Wiederholungstäter? Jein. Das Beißen hat Tradition in Brasilien. Das zeigt schon ein James-Bond-Klassiker. Ein Tipper wettete sogar, dass Luis Suárez wieder zubeißen würde.
Hamburg. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der WM in Brasilien hat Uruguays Fußball-Nationalmannschaft nun den richtigen Biss. Das hat Stürmerstar Luis Suárez bewiesen, der seine Zähne in die Schulter von Italiens Giorgio Chiellini rammte. Aber die Uruguayer mussten sich schließlich ins Achtelfinale durchbeißen, was zahnlosen Tigern wie Pirlo, Balotelli und Co. nicht gelang.
Ja, es ist verwerflich, was Suárez tat. Doch man hätte es ahnen können. Er war bereits zweimal durch bissige Aktionen aufgefallen: Als Spieler von Ajax Amsterdam knabberte er Gegenspieler Otman Bakkal die Schulterpartie an (sieben Spiele Sperre). Und in einem Ligaspiel gegen den FC Chelsea zahnte der Liverpooler Suárez gegen Branislav Ivanovic (zehn Spiele Pause). Die langen Sperren, die gegen ihn ausgesprochen wurden, konnten seinen Überbiss nicht zähmen. Außerdem beleidigte Suárez Patrice Evra von Manchester United rassistisch (acht Spiele nachdenken).
Jetzt hat die Fifa ein Disziplinarverfahren gegen Suárez eröffnet. Ihm droht sogar das WM-Aus. Mit mildernden Umständen kann er rechnen. Schließlich war Suárez vor der WM so stark am Knie verletzt, dass er sich erst wieder ans Team heranbeißen musste. Und ZDF-Experte Oliver Kahn (als Torwart-Titan mehrfach durch bissige Motivation aufgefallen) entschuldigte Suárez mit dessen unübersehbar auffälligem Kauwerkzeug: „Mit dem Gebiss bietet sich das auch an.“
Schon Mike Tyson hatte eine gute Entschuldigung, warum er Evander Holyfield in ihrem zweiten Kampf ein Stück vom Ohrläppchen abbiss: „Er hat mit dem Kopf gestoßen, ich hatte Schmerzen.“ Das Kopfstoßen ist verboten im Boxen, Fußball und Kindergarten. Nicht überall wird es gleich geahndet.
Das Beißen hat in Brasilien übrigens Tradition. Schon der James-Bond-Klassiker „Moonraker“ spielte am Zuckerhut und zeigte den „Beißer“ (Richard Kiel), der James Bond (Roger Moore) in einer Seilbahn über Rio arg zusetzte. Das hat Beißers Schlag, pardon: Biss bei Frauen nicht geschmälert. So eine Knabberei zur rechten Zeit kann aphrodisierend wirken. Am Ende hatte nicht nur James Bond, sondern auch der Beißer eine attraktive Frau abbekommen.
So sagte auch Uruguays Trainer Oscar Tabarez zu Suárez‘ Biss: „Es geht um die WM, nicht um die Moral.“ Beides zusammen funktioniert halt nicht, da kennt sich die Fifa aus. Und was ist so ein Biss im Vergleich zu Dutzenden Fehlentscheidungen der Schiedsrichter bei korrekten und nicht korrekten Toren?
Im Internet kursierten Fotomontagen, die Suárez als Hannibal Lecter zeigen, als Dracula. Ein Hobby-Humorist schrieb: „Suárez hat mehr Leute gebissen, als Wayne Rooney WM-Tore geschossen hat.“ Da ist was dran. In Abwandlung eines Allgemeinplatzes (“Wenn du sie nicht schlagen kannst, schließ‘ dich ihnen an“) dichtete jemand: „If you can't beat them – just eat them!“
Großer Profiteur der Beißattacke war der Schwede Mats Johansson. Er hatte bei Betsafe darauf gewettet, dass Suárez bei der WM jemanden beißen würde. Er gewann das 175-Fache seines Einsatzes, rund 700 Euro und postete das gleich bei Twitter.