher Heiko Schaffartzik entlasten – und sieht einen Klassenunterschied zu Bamberg.

Wenn Mike Taylor über den neunmaligen deutschen Basketballmeister Bamberg spricht und ihn mit seinem Team vergleicht, hält er seine rechte Hand ganz weit oben, die linke nähert sich ihr dann langsam von unten, bleibt aber etwa auf der Hälfte der Distanz stehen.

Deutet man die Geste des Cheftrainers der Hamburg Towers, dürfte beim Bundesligaduell an diesem Sonnabend (20.30 Uhr, magentasport.de) in der ausverkauften Wilhelmsburger edel-optics.de Arena ein Klassenunterschied zwischen den Kontrahenten bestehen.

Taylor will diesen gar nicht verhehlen: „Bamberg hat eines der besten Teams der Bundesliga. Sie haben auch für diese Saison wieder eine sehr gute Auswahl zusammengestellt, die zudem von dem Belgier Roel Moors stark gecoacht wird.“

Taylor sieht Towers auf Bamberg vorbereitet

Die Bamberger sind für den Aufsteiger aus Hamburg, was die Tiefe des Kaders, die Qualität einzelner Spieler, was Erfahrung und Cleverness angeht, noch kein Gradmesser, doch der Erfolg in Gießen (79:75) und die unglückliche Niederlage nach Verlängerung am vergangenen Sonnabend in Frankfurt (78:83) haben Taylor gezeigt, dass seine Basketballer in der Bundesliga angekommen und wettbewerbsfähig sind.

„Aus den vorigen zwei Spielen können wir sehr viel Selbstvertrauen ziehen“, sagt der 47-Jährige. „Wir wissen jetzt, was uns erwartet, sind darauf körperlich und mental vorbereitet.“ Was darüber hinaus auf ein enges Match gegen Bamberg hoffen lässt, ist: „Wir haben endlich mal über einen längeren Zeitraum gemeinsam trainiert. Vor allem in der Verteidigung haben wir weitere Steps nach vorn gemacht.“

Hamburg Towers befinden sich in "Prozess"

Überhaupt sieht der US-Amerikaner sein Team auf dem richtigen Weg, die jüngsten Fortschritte seien „ermutigend“ gewesen. „Wir befinden uns in einem mühsamen Prozess, wir versuchen jeden Tag, ein Stück besser zu werden. Und das gelingt uns auch“, sagt Taylor. In seinem Kader gäbe es jetzt keinen Spieler mehr, der sein Potenzial ausgeschöpft habe, die Mannschaft entwickele sich genau in die gewünschte Richtung.

Eine Verstärkung auf der Position des Spielmachers soll es nach der kürzlichen Trennung von Kahlil Dukes (24) dennoch geben. Die ersten zwei Kandidaten sagten den Towers jedoch ab, und die Diskussion im Verein bleibt, soll es ein Point Guard werden, der kurz- oder langfristig helfen kann. „Das ist natürlich immer auch eine Frage des Geldes“, sagt Taylor. Im Etat der Towers, derzeit rund 4,8 Millionen Euro, sollten aber noch Reserven für die nötige Aufrüstung des Kaders zu finden sein. Hilfreich wäre zudem, Dukes würde einen neuen Verein finden und die Gehaltsliste bereinigen. Der US-Amerikaner soll etwa 10.000 Euro im Monat verdienen. Sein Vertrag läuft noch bis Ende April 2020.

Taylor will Schaffartzik mehr Pausen gönnen

Die Last der Spielgestaltung liegt deshalb derzeit in den Händen Heiko Schaffartziks. In Frankfurt ließ Taylor den 35 Jahre alten ehemaligen Nationalspieler 37 von 45 Minuten (40 + 5 Minuten Verlängerung), länger als jeden anderen, die Bälle verteilen und auf den Korb zielen, was zu 16 Punkten führte, aber auch zu acht von neun verworfenen Würfen aus der Dreipunktedistanz (6,75 Meter).

„Wir müssen Heiko frischer machen, er ist enorm wichtig für uns“, sagt Taylor, „er braucht mehr Pausen, maximal 30 Minuten sind genug. Da müssen wir hinkommen.“ Fehlwürfe seien aber niemandem persönlich anzulasten, „es ist die Aufgabe des gesamten Teams, gute Schusspositionen zu kreieren“.

Talent Hollatz soll Schaffartzik entlasten

Für Entlastung auf der Position des Spielmachers muss vorerst Justus Hollatz sorgen, die Towers-Entdeckung der Aufstiegssaison. Die Rolle traut der Trainer dem 18-Jährigen zu. „Er macht bereits einen tollen Job, spielt wirklich gut. Für sein Alter ist er schon erstaunlich reif und abgeklärt. Wir werden an ihm noch viel Freude haben und seine Einsatzzeiten langsam steigern.“

Auf der Tribüne sitzen gegen Bamberg allerdings zwei Scouts der nordamerikanischen Profiliga NBA. Sie wollen ein Auge auf den gebürtigen Hamburger Louis Olinde werfen, der 2016 von den Towers nach Bamberg wechselte, sich 2020 um einen Platz in einem der 30 NBA-Teams bewerben will. Hollatz könnten die Talentspäher nach diesem Spiel aber auch auf dem Zettel haben. Der Abiturient will jedoch erst mal seinen gerade geschlossenen Dreijahresvertrag bei den Towers erfüllen. Dann ist der Abiturient 21 und so alt wie Olinde jetzt.